Reporterinnen und Reporter beschreiben die Welt nicht nur vom Büro aus, sie gehen raus, dahin, wo das Leben stattfindet, wo es wehtut und funkelt, zu den Menschen und ihren Geschichten. Um im Kleinsten das Große zu erkennen. Die SZ widmet der Reportage in jeder Ausgabe ihre Seite Drei.
Russland
:Mörder unter uns
Stundenlang schrie Wera Pechtelewa um ihr Leben. Aber der Mann, der sie umgebracht hat, ist wieder frei, wie Zehntausende, die aus dem Gefängnis an die ukrainische Front geschickt wurden. Begnadigt vom russischen Staat, der aus ihnen Helden macht.
Krieg in Nahost
:Grundkurs Nahostkonflikt
Jouanna Hassoun und Shai Hoffmann gehen in ganz Deutschland an Schulen, um über den Krieg zu sprechen. Eine Deutsch-Palästinenserin und ein deutscher Jude, denen offenbar gelingt, was im Großen gerade nicht gelingt: das Miteinanderreden.
Fußball-EM 2024
:Der Sommer seines Lebens
An diesem Samstag werden die Gruppen der Fußball-EM 2024 ausgelost. Und einige träumen von einem neuen Sommermärchen. Zeit, mal mit dem Mann zu sprechen, der Goleo war, über deutsche Befindlichkeiten und Dinge, die seitdem ins Rutschen geraten sind.
Nachruf Henry Kissinger
:Der Solitär
Nur wenige Politiker haben so polarisiert, emotionalisiert und fasziniert wie Henry Kissinger. Ob Friedensnobelpreis oder mögliche Kriegsverbrechen – in seinem Leben war Platz für alle Extreme.
Frankreich
:Diktatoren bevorzugt
Frankreichs Afrikapolitik bestand lange nur aus: bestechen und bestochen werden. Jetzt bricht das ganze System in den ehemaligen französischen Kolonien zusammen – und die frühere Herrscherfamilie Bongo aus Gabun könnte bald ein paar Luxusimmobilien weniger haben in Paris.
Ukraine
:In der Hölle von Robotyne
Es ist noch pechschwarze Nacht, als die ukrainischen Soldaten in den Einsatz ziehen. Hier steht kein Baum mehr, kein Haus, am Weg liegen gefrorene Leichen. Unterwegs an vorderster Front, wo für ein paar Meter gekämpft und gestorben wird.
Daniel Cohn-Bendit
:Von einem, der rückwärts träumt
Daniel Cohn-Bendit ist Jude. Und ein Veteran des mythischen Jahres 1968. Nach dem Sechstagekrieg verbündete er sich mal mit palästinensischen Studenten, aber die alten Kampfrufe seien unbrauchbar nach dem Terror der Hamas, sagt er. Er bleibt trotzdem ein Optimist.
Rückkehr der Geiseln nach Israel
:Die Freude der Anderen
Das Land vibriert, seit die ersten Geiseln der Hamas zurückkommen. Manche feiern. Aber wie geht es denen, die wissen, dass ihre Söhne, Töchter, Väter und Mütter noch in den Tunneln in Gaza bleiben müssen? Ein Schabbat-Essen bei der Familie Buchshtab.
Berlin
:Die Trümmer ihrer Luftschlösser
Scholz, Lindner und Habeck war offenbar bewusst, dass die Verschiebung der 60 Milliarden Euro übrig gebliebener Corona-Kredite in einen Fonds Folgen haben könnte. Gemacht haben sie es trotzdem. Chronik einer angekündigten Katastrophe.
Düsseldorf
:23 lange Jahre
Mohamedou Ould Slahi, einer der prominentesten Guantánamo-Häftlinge, darf zum ersten Mal seit 2000 nach Deutschland zurück, aber nur für einen Termin: um vor Gericht gegen seine Einreisesperre zu kämpfen.
Grenze in Rafah
:Nur nicht die Kontrolle verlieren
Rafah ist der einzige noch geöffnete Grenzübergang aus Gaza. Aber was heißt schon geöffnet, weder kommen alle aus dem Kriegsgebiet raus, die gerne wollen, noch kommt alles rein, was dort so dringend gebraucht wird.
