Reporterinnen und Reporter beschreiben die Welt nicht nur vom Büro aus, sie gehen raus, dahin, wo das Leben stattfindet, wo es wehtut und funkelt, zu den Menschen und ihren Geschichten. Um im Kleinsten das Große zu erkennen. Die SZ widmet der Reportage in jeder Ausgabe ihre Seite Drei.
Telefonbetrug
:Ich doch nicht
Sie stand gerade in der Küche, als das Telefon klingelte. „Jannick, bist du’s?“ Ein paar Stunden später waren 60 000 Euro weg. Und wer jetzt fragt, wie man auf Enkeltricks und Schockanrufe reinfallen kann, sollte besser mal denen zuhören, denen es passiert ist.
Wahl in Bayern
:Liebe auf den letzten Blick
Markus Söder und die CSU, das war nie große Zuneigung, eher ein Handel. Aber seit der Aiwanger-Affäre finden viele in der Partei, dass ihr Chef da in etwas hineingeraten ist, für das er nichts kann. Wenn alles schiefgeht bei der Wahl, könnte ihn genau das retten.
China
:Pekings langer Arm nach Pirna
Xi Jinping will sein Land zur Weltmacht Nummer eins machen. Dafür braucht er auch die Millionen Chinesen im Ausland. Die China-Connection reicht bis in die sächsische Provinz – und bis zu einem AfD-Spitzenpolitiker.
Großbritannien
:Kontrollverlust
Die britischen Gefängnisse sind in einem so lausigen Zustand, dass deutsche Gerichte schon Auslieferungen ablehnen: zu wenig Wärter, zu viele Insassen. Und dann sind da noch die Ratten. Ein Hilferuf.
Literatur
:Süchtig nach Happy End
Junge Menschen lesen nicht mehr? Unsinn. Viele junge Frauen sind verrückt nach Büchern, lassen sich Lieblingssätze eintätowieren. Über Liebesromane, die gerade eine neue Generation erobern, und die Frage, wer eigentlich bestimmt, was gute Literatur ist.
Saarland
:Was weiß ich
Mehr als 30 Jahre nach dem tödlichen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis steht Peter Werner S. vor Gericht. Jahrzehntelang haben alle geschwiegen, jetzt beschuldigen sich die ehemaligen Neonazi-Kameraden gegenseitig. Nur eines sagen alle: Ich war’s nicht.
Tier und Mensch
:Nagerkoller
Sumpfbiber wurden wegen ihrer weichen Felle nach Europa geholt, als die wertlos wurden, breiteten sich die Tiere in der Natur aus. Seitdem untergraben sie Gärten und Ufer – und ein bisschen auch das Sicherheitsgefühl der Menschen. Die Geschichte eines Grabenkampfs.
Die Grünen in Bayern
:Hass und Hendl
Egal in welches Bierzelt die Grünen in Bayern gerade kommen: Die Verachtung ist schon da. Sie werden angebrüllt, ausgepfiffen, jetzt fliegen sogar Steine. Auf Wahlkampftour mit Katharina Schulze, die schon beschimpft wird, wenn sie ein Dirndl anzieht.
Nancy Faeser
:Wer zuletzt lächelt
Nach ihrem Auftritt im Innenausschuss ist für Nancy Faeser der Fall Schönbohm erledigt. Also Schwamm drüber? Wohl kaum. Sie will ja auch noch eine Wahl in Hessen gewinnen. Die Geschichte eines Vertrauensverlusts.
Die "Letzte Generation"
:Der klebende Beweis
Im Amtsgericht Berlin Tiergarten wird so gut wie täglich ein Fall der „Letzten Generation“ verhandelt. Der Staat will die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen, die Aktivistinnen aber wollen auch die Gerichtssäle zur Bühne machen.
Kolonialismus
:Hauptsache keine Franzosen
In Westafrika haben sie die ehemaligen Kolonialherren mittlerweile so satt, dass sie nicht nur ihre Statuen niederreißen, sondern ganze Regierungen. Im Senegal gab es zwar noch keinen Putsch, aber auch da erlebt man eher die letzten Züge einer toxischen Beziehung.
Gewalt von Kindern gegen Eltern
:Der Schläger aus dem Kinderzimmer
Sie sehen es in seinen Augen, wenn die Wut hochkommt. Dann verprügelt er die Mutter, geht mit dem Messer auf den Bruder los. Selbst Heime und Kliniken wollen den Jungen so schnell wie möglich wieder loswerden. Eine Familiengeschichte.
Griechenland
:Betreten auf eigene Gefahr
Zwischen Katastrophe und mediterraner Leichtigkeit lagen in Athen oft nur ein paar Grad, ein paar Funken, ein paar Windböen, ein paar Kilometer. Nach diesen Wochen der Extreme bleibt die Frage: Wie kann man in Europas heißester Hauptstadt im Sommer noch leben?
Hongkong
:Ihr sollt euch nicht erinnern
Die „Säule der Schande“ prangert Chinas Unterdrückung an. 24 Jahre stand sie in Hongkong, dann wurde sie über Nacht weggeräumt. Jetzt wird der Künstler, ein Däne, wohl mit Haftbefehl gesucht. Eine Geschichte über die Macht der Kunst und die Paranoia der Mächtigen.
Marokko nach dem Beben
:Vergesst uns nicht
Wer ins Atlasgebirge fährt, in die Dörfer, die vom Erdbeben am schwersten getroffen wurden, merkt schnell: Je höher die Berge, desto größer die Wut. Von der Regierung hat sich hier oft noch niemand blicken lassen. Aber: Kein schlechtes Wort über den König.
Politik
:Hör mal zu
Auch beim SPD-Abgeordneten Joe Weingarten rufen Wähler an, um ihren Frust über die Ampel abzuladen. Wenn er dann bei ihnen vorbeischaut, sind sie erst mal baff. Der Versuch einer Versachlichung, hinter einer Thujenhecke in Rheinland-Pfalz.
Deutsche Nationalmannschaft
:Isch over
„Klinsi“, „Jogi“, „Hansi“: Mit dem Rauswurf von Flick endet die Epoche des südwestdeutschen Herrschergeschlechts in der Nationalmannschaft. Das Problem ist jetzt, dass im DFB offenbar keiner darüber nachgedacht hat, was danach kommen könnte.
Prozess in Suttgart
:Hier regiere ich
Im April 2022 rücken Polizisten in Bobstadt aus, um Ingo K. eine Waffe abzunehmen. Sie umzingeln sein Haus, rufen - bis K. schießt. Jetzt steht er vor Gericht, und ja, er habe geschossen, sagt er, aber ein Reichsbürger sei er nicht. Szenen eines Schauspiels.
Autoindustrie
:Heilig’s Blechle
Die IAA war immer ein Ort der Selbstvergewisserung. Aber jetzt stehen hier nicht mehr die Deutschen mit ihren Verbrennern im Mittelpunkt, sondern die Chinesen mit ihren E-Autos. Und die Frage ist: Kann ein Konzern wie VW das noch aufholen?
Analphabetismus
:Raus mit der Sprache
Mehr als sechs Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben. Merkt nur keiner, weil sie alles tun, um nicht entdeckt zu werden. So war es auch bei Jutta Schmitt. Wer wüsste besser als sie, wie man Menschen erreicht, die sich schämen.
Venezuela
:Die Schlieren der Gier
Das Leben am Maracaibo-See in Venezuela war früher eine einzige große Fiesta. Sie wussten gar nicht, wohin mit all dem Erdöl, mit all dem Reichtum. Aber dann kippte die Sache. Der See ist jetzt eine giftige, stinkende Brühe. Szenen aus einer kranken Welt.
Krieg in der Ukraine
:Bleibt bei uns
Es ist meist eine Stunde, die an der Front über Leben und Tod entscheidet. Wer zu spät versorgt wird, hat wenig Chancen. Ein Besuch bei Sanitäterinnen und Ärzten im Ukraine-Krieg, wo die Todeszahlen so viel höher sind als in anderen Kriegen.
Yoga
:Immer schön dankbar sein
Das Yoga-Vidya-Imperium wird von unzähligen Mitarbeitern für ein Taschengeld am Laufen gehalten. Einige von ihnen fragen sich allerdings, ob es hier wirklich nur um spirituelles Wachstum geht. Über das Glück des Loslassens.
Bayern
:Eine verhängnisvolle Affäre
Die Entscheidung von Söder, Aiwanger im Amt zu lassen, war vor allem ein Balanceakt in Sachen Schadensbegrenzung. Doch an wen er sich da gekettet hat, zeigt schon der Sonntag: Der bayerische Ministerpräsident hat sein Urteil noch nicht verkündet, da triumphiert sein Stellvertreter schon im Bierzelt.
Zum Ende von "Fettes Brot"
:Sollen wir’s wirklich machen?
„Fettes Brot“ gaben der bierernsten Herrenrunde Hip-Hop, was ihr bis dahin immer fehlte: Leichtigkeit. Dass die Band jetzt
nach 30 Jahren aufhört, ist also abzulehnen. Zum Abschied die Frage des Grauens: Wie altert man in Würde?
Energiewende
:Das Blaue vom Himmel
Wenn man so hört, was einige Politiker über Wasserstoff sagen, könnte man fast glauben, er würde alle Probleme lösen: auch beim Heizen und Autofahren. Technologieoffenheit? Manche Wissenschaftler sprechen lieber von technologischer Ahnungslosigkeit.
Klausur in Meseberg
:Streiten ja, aber bitte mit Schalldämpfer
Schon wieder hat sich die Ampel fast selbst zerlegt, und schon wieder soll es die Klausur in Meseberg richten. Nur: Das Schauspiel von Zerfall und Wiederaufbau übertönt mittlerweile so vieles, vor allem, was diese Regierung bereits geschafft hat.
Sippenhaft
:Wir waren mal Russen
Arshak Makichyan war einer der bekanntesten Klimaaktivisten seines Landes. Jetzt ist er staatenlos, weil Russland ihm die Staatsbürgerschaft entzogen hat. Er war wohl zu unbequem. Und Gago Makichyan hat das Pech, sein kleiner Bruder zu sein.
Berlin
:Kinder, Kinder
Sie haben gerechnet, gerungen - und gleich wieder gestritten. Die Ampel-Parteien haben sich auf den letzten Drücker geeinigt, aber beschädigt sind alle. Und es ist nicht mal klar, was eigentlich die davon haben, um die es geht: die Familien.
Hubert Aiwanger
:Söders Dilemma
Seit Aiwangers Bruder gesagt hat, dass er der Verfasser des Auschwitz-Pamphlets gewesen sei, stellen sich noch mehr Fragen. Sollte es so sein: Warum hatte Hubert Aiwanger es dann in der Tasche, warum ließ er sich dafür bestrafen? Sicher ist: In Bayern gerät dadurch jetzt vieles ins Wanken.
Bayern
:Das Auschwitz-Pamphlet
Seit Wochen steigen die Umfragewerte von Hubert Aiwanger, ein Mann, von sich selbst berauscht. Aber jetzt ist da dieses Flugblatt, das er als Siebzehnjähriger geschrieben haben soll, eine Hetzschrift, in der es um das „Vergnügungsviertel Auschwitz“ geht, um antisemitische Fantasien.
Russland
:Der Verräter, der vom Himmel fiel
Zwei Monate nach seinem gescheiterten Aufstand ist Jewgenij Prigoschin offenbar getötet worden. Egal, was am Himmel über Russland passiert ist, hinter dem Tod des Söldnerführers wird für immer Putins Botschaft stehen: Leg dich bloß nicht mit mir an.
Rechtsextremismus
:Gekommen, um zu schlichten
Wenn man wissen will, wie allgegenwärtig der Rechtsruck ist, sollte man mit Thomas Weidlich und John-Gerrit Roeder durch Brandenburg fahren. Sie werden gerufen, sobald es Probleme mit Rechtsextremen gibt. Und dann: Reden sie erst mal.
CDU
:Linnemann, geh du voran
Der neue Generalsekretär hat eine gewaltige Aufgabe übernommen. Eigentlich soll er aus der CDU wieder eine Partei machen, an der kein Weg vorbeiführt. Nur: Jetzt muss er erst mal Friedrich Merz retten.
Ukraine
:Krieg, welcher Krieg?
In der Stadt Wylkowe sieht man Kinder spielen. Bunker? Haben sie hier gar keinen. Nirgends ist die Schlacht so weit weg wie hier, gleich an der Grenze zu Rumänien. Besuch in einem Ort, in dem man Putin fast vergessen könnte. Fast.
Inflation
:Abgebrüht
Sechs Prozent Inflation? Haben sie in Argentinien auch, und zwar im Monat. Also geben die Menschen ihr Geld lieber gleich aus, zum Beispiel im „Extrawurst“ in Buenos Aires, wo sie kaum fassen können, wie viele Nürnberger über die Theke gehen.
Schweiz
:Da bewegt sich was
Dass der Berg über dem Schweizer Dorf Kandersteg abrutschen wird, ist sicher, die Frage ist nur: wann. Wenn einer weiß, was da oben los ist, dann Christian Kienholz, der die Felsen hier scannt und anbohrt und abtastet. Über einen, der tief hineinhört in die kränkelnden Alpen.
Pornografie
:Macht euch frei
Während einige glauben, Dildopartys wären so normal wie früher Tupperpartys, glauben andere, dass die zweite sexuelle Revolution gerade wieder kippt. Nur wohin? Besuch bei einem feministischen Pornodreh in Berlin.
Nordkorea
:Ein Geschenk für Kim Jong-un
Der US-Soldat Travis King rennt an der Grenze einfach rüber nach Nordkorea. Er sei ein Opfer von Rassismus, heißt es, wolle Asyl. Besser hätte es sich das Regime nicht ausdenken können.
DDR
:Ein bisschen Diktatur? Gibt es nicht
Seit Jahren erzählt Renate Werwigk-Schneider in Schulen über ihre Fluchtversuche aus der DDR, über ihre Zeit im Gefängnis. Es macht sie sprachlos, dass sich so viele heute von der Demokratie abwenden und „nach der harten Hand sehnen“. Ernsthaft?
Fischerei
:Blaue Wüste
Jahrzehntelang lebten die Fischer am Bodensee von und mit dem Wasser, dann fing was an zu kippen. Und die Frage ist nicht, ob der Mensch den See verändert hat, sondern ob er ihn wieder ins Gleichgewicht bringen kann
Chinas Energiewende
:Mach dir die Sonne untertan
China hat fast schon so viele Solaranlagen wie der Rest der Welt zusammen. Und jetzt ist die Innere Mongolei dran: glänzende Module, so weit das Auge reicht. Einblicke in eine etwas andere Energiewende.
Verkehrswende
:Und dann flogen die Eier
Wir nehmen euch ein paar Parkplätze und geben euch: Rollrasen, Hochbeete, Bänke. Ist doch toll, dachten die Forscher. Jetzt ist ein Viertel in München gespalten. Und die Frage ist: Wenn es in einer kleinen Straße schon so kracht, was kommt dann erst auf Deutschland zu?
Luftfahrt
:Nur Fliegen ist schöner
Lufthansa bekommt neue Konkurrenz, von Bavarian Airlines: Das war die Geschichte, die Adem K. allen erzählte. Medien berichteten, Geschäftspartner zahlten Geld. Nur: Ein Flugzeug ist nie abgehoben – und der vermeintliche Airline-Unternehmer womöglich nicht mal volljährig.
LGBTQ in Russland
:Uns darf es nicht geben
Für Putin sind transgender Menschen wie Jan Dworkin eine Erfindung des verdorbenen Westens, purer Satanismus, etwas, das gar nicht existieren darf. Aber für eines kann er sie in Zeiten des Krieges ganz gut gebrauchen: als Feindbild.
Verschwörungsmythen
:Die Vermessung des Hasses
Lügen und Hetze gab es immer schon im Internet, aber seit der Pandemie frisst sich all das mit brutaler Effizienz in die Mitte der Gesellschaft. Ein kleines Team von Wissenschaftlern sucht jetzt nach einer Lösung für eines der größten Probleme der Demokratie.
Supreme Court
:Alles, was rechts ist
Selten war der Supreme Court so extrem, selten so ohne Mitte. Da verändert gerade eine Gruppe von konservativen Richtern das Leben von Millionen: Abtreibung, Wahlrecht, Waffenbesitz. Was das für die USA heißt? Nichts Gutes, glaubt die Journalistin Nina Totenberg.
Österreich
:Verschwindet
Jeden Sonntag demonstrieren in Steyr Corona-Leugner und Verschwörungsideologen, sie haben den Stadtplatz bis 2025 reserviert. Bleibt die Frage, warum solche Gruppen ein Demo-Abo bekommen – und was die zunehmend genervten Menschen in der Stadt dagegen tun können
Frauenfußball
:Frauen sind auch nur Männer
Wenn die Stimmung im Land mal wieder im Keller war, half oft ein Steilpass in der grünen Manege, wo wüssten sie das besser als in der Fußballstadt Dortmund. Dass jetzt nicht mal den Fußballerinnen was gelingt, passt also bestens zur Lage der Nation
Berlin
:Vergiss den Rest der Welt
Berlin, Alexanderplatz. Es stinkt nach Urin und altem Bratfett. Zwischen Bettlern und Kriminellen treffen sich hier seit Jahren Jugendliche und hören K-Pop, sie tanzen, trinken, flirten und fluchen. Und sie geben sich gegenseitig Halt, das vor allem.