Sachbuch „Wir stehen in der Mitte der Unendlichkeit“
:In ihren Augen wirken wir entwurzelt, hektisch und labil
Der Westen erscheint ihnen wie ein „riesiges unreifes Baby“: Nachfahren von Ureinwohnern Nordamerikas offenbaren in Gesprächen mit den Ethnologen Dahr Jamail und Stan Rushworth eine völlig andere Welterfahrung. Das ist so eindrucksvoll wie augenöffnend.
Literatur und Film
:Betrugsvorwürfe gegen Autorin
Raynor Winn wurde mit einem Buch über ihre Obdachlosigkeit reich und berühmt, Gillian Anderson spielt sie in der aktuellen Verfilmung von „Der Salzpfad“. Jetzt zeigen Recherchen: Winns angeblich wahre Geschichte könnte teilweise erfunden sein.
Biografie über Hitlers Fotografen
:Der Propagandist des „Führers“
Ohne Heinrich Hoffmann hätte das Hitler-Bild in der Öffentlichkeit der NS-Zeit wohl anders ausgesehen. Der Historiker Sebastian Peters hat die Biografie eines Mannes geschrieben, der an den Fotos Millionen verdiente und keinerlei Unrechtsbewusstsein besaß.
Analyse der NS-Zeit
:Hitler erklären auf 128 Seiten? Ja, geht!
Es muss nicht immer eine dicke Biografie sein, um Adolf Hitlers Person und Politik der Vernichtung zu verstehen. Es reicht, zu Sybille Steinbachers präziser Einführung zu greifen.
Konsumkritik
:Das Ding ist doch neu. Wieso ist es schon wieder kaputt?
Der Autor Gabriel Yoran ist wütend. Zum Beispiel auf seinen neuen Duschkopf. Weil man mit ihm einfach nicht anständig duschen kann! Sein Buch „Die Verkrempelung der Welt“ ist eine famose Warenkritik, die jeder lesen sollte.
Buch über Iran und den Westen
:Mullahs als „Kaiser ohne Kleider“
Wie tickt die Islamische Republik, die gerade von Israel und den USA attackiert wird? Ali Fathollah-Nejad liefert die nötigen Fakten über die Vierfachkrise in Iran und den Zerfall der „Achse des Widerstands“.
Zwei neue Bücher über die neue und die alte Regierung
:Merz und die wackelnde Mitte
Robin Alexander fragt sich, ob der neue Kanzler anders als Olaf Scholz im Krisenmodus regieren kann. Mariam Lau kommt dem CDU-Politiker näher als jeder andere Biograf. Ihre Hoffnung: Merz ist bereit, aus Fehlern zu lernen.
Streitschrift über Rassismus
:Deutsche Abschiedskultur
Waslat Hasrat-Nazimi beschreibt in ihrem Buch „Rausländer“, wie sich das Deutschland 2025 für Menschen mit Migrationsgeschichte anfühlt. In einem Wort zusammengefasst: unerwünscht.
Zwei liberale Streitschriften
:Der Anfang vom Ändern
Wie geht’s weiter mit der FDP und der Welt? Dazu haben sich beinahe gleichzeitig zwei Liberale Gedanken gemacht – Wolfgang Kubicki mit einer vollmundigen „Kampfansage“ und Gerhart Baum mit einem sorgenvollen, posthum veröffentlichten Aufsatz.
Exilliteratur
:Russisch gehört nicht nur den Russen
Ein Preis aus dem Exil für Literatur auf Russisch hätte eine gute Idee sein können – aber er kam zu früh. Ehe es zur ersten Verleihung kommt, gibt es Krach. Wie Dissidenz aber gelingen kann, zeigt der 30. Geburtstag der Organisation Memorial.
Überlebende NS-Opfer in der frühen BRD
:Bittsteller nach der Befreiung
NS-Opfer waren gleich nach Kriegsende in Deutschland „unerwünscht“, schreibt die Historikerin Stefanie Schüler-Springorum in ihrer eindrucksvollen Studie. Weder mit dem Leid der Menschen noch mit ihren finanziellen Ansprüchen wollten sich die Deutschen befassen, lieber sahen sie sich selbst als Opfer.
„Konfliktzone Ostsee“
:Was sich von den Balten lernen lässt
Sie wurden lange unterschätzt, aber nun, an der Frontlinie zum aggressiven Nachbarn Russland, bestimmen die Länder des Ostseeraums über Europas Zukunft. Autor Oliver Moody sieht die Anrainer als geopolitische Avantgarde des Westens.
Literatur
:Millionäre im Stealth-Modus
„Tausendmal so viel Geld wie jetzt“: Der Schriftsteller Juan S. Guse hat eine fulminante Reportage über vier Männer geschrieben, die mit Kryptowährungen reich geworden sind. Und trotzdem weiter ein bescheidenes Leben führen.
Buch über die Energieversorgung
:Die Profiteure von Öl und Gas
Deutschland zahlt Jahr für Jahr Milliarden für den Import fossiler Brennstoffe. Und die Energiewende? Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres sind in ihrem neuen Buch „Die Milliarden-Lobby“ auf der Spur von Geld, Macht und Einfluss.
Russische Verbrechen in der Ukraine
:Vor den Augen der Welt
Die ukrainische Schriftstellerin Victoria Amelina und ihr Kollege Oleksandr Mykhed dokumentieren den grausamen Kriegsalltag. Die schwer zu ertragende Lektüre dieser Bücher ist das beste Heilmittel gegen die Romantisierung Russlands.
Psycho-Ratgeber
:Die 15-Sekunden-Therapie
Tanzt ein Psychologe, der Bestseller schreiben und viele Menschen erreichen will, seine Ratschläge am besten auf Tiktok vor? Ein Anruf bei Ali Fenwick, Social-Media-Star und Doktor der Psychologie.
Philosophie
:Wo Hass abstrakt wird, wächst die Gefahr
Die Essays des Philosophen Helmuth Plessner über Unmenschlichkeit und Menschenverachtung sind viele Jahrzehnte alt – aber sie helfen die Schrecken der Gegenwart zu verstehen.
Sprachkritik
:Sozusagen sinnlos
Podcasts sind das Medium der Stunde. Gesprochen wird darin allerdings oft schmerzhaft unpräzise, findet der Kulturhistoriker Wolfgang Kemp. Stimmt das?
Ukraine
:„Es ist ein Versuch, zurückzuschlagen“
Braucht Charkiw, die von Russland systematisch zerbombte Frontstadt der Ukraine, einen in Deutschland publizierten Architekturführer? Unbedingt, sagt die Autorin Ievgeniia Gubkina.
Sachbuch
:Neue Taktik: Zuversicht
Wenn keiner mehr Kraft hat für den Weltuntergang: Die Politologin Isabella Hermann plädiert angesichts des Klimawandels lieber für vorsichtigen Optimismus.
Gaza und Israel nach dem 7. Oktober
:Den Albtraum analysieren
Einmal nüchtern, einmal emotional: Muriel Asseburg und José Brunner betrachten den 7. Oktober und seine katastrophalen Folgen sehr unterschiedlich – beide Zugänge sind wichtig und erhellend.
Biografie über Friedrich Ebert
:Rufmord am Reichspräsidenten
Verlacht, verleumdet, verhasst: Walter Mühlhausens Ebert-Biografie zeigt eindrucksvoll, wie Demokratiefeinde das Ansehen des SPD-Politikers und der Republik systematisch zerstörten.
Neues Buch von Boris Palmer
:Ein Ruck nach Tübinger Art
Tübingens umtriebiger Oberbürgermeister Boris Palmer und die Ärztin Lisa Federle schimpfen gemeinsam über den deutschen Bürokratismus und zeigen Wege aus der Misere auf: anpacken statt jammern (und andere beleidigen).
USA
:Menü für Demokratieverächter
David A. Grahams Buch über „Project 2025“ zeigt, wie christliche Nationalisten Trumps zweite Amtszeit nutzen wollen, um die USA radikal umzubauen. Noch ist offen, wie weit der Präsident geht.
Jüdischer Widerstand in der NS-Zeit
:Kampf gegen die Vernichtung
Jüdischer Widerstand gegen das NS-Regime in Europa war viel mehr als nur ein symbolischer Akt in aussichtsloser Lage. Zwei Bücher zeigen eindrücklich, wie Tausende aufbegehrten – etwa im Warschauer Ghetto.
Literatur
:Hätte sie gewollt, dass wir das lesen?
In den USA wurde ein neues Buch von Joan Didion veröffentlicht. Es besteht aus persönlichen Protokollen ihrer eigenen Psychotherapie.
Polarisierung
:Lieber geil angreifen
Niemand verachtet das linksliberale Bürgertum so wortgewaltig wie der „Welt“-Herausgeber Ulf Poschardt. Aber allein ist er damit nicht. Sein Buch „Shitbürgertum“ ist der Sachbuch-Bestseller der Saison. Eine Begegnung mit dem Dark Lord des deutschen Debattenzirkus.
Konträre Bücher über die Deutschen in der NS-Zeit
:Wie groß war der Abstand zum „Führer“?
Die Deutschen waren eigentlich „unwillige Volksgenossen“, schreibt der Historiker Peter Longerich. Doch diese steile These funktioniert mit seinen Quellen nicht. Eher trifft ein anderes Buch den Kern: „Hitlers treues Volk“.
Biografie über KoKo-Chef Schalck-Golodkowski
:Der Milliarden-Mann der DDR
Keiner wandelte sicherer auf dem schmalen Grat zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Norbert F. Pötzl hat das abenteuerliche Leben des Alexander Schalck-Golodkowski zwischen Stasi-Tätigkeit, dubioser Devisenbeschaffung und veruntreuten Geldern spannend rekonstruiert.
Vernichtungskrieg im Osten
:Die böse Sowjetunion
Der Historiker Jochen Hellbeck beklagt in Deutschland eine „Verdrängung“ des Leids der Menschen in der UdSSR 1941–1945 und der Leistung der Roten Armee. Belegen kann er seine These allerdings kaum.
Bücher über das Kriegsende vor 80 Jahren
:In der Niemandszeit
Der Alltag der Menschen in der Ausnahmesituation des Frühjahrs 1945 ist Gegenstand zahlreicher Bücher zum Kriegsende. Doch nur Tagebucheintrag an Tagebucheintrag zu reihen, reicht nicht für eine große Erzählung zwischen Katastrophe und Neubeginn.
Die Deutschen und die NS-Zeit
:Die dunklen Ecken der Erinnerungskultur
Die meisten Deutschen halten sich 80 Jahre nach Kriegsende zugute, sich der Vergangenheit gestellt zu haben. Mitnichten, sagen die Autoren zweier neuer Bücher. Sie handeln von Selbstgefälligkeit, Selbsttäuschung und vom Unwillen zu trauern.
Literaturauszeichnung
:Mit dabei eine Graphic Novel
Die Nominierten für den Deutschen Sachbuchpreis stehen fest. In den acht Büchern geht es um Krieg, Digitalisierung, Geschlechtergerechtigkeit, die Klimakrise und Victor Hugo.
Aufsätze des Historikers Omer Bartov
:Mit klarem Blick auf beide Seiten
Der israelische Holocaustforscher Omer Bartov schaut mit einer beeindruckenden empathischen Doppelperspektive auf den Nahen Osten. Und für sein Forschungsgebiet hat er wichtige Anregungen.
Buch über „Das Kanzleramt“ in der frühen BRD
:Diese lästige Demokratie
NS-Vergangenheit verharmlosen, alte Kameraden fördern, Pressefreiheit und Forschung behindern – das war der Dreiklang aus dem Bonner Kanzleramt bis zum Ende der 1960er. Eine umfassende Studie bringt bislang unbekannte Details aus der Schaltzentrale der Macht ans Licht.
Neurechte Kultur
:Sie wollen die neue Hegemonie
Die Steuerung öffentlicher Diskurse ist erklärtes Ziel extrem rechter Kulturpolitik. Wissenschaftliche Forschung dazu analysiert rechte Strategien, die man kennen sollte: Eine Zeitschrift versammelt jetzt die wichtigsten bisherigen Analysen.
Aktuelle Biografie über den Papst
:Der „Unvollendete“ und der „Bürgerkrieg“ in der Kirche
Erst vor einigen Wochen hat Vatikan-Experte Marco Politi eine Franziskus-Biografie veröffentlicht. Er stellt fest: Die Kirche ist ähnlich polarisiert wie die Gesellschaft. Und: Der Kampf zwischen den Lagern werde sich in der „Schlacht des nächsten Konklave“ entscheiden.
Analyse zur Strategie der AfD
:Aussichtsloser Umweg zur Macht
Die AfD versucht, politische Niederlagen immer wieder vor Gericht zu kompensieren. Das hat bisher nicht geklappt, analysiert Joachim Wagner eindrucksvoll. Aber was würde politisch helfen gegen die Rechtsextremisten?
Buch über das Jahr 1925 in der Weimarer Republik
:Der Monarchist mit der Zeitbombe
Im April 1925 wurde Paul von Hindenburg zum Reichspräsidenten gewählt, mit dessen Hilfe Rechtsextremisten die Demokratie abschaffen wollten. Für den Historiker Wolfgang Niess ein „Schicksalsjahr“.
Geschichte Kölns von 1918 bis 1933
:„Nur ein frohes Volk kann neue Zeiten bauen“
Christoph Nonns meisterliche und höchst unterhaltsame Geschichte Kölns von 1918 bis 1933 belegt: Die Weimarer Republik war nicht von vornherein zum Untergang verdammt.
Geschichtsrevisionismus
:Basteln an der „zweiten Geburt“
Sie wollen die Geschichte umschreiben und eine „große Nation“ wieder groß machen. Wie die extreme Rechte dabei vorgeht und wie man deren Geschichtsrevisionismus enttarnen kann, erklärt ein wichtiger Sammelband.
Biografie über Jutta Limbach
:Mit Mut und Herz
Jenseits vom Elfenbeinturm: Gunilla Budde hat Jutta Limbach (1934–2016) als Professorin, Politikerin und Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts einfühlsam porträtiert.
Literatur
:Die Orte seines Lebens
Albert von Schirnding wird 90 Jahre alt. Zum Geburtstag erscheint ein neues Buch, in dem er von Ankünften und Abschieden erzählt.
Gesellschaftskritik
:Jenseits von Körper und Seele
Joseph Vogl ist einer der originellsten Gesellschaftskritiker des Landes. In seinem neuen Buch „Meteor“ hält er unserem Bedürfnis nach Verlässlichkeit das Schweben entgegen – als eigentlichen Urzustand aller Dinge.
Jerusalem nach 1948
:Die Landnahme vom Skopusberg
Yfaat Weiss erzählt die Geschichte einer entmilitarisierten israelischen Exklave unter dem Schutz der UN und wie der nur zwei Quadratkilometer große Hügel zur Kampfzone zwischen Juden und Palästinensern wurde.
Jörg Lau über Phrasen der Außenpolitik
:Vernebeln und wohlfühlen
Jörg Lau seziert 80 „Phrasen“ der Außenpolitik. Herausgekommen ist mehr als ein reines Wörterbuch, nämlich eine scharfe Kritik an deutscher Diplomatie.
Ideengeschichte der Bundesrepublik
:Eine unwahrscheinliche Annäherung
Der jüdische Emigrant und Philosoph Theodor W. Adorno und der rechtskonservative Soziologe und Nazi-Günstling Arnold Gehlen pflegten nach dem Krieg eine produktive Bekanntschaft. Thomas Wagner erzählt in einem eindrucksvollen Buch, wie es so weit kam.
Medien
:Eine halbe Million Dollar für drei Artikel
Geld spielte keine Rolle: Der ehemalige „Vanity Fair“-Chefredakteur Graydon Carter lässt in seinen Memoiren ein goldenes Zeitalter des Journalismus Revue passieren – die Neunzigerjahre.
Eva Illouz
:Ich werde mich nicht entschuldigen, nur um einen Preis zu bekommen
Staat und Regierung Israels verteilen eine namhafte Auszeichnung an viele kulturell verdiente Bürger. Allerdings unter einer Bedingung, die nicht zu erfüllen ist.
Stefan Kühl: „Führung und Gefolgschaft“
:Fließender Übergang zwischen Nationalsozialismus und Demokratie
In der niedersächsischen Provinz wurden bis in die Achtzigerjahre Zehntausende deutsche Manager geschult – von Reinhard Höhn, einem einstigen NS-Staatsrechtler. Der Soziologe Stefan Kühl hat die Geschichte der Ausbildung von Führungskräften in der BRD erforscht.