Waffen in den USA
:Und tot bist du
Wenn es in einem Land mehr Waffen gibt als Menschen, muss man sich nicht wundern, wenn überall Leute aus dem Leben geknallt werden. Wer wüsste das besser als Roz Pichardo, die gelernt hat: Du kannst dich von der Trauer auffressen lassen, oder du unternimmst etwas.
Geburtshilfe
:Zu Hause ist's am schönsten
Da kann man ja gleich in den Wald gehen: Natürlich kennt Zohra Schardt die Vorbehalte gegen Hausgeburten. Aber sie weiß eben auch, welchen Stress Frauen bei der Entbindung in der Klinik erleben können. Bereitschaftsdienst mit einer Hebamme.
Propaganda im Netz
:Faustrecht der Bilder
Jede Sekunde prasseln mehr Posts aus dem Nahen Osten über Tiktok, Instagram oder X auf die Menschen ein als wohl in jedem Krieg davor. Über den schmalen Grat zwischen Aufklärung und Propaganda, den vor allem die Hamas erschreckend oft überschreitet.
Migration
:Bitte bleib
Der Kanzler will abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben. Einer von ihnen ist der Fleischer Heberth Alvarado aus Venezuela. Seit vergangenem April arbeitet er im brandenburgischen Spremberg. Keiner will, dass er geht.
Die Linke
:Das Problem sind die anderen
Die Linke zerlegt sich seit Jahren selbst, und das liegt nicht nur an Sahra Wagenknecht. Wer wissen will, wie weit die Positionen im linken Kosmos inzwischen auseinanderdriften, sollte mal mit Klaus Ernst und Clara Bünger reden.
Erdoğan in Berlin
:Ey, Almanya!
Der türkische Präsident kommt nach Deutschland – und alle sind in Alarmbereitschaft. Aber ihn nicht einladen? Dafür ist er einfach zu wichtig. So bereitet sich Berlin jetzt also vor auf diesen Gast, von dem alles zu erwarten ist, oder auch nichts.
Berlin
:Kalt erwischt
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fehlen der Regierung 60 Milliarden Euro. Das allein ist schon heftig, aber es ist nur das erste Problem. Das zweite ist, ob die Ampel das überstehen wird.
Argentinien
:Endstation Sehnsucht
Seit ein paar Monaten kann man mit der Bahn wieder quer durch Argentinien fahren, nach Jahrzehnten des Stillstands. Sollte Javier Milei am Sonntag zum Präsidenten gewählt werden, könnte das schnell wieder vorbei sein. Also einsteigen, solange es noch geht.
„Fridays for Future“
:Wenn das Klima kippt
Bei „Fridays for Future“ herrscht schon länger Streit, aber seit Greta Thunberg sich mit den Palästinensern solidarisiert, droht es die Bewegung zu zerreißen. Über Mobbing in internen Chats und die Frage, wie viel Weltpolitik der Umweltprotest verträgt.
Lesbos
:Tote, über die Gras wächst
Auf einer Wiese, zwischen Müll und Autoreifen, werden die toten Flüchtlinge von Lesbos begraben. Zwei Menschen wollen das ändern, den Friedhof pflegen, den meist anonym Verstorbenen einen Rest Würde zurückgeben. Doch das ist gar nicht so einfach.
Istanbul
:Wenn ich einmal groß bin
Wer klein ist, wird nicht ernst genommen – sagen die, die klein sind. Aber es gibt da mittlerweile eine richtige Wachstumsbranche, man kann sich tatsächlich vergrößern lassen, in einer Klinik in Istanbul. Besuch bei Männern, die endlich über sich hinauswachsen wollen.
Prozess
:Der Zorn der Selbstgerechten
Sie nannten sich „Vereinte Patrioten“, wollten mit Waffengewalt die Macht in Deutschland übernehmen, Karl Lauterbach entführen und dem Land wochenlang den Strom abdrehen. Jetzt stehen die fünf Angeklagten in Koblenz vor Gericht. Die Geschichte einer Verblendung.
Migration
:Ein Hauch Vergeblichkeit
Während in Berlin gestritten wird, wie möglichst wenig Migranten ins Land kommen, will Svenja Schulze in Jordanien dafür sorgen, dass sich die Menschen gar nicht erst auf den Weg machen. Außer die natürlich, die gebraucht werden.
New York
:Seht euch das an
Zwei israelische Künstler waren gerade in New York, als die Hamas Israel überfiel. Als Reaktion darauf entwarfen sie Plakate mit den Gesichtern der Geiseln. Seitdem werden die Poster auf der ganzen Welt aufgehängt – und abgerissen. Über die Kunst des Protests.
Berlin
:Was am Tage übrig bleibt
Um 2.30 Uhr am Dienstagmorgen endet die Bund-Länder-Konferenz im Kanzleramt, um 2.31 Uhr beginnt der Kampf um die Deutungshoheit: Die Geschichte einer „historischen“ Einigung, unter der offenbar jeder etwas anderes versteht.
Prozess
:Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
Als Gil Ofarim einem Leipziger Hotelangestellten Antisemitismus vorwarf, war das Entsetzen groß. Jetzt steht er selbst vor Gericht, wegen des Vorwurfs der Verleumdung. Ausgerechnet jetzt.
Kultur und Politik
:Wäre doch gelacht
Die Puppenspielerin Shlomit Tripp schafft etwas, das momentan nur noch wenigen gelingt: Bei ihr sitzen orthodoxe Juden neben strenggläubigen Muslimen, und am Ende freuen sich alle über das Schwein, das koscher sein möchte, oder den König mit Ringelsocken. Wenn es nur so einfach wäre.
Muslime in Deutschland
:„Diese Debatte bricht uns alle“
Viele Muslime in Deutschland finden die Taten der Hamas entsetzlich. Aber sie finden auch, dass die deutsche Gesellschaft das Leid der Palästinenser geradezu ignoriert. Die Geschichte einer Entfremdung.
Pop und Politik
:Play it again, Fito
„Going up the Country“ von „Canned Heat“ wurde 1969 zu einer der Hymnen in Woodstock. Wer die Band jetzt hört, wird zurückgeworfen in eine Welt, in der kurz alles möglich zu sein schien. Klingt fast verrückt in diesen Zeiten.
Justiz
:Szenen einer Entfremdung
Bis zu ihrer Trennung inszenierten sich Tennisstar Alexander Zverev und die Influencerin Brenda Patea als Traumpaar. Jetzt hat ein Gericht Strafbefehl gegen den Sportler erlassen – wegen häuslicher Gewalt. Er bestreitet die Vorwürfe. Und es gab den Entwurf eines Vertrags, der sie zum Schweigen bringen sollte. Unterschrieben hat sie nicht.
Frankreich
:Das wird man ja wohl nicht sagen dürfen
Emmanuel Macron sorgt sich um die anschmiegsame Sprache der Franzosen, also wettert er gegen das Gendern und den Zeitgeist. Wobei es ja eher wieder Zeitgeist ist, gegen das Gendern zu wettern.
Palästinenser in Jordanien
:Tunnel ohne Ausgang
In Jordaniens Hauptstadt solidarisieren sich die Menschen mit der Bevölkerung in Gaza. Die einen trauern, die anderen brüllen ihren Hass auf Israel durch die Straßen. Und mittendrin fragt sich eine junge Frau: Wann war Wut je die Lösung?
Israel
:Die Schuld der anderen
Seit dem 7. Oktober ist da die Frage, wie es sein konnte, dass das bestgeschützte Land der Welt so schutzlos war. Armeechef und Geheimdienstchefs räumen ihre Verantwortung ein, nur Benjamin Netanjahu geht es um etwas ganz anderes: sein politisches Überleben.
Bollywood
:Der Liebe wegen
Seit 28 Jahren zeigt ein Kino in Mumbai täglich denselben Film: „Dilwale Dulhania Le Jayenge“. Manche kommen, um die Realität zu vergessen, andere, um zu dösen. Sicher ist: Wenig erzählt so viel über Indien wie diese dreieinhalb Stunden Bollywood.
New York
:Im Zweifel allein
In New York lebt die größte jüdische Gemeinde außerhalb Israels. Der Tag des Hamas-Angriffs wird in der Stadt 10/7 genannt. Was viele hier fast genau so erschüttert wie der Anschlag: Wie die Welt darauf reagiert.
Syrien
:Ferien bei Assad
Syrien wird mit Hunderttausenden Toten verbunden, mit Giftgas, aber sicher nicht mit Urlaub. Wer durchs Land reist, trifft jetzt aber wieder viele Touristen, die aus Sicht des Regimes herzlich willkommen sind - solange sie keine unbequemen Fragen stellen.
Fachkräftemangel
:Sie will doch nur arbeiten
Samikshya Bhurtel ist jung, motiviert, Pflegerin, also genau das, was Deutschland braucht. Aber seit Wochen sitzt sie in ihrer Wohnung rum. Über die Mühlen der Bürokratie und eine Nepalesin, die sich fragt, warum sie eigentlich hierhergekommen ist.
Holocaust-Überlebende Eva Erben
:Hört mir zu
Eva Erben hat Theresienstadt und Auschwitz überlebt, ging nach Israel und baute das Land mit auf. Nach dem Überfall der Hamas hat sie ihr Haus in Aschkelon verlassen – den Ort, an dem sie sich endlich sicher fühlte.
Österreich
:Wenn niemand mehr hilft
Im österreichischen Vorarlberg gibt es nur noch einen Arzt, der Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Und der schließt bald seine Praxis. Nachfolger? Kompliziert. Über einen alten Streit, der neu entbrannt ist.
„Bündnis Sahra Wagenknecht“
:Der Eklat bin ich
Seit einem halben Jahr denkt Sahra Wagenknecht darüber nach, ihre eigene Partei
zu gründen. Jetzt ist es endlich so weit. Und das gigantische Bohei um ihre Person zeigt,
dass sie offenbar einen Nerv trifft in diesem Land, die Frage ist nur: welchen.
USA
:Am Anfang war der Schmerz
Jessica Lynch brach sich mehrere Knochen, bekam Tabletten, wurde süchtig. Irgendwann war sie tot. Opioide wie Fentanyl gehören unter jungen Amerikanern zu den häufigsten Todesursachen. Und die Angehörigen fragen sich, warum so wenig dagegen getan wird.
Israel
:Der Wert eines Lebens
In der Kaplan Straße in Tel Aviv zeigt sich ein neuer Riss, der seit den Anschlägen durch die israelische Gesellschaft geht: Die einen flehen um das Leben ihrer verschleppten Angehörigen, die anderen fordern die Vernichtung der Hamas, koste es, was es wolle.
Wahl in Argentinien
:Der Zerstörer
Die Argentinier sind drauf und dran, Javier Milei zum Präsidenten zu wählen, einen Ultralibertären, der die Landeswährung Peso als „Scheißdreck“ bezeichnet, Steuern für Diebstahl hält, Trump bewundert und den Staat zerlegen will.
Österreich
:Wiener Volkstheater
Sebastian Kurz war ganz oben, Bundeskanzler mit 31, dann kam der Fall. Jetzt ist er zurück im Rampenlicht, als Angeklagter. Er soll die Abgeordneten belogen haben. Alles nur ein Missverständnis, so sieht er das jedenfalls.
Der Kanzler in Israel
:Wenn Worte nicht mehr reichen
Olaf Scholz hat nie Zweifel daran aufkommen lassen, dass er fest an der Seite Israels steht. Aber diesmal genügen keine routinierten Bekenntnisse mehr. Der Kanzler reist in aller Eile nach Tel Aviv – und erlebt selbst, wie ernst die Lage ist.
Israel
:Der Feind hinter den Pfirsichbäumen
Im Norden Israels sind sie es gewohnt, dass die Hisbollah immer mal wieder Raketen aus dem Libanon zu ihnen rüber schießt. Jeder hier weiß, wie gefährlich ein Zwei-Fronten-Krieg wäre. Und doch fänden es manche immer noch besser, als einfach nur zu warten.
Transgender
:Was geht euch mein Kind an?
Jonathan ist 1,40 Meter groß, 30 Kilo schwer, und bald würde er seine Periode bekommen. Medikamente sollen das verhindern, weil er sagt: „Ich bin ein Junge.“ Vom Kampf einer Mutter, die jeden Tag erlebt, wie wenig die Leute wissen – und wie laut sie mitreden.
Aus der Redaktion
:Bestens aufgelegt
SZ-Autorin Lena Bammert erhält den International Music Journalism Award für eine Reportage über den Aufstieg einer Migrantin in die DJ-Szene.
Gerhard Schröder
:Ich bereue nichts
Wegen seiner Freundschaft zu Putin ist Gerhard Schröder zu einem Verstoßenen geworden. Über deutsche Politik redet er kaum noch, außer man fragt ihn. Besuch beim ehemaligen Kanzler, in dem es brodelt..