Wie kam es, dass unser Glück und unser Leben heute so oft von Technik abhängen? Jonas Lüscher erzählt in einem Roman mit enormer Sprachmagie davon. Und von der Todesnähe einer Corona-Erkrankung, die so noch nie Literatur geworden ist.
Schriftstellerin Zeruya Shalev
:„Sie reden über den Krieg, als ob er Liebe wäre.“
Der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas ist sehr fragil, sagt Zeruya Shalev. Ein Gespräch mit der großen Schriftstellerin über die Frage, ob auch Terroristen freikommen sollten, um die Geiseln zu retten – und darüber, warum sie weiter an ihre liberale Heimat glaubt.
Maja Lunde „Für immer“
:Pass auf, was du dir wünschst
Die norwegische Bestsellerautorin Maja Lunde imaginiert in „Für immer“ eine Welt, in der die Zeit der Menschen stillsteht: Keiner wird mehr krank, keiner stirbt, keiner wird geboren. Ist das ein Traum? Oder doch ein Albtraum?
Dichterin im Exil: Mascha Kaléko
:Auf der Jagd nach dem Glück
Gerade weil heute wieder in so bemerkenswert unmenschlichem Ton über Migranten geredet wird: eine kleine Erinnerung an die beste deutsche Exillyrikerin, Mascha Kaléko, zu ihrem 50. Todestag.
Jean Hanff Korelitz: „Die Nachzüglerin“
:Heiter bis unglücklich
Drillinge sind eine Herausforderung der anderen Art. Schlimmer noch, wenn aus allen unsympathische Erwachsene werden. Jean Hanff Korelitz’ rasant-böser Roman „Die Nachzüglerin“ erzählt vom Unglück einer amerikanischen Familie.
Poesie
:„Manche singen oder brüllen ihre Gedichte“
Das Lyrikfestival Poetica führt vor, dass Gedichte nicht nur in die Andacht stiller Literaturhäuser gehören, sondern in den Alltag und ins Leben.
Der Lyriker Eugen Gomringer wird 100
:Immer auf dem Poesiepfad
Eugen Gomringer erfand die konkrete Poesie als Ausdrucksform der Moderne, provozierte als Bewunderer von Blumen und Frauen ein Skandälchen – und prägt bis heute die Idee, dass ein Gedicht ein Gebrauchsgegenstand ist. Jetzt wird er 100.
ExklusivSchriftsteller T. C. Boyle über die Feuer in Los Angeles
:Du kannst nicht jedes Mal Glück haben
Warum zieht ein Mensch, dessen Zuhause bei den Bränden in Los Angeles erneut nur knapp verschont blieb, nicht weg? Über die Macht der Hoffnung.
„Can't Hurt Me“ von David Goggins
:Hereinspaziert, Motherfucker
Sind auch Sie verweichlicht? Baden Sie gerne in Selbstmitleid? Dann haben wir hier was für Sie: Die Autobiografie von David Goggins wird das Zeitalter der Psychotherapien auf einen Schlag beenden.
Favoriten der Woche
:Prinzessin aus dem Sumpf, wir verneigen uns
Eine neue Madonna des Hip-Hop erobert die Bühne, die Kunst feiert Geburtstag, und eine Geschichte aus dem Packeis verzaubert: die Kulturempfehlungen der Woche aus dem SZ-Feuilleton.
Machtratgeber von Robert Greene
:„Gib dich dümmer als dein Opfer“
Pünktlich zum zweiten Amtsantritt Trumps ist „Power“, die Bibel der Machtgier, wieder ganz oben in den Bestsellerlisten. Soll das ein Witz sein? Absolut. Und zwar auf Kosten der liberalen Demokratie.
Neue Sachlichkeit
:Menschlichkeit in finstren Zeiten
Vor 100 Jahren wurde der Kunstbegriff „Neue Sachlichkeit“ geprägt. Warum uns dieser Stil das unsentimentale Klarsehen lehrt, jenseits linker oder rechter Ideologisierung.
Buch von Caroline Darian
:Sie schreibt sich ins Leben zurück
Gisèle Pelicots Tochter Caroline Darian berichtet in ihrem Buch „Und ich werde dich nie wieder Papa nennen“ schonungslos von dem Horror in ihrer Familie. Hoffnung auf Erlösung gibt es da nicht – aber den Mut weiterzumachen.
Graphic Novel über David Bowie
:Zur Mauer, zur Freiheit
Der Comic „Low“ begleitet David Bowie dabei, wie er in Berlin vom Koks loskommt und sich einmal mehr künstlerisch häutet. Ein mitreißender Trip – nur über eine Sache erfährt man leider brüllend wenig.
Elke Schