Für den Philosophie-Historiker Emmanuel Faye steht das gesamte Denken Hannah Arendts im dunklen Nazi-Schatten Martin Heideggers. Eine groteske Fehllektüre. Ist das noch Schlamperei oder schon blanke Infamie?
Sachbuch: „Gysi gegen Guttenberg“
:Betreutes Schwafeln
Treffen sich zwei Heißluftballons und machen ein Buch draus: Karl-Theodor zu Guttenberg und Gregor Gysi im sogenannten Gespräch.
Streitschrift von Caroline Bosbach
:Abrechnung mit „Bullerbü“
Die CDU-Politikerin Caroline Bosbach fordert einen „Politikwechsel“ für Deutschland nach drei Jahren „links-grüner“ Ampelregierung. Interessant ist aber auch, was und wer in dem Büchlein nicht vorkommt.
„Lagermedizin“ in Auschwitz
:Das Ende aller Ethik
Bogdan Musial hat erforscht, wie jüdische Häftlingsärzte die Gratwanderung zwischen Zwang zur Selektion und Helfenwollen durchlitten. Diese „Beteiligung“ am verbrecherischen Treiben deutscher Mediziner war jahrzehntelang ein Tabu.
Autobiografien
:Oder man lässt es halt bleiben
Churchill und die Obamas haben bewiesen: Autobiografien können große Literatur sein. Aber Erinnerungen wie die Angela Merkels zeigen, dass das Genre in einer Krise steckt.
Sachbuch „Was gut ist und was böse“ von Kai Sina
:Auch Schimpfen und Fluchen, wenn es sein muss
Thomas Mann hielt die Autonomie der Kunst hoch – auch als Aktivist, Medientechniker und Zionist. Kai Sinas Buch gibt faszinierende Einblicke in diese Seite des Schriftstellers.
Zweifelhafte deutsche China-Wissenschaft
:Besten Dank von Xi Jinping
Ein deutscher China-Forscher hat gerade eine hohe Auszeichnung der Volksrepublik angenommen. Lässt sich das Fach für die Ziele des autoritären Regimes in Peking einspannen? Ein neues Buch wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet.
Benjamin von Stuckrad-Barre und Martin Suter
:Er so, dann er so, dann wieder er
Blumen, Piercings, Rasenmäherroboter: Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre sprechen über Banalitäten - und machen wieder ein Buch draus. Das könnte ewig so weitergehen. Aber muss man dabei sein?
Wolfgang Hardtwigs Erinnerungen „In der Geschichte“
:Wie viele Zeitschichten in ein einziges Leben passen
Die Erinnerungen des Historikers Wolfgang Hardtwig sind ein Schlüsseltext: Der Ost-West-Konflikt innerhalb der Geschichtswissenschaft ist immer noch nicht beendet.
Lob der Verfassung
:Vademecum der wehrhaften Demokratie
Mit seiner 1932 verfassten Streitschrift „Apologie des liberalen Staatsdenkens“ wollte Karl Loewenstein die Weimarer Verfassung verteidigen. Die Argumente des Staatsrechtlers treffen präzise auch heutige Herausforderungen.
Ziviler Widerstand
:„Endlich ein Mann. Frisch, klar, aktiv“
Wer war Carl Goerdeler, der ehemalige Oberbürgermeister von Leipzig, der als „Kopf des zivilen Widerstands“ gegen Hitler gilt? Peter Theiners Biografie über einen einsamen Politiker mit hochfliegenden Plänen.
Literatur, Musik und Film
:Geschenke für den Kopf
Noch Ideen für Weihnachtspräsente gefällig?Bei den persönlichen Empfehlungen der SZ-Redaktion ist sicher was dabei.
Graphic Novel über 1933 und die Folgen
:Für Schwarz, Rot und Gold
Niels Schröder erzählt vom Ende des „Reichsbanners“, das sich gegen die Feinde der Weimarer Republik stemmte. Und vom hohen Preis, den drei tapfere Demokraten in der NS-Zeit dafür zahlen mussten.
Russlands Agenten
:Putins grüne Männchen
Russlands militärischer Geheimdienst GRU spielt seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle für den Kreml, trotz diverser Fehlschläge. Matthias Uhls grandiose Studie ist für das Verständnis des heutigen Russlands unerlässlich.
Spanische Monarchie
:Held der Selbstdemontage
Vom Architekten der spanischen Demokratie zum Schürzenjäger und zur Karikatur des alten weißen Mannes. Walther L. Bernecker zeichnet das schillernde Leben von Juan Carlos I. recht nüchtern nach.
Gladiatorenspiele in der Antike
:„Statt völliger Enthemmung könnte es eher wie in der Oper gewesen sein.“
Welchen Sinn hatten die brutalen Gladiatorenspiele in der Antike? Die Geschichtsprofessorin Mary Beard über die Faszination von Grenzüberschreitungen und autokratische Machterhaltung.
Geheimdienstmann Christopher Steele
:„Trump ist ein rachsüchtiger Mann“
Christopher Steele wurde 2017 unfreiwillig mit dem Dossier berühmt, das Donald Trumps Verstrickung mit Russland erforschte. Wie blickt der britische Ex-Agent nun auf dessen Wiederwahl?
Europa im Zweiten Weltkrieg
:Das Nazi-Gift der Entmenschlichung
Bis zu 230 Millionen Menschen mussten zwischen 1939 und 1945 unter deutscher Besatzung leben. Tatjana Tönsmeyer erzählt das konsequent aus der Perspektive der Betroffenen – und lässt dabei leider nationale Unterschiede außer Acht.
Langzeitreportage zur „Zeitenwende“
:Weite Reise bis zur Kriegstüchtigkeit
Was mit dem Versprechen einer „Zeitenwende“ begann, ist zwei Jahre später zu einem Drama im Stil von Pleiten, Pech und Pannen mutiert, meint Christian Schweppe. Wirklich Neues liefert er aber nur aus dem Innenleben der Bundeswehr.
Stadtpolitik in Baden-Württemberg
:Umzingelt von der Wirklichkeit
Wie geht richtige Kommunalpolitik? Zwei Oberbürgermeister aus Baden-Württemberg berichten aus dem Maschinenraum der Rathäuser: Peter Kurz aus Mannheim und Uli Burchardt aus Konstanz. Ihr Credo: nicht klagen, machen.
Bücher aus Israel zum 7. Oktober 2023
:Kaleidoskop aus Leid und Trauer
Ein Jahr nach dem Schock vom 7. Oktober: Der Holocaust-Forscher Saul Friedländer sowie die Journalisten Amir Tibon und Lee Yaron versuchen, das Unbegreifliche der Hamas-Attacke in Worte zu fassen.
Bob Woodwards neues Präsidentenbuch
:Respekt für Biden, Angst vor Trump
In „Krieg“ beschreibt der Star-Reporter die Versuche des scheidenden US-Präsidenten, die Eskalation der Konflikte in der Ukraine und Nahost zu verhindern. Und er warnt ausdrücklich vor der Rückkehr des Lügners Trump ins Weiße Haus.
Wie arbeitet der Deutsche Bundestag?
:Erbsenzähler der Demokratie
Der Bundestag feiert sein 75-jähriges Bestehen. Zeit für eine lobende Bestandsaufnahme der Parlamentsarbeit? Michael F. Feldkamps freudlose Chronik hält sich lieber an Geschäftsordnungen und Abstimmungsverfahren.
Buch zur US-Wahl über „Die Unvereinigten Staaten“
:Die Welt der Stammeskrieger
Mäßigung und Kompromiss lauteten einst die Grundideen der US-Verfassung. Doch nun dominieren Wut, Pöbelei und Verhärtung. Stephan Bierling erklärt, wie es zur Deformation der Demokratie kam und was ihn trotz allem optimistisch stimmt.
Jens Bisky: „Die Entscheidung“
:Geschichtspanorama mit Wumms
Waren das Ende der Weimarer Republik und Hitlers Machtergreifung wirklich unvermeidbar? Jens Bisky nähert sich in seinem fulminant erzählten Buch „Die Entscheidung – Deutschland 1929 bis 1934“ der Mutter aller deutschen Fragen an.
Bücher aus Bamberg
:Der Verlag mit dem Wal
Kein Amazon, keine E-Books, kein Druck in Fernost: Vor zehn Jahren hat Ralf Rebscher den Magellan Verlag aus der Taufe gehoben – mit scheinbar traumtänzerischen Prinzipien. Was daraus wurde? Eine Erfolgsgeschichte.
Anne Applebaum
:„Wir müssen lernen, uns zu wehren“
Die amerikanische Historikerin Anne Applebaum bekommt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: ein Gespräch über die neue Zusammenarbeit autokratischer Mächte, die Naivität der liberalen Demokratien – und ein paar überfällige politische Maßnahmen.
100 Karten über Rechtsextremismus
:Quietschbunt gegen AfD-Blau
Das Investigativmedium „Correctiv“ legt nach der Potsdam-Enthüllung 100 Karten und Grafiken über Rechtsextremismus vor. Sie helfen, das dunkle Deutschland hell auszuleuchten.
Bestsellerautor über das Ruhrgebiet
:„Es gab hier immer gewisse Freiheiten“
Trauer verschwindet nicht: Daniel Schreiber ist neuer Residenz-Autor im Programm Metropolenschreiber Ruhr. Wie nähert sich der Bestsellerautor dieser Aufgabe?
MeinungLiteratur
:Buchverlage müssen unverwechselbar sein
Das Geschäft der Branche ist härter geworden, auch für Traditionsverlage wie Suhrkamp. Umso wichtiger werden neben kaufmännischem Geschick Standhaftigkeit und literarisches Gespür.
Rechtsextremismus in den 1980er-Jahren
:Motor der Enttabuisierung
Die Republikaner unter Franz Schönhuber haben schon vieles vorgemacht, was heute die AfD erzählt. Moritz Fischers Studie ist von beklemmender Aktualität.
Stefan Hertmans: „Auf der Suche nach der Gegenwart“
:Was machen wir hier?
Wenn man die Gegenwart überblicken will, darf man sich vor Verallgemeinerung nicht fürchten. Der belgische Essayist Stefan Hertmans schafft es kurz und schmerzvoll.
Buchmesse-Gastland Italien
:Zwei wie Pech und Schwefel
Italien war beim Rechtsruck den meisten Ländern voraus. Silvio Berlusconi bereitete Giorgia Meloni den Weg. Michael Braun erklärt, wie es dazu kam, welche Mythen Meloni umranken und was von ihrer Politik noch zu befürchten ist.
Jens Foell: „Fakten sind auch nur Meinungen“
:Wissen und Glauben
Der Neuropsychologe Jens Foell erklärt, wie schwer echte Fakten zu bekommen sind – und was hilft, wenn man nicht über sie verfügt.
Computersicherheit
:Wir verteidigen uns unendlich schlecht
Scott J. Shapiros „Von Hackern lernen“ ist eine amüsante Geschichte der Cyberkriminalität, die tiefe Einblicke in das Betriebssystem der Digitalisierung gewährt.
Anti-Ratgeber
:Suchen Sie Streit mit den Nachbarn
Der Schweizer Bestsellerautor Rolf Dobelli will uns mit seiner„Not-To-Do-Liste“ in Versuchung führen. Und dann von dem Bösen erlösen.
Zwei Sachbücher über Hoffnung
:Kein Mensch entgeht dem Wahn
Die Aussichten sind schlecht, aber uns bleibt immer noch die Ideengeschichte: Jonas Grethlein und Philipp Blom erkunden in ihren Büchern die Vergangenheit und Zukunft der Hoffnung.
Sachbuch: „Demokratie ohne Gesetze“ von C. L. Skach
:Ein bisschen Staat muss sein
Die Juristin C. L. Skach plädiert für eine Gesellschaft mit möglichst wenig Regeln, die Bürger sollen aushandeln, wie sie zusammenleben möchten. Die Idee ist nicht neu – aber immer noch gefährlich.
Zeitenwende
:Der chaotische Kalte Krieg
Liberalismus nur noch zu Hause, nach außen Selbstbehauptung: Der Historiker und CDU-Stratege Andreas Rödder zeichnet eine ernüchternde neue politisch-ideologische Weltkarte.
Wissenschaftssachbuch „Smart Thinking“
:Befreiung aus der Bubble
Wem kann man noch trauen? In ihrem grandiosen Buch „Smart Thinking“ untersuchen ein Physiker, ein Philosoph und ein Psychologe, wie wir Vorurteilen und Fehlschlüssen entkommen können.
Neues Buch der Kapitalismuskritikerin Naomi Klein
:In Schattenzonen
Die weltberühmte Kapitalismuskritikerin Naomi Klein liefert in „Doppelgänger“ eine fulminante Analyse so gut wie aller großen Konflikte unserer Zeit. Ihr Blick auf Israel ist allerdings irritierend. Eine Lektüre – und ein Telefonat.
„Vogue“-Kolumnistin Reisinger
:Die Ehrenrettung der Tussi
Jovana Reisinger feiert in ihrem Essay „Pleasure“ den Glamour, das Rumliegen, die Völlerei und den Kitsch. Und weckt damit eine nicht unbedingt gesunde Lust am Voyeurismus.
Neue Sachbücher zum Zusammenhalt
:Das Gegenteil von gut gemeint ist gut vereint
Einige der wichtigsten neuen Sachbücher haben ein paar aufregende Antworten auf die Frage, was es wirklich heißen sollte, zusammenzuleben.
Friedenspreisträgerin Anne Applebaums neues Buch
:Siegeszug der Schurkenstaaten
Die Segnungen der Demokratie werden sich durchsetzen, dachte man früher. Heute ist das Gegenteil der Fall: Eine „Achse der Autokraten“ macht sich daran, den freien Westen zu zerstören. Wer die Dramatik der Lage verstehen will, muss Anne Applebaum lesen.
„Explosive Moderne“ von Eva Illouz
:Nein, wir kommen nicht klar
Die Soziologin Eva Illouz zerlegt in einer beeindruckenden Großanalyse den emotionalen Sprengsatz des Liberalismus. Und zeigt, wie kollektiv verwundet wir sind.
Zeitdiagnose
:Auf der Rückseite des Fortschritts
Der Berliner Soziologe und gefeierte Zeitdiagnostiker Andreas Reckwitz glaubt, der Westen müsse endlich lernen, mit Verlusterfahrungen klarzukommen.
Gewalt in Parlamenten
:Raufen statt reden
Chronologie der Stuhlwürfe, Rauchbomben, fliegenden Fäuste. Warum es in Parlamenten immer wieder handgreiflich wird, hat Benjamin Fredrich aufgelistet. Und warum das nicht nur verwerflich ist.
Biografie über Esther Bejarano
:Eine aus Deutschland
Sie überlebte Auschwitz, kam zurück ins Land der Täter und wurde zur Ikone der Erinnerung an den Holocaust. Benet Lehmann hat eine einfühlsame Biografie über Esther Bejarano und deren Kampf gegen Rechtsextremismus verfasst. Sie zeigt, was gerade alles auf dem Spiel steht.
Linkes Plädoyer „Worte statt Waffen“
:Der Friedenspfad, der an Russlands Grenze endet
Der Linkenpolitiker Jan van Aken weiß viel über internationale Konflikte. Aber über den Imperator im Kreml weiß er zu wenig, als dass seine Skizzen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine realistisch sein könnten.
Buch über „Putins Gift“
:Die Waffen der Kreml-Mafia
Wladimir Putin fürchtet nichts mehr als die Freiheit der Menschen. Darum setzt sein Regime auf Desinformation im Westen und schürt Angst bei Russlands Nachbarn, erklären Gesine Dornblüth und Thomas Franke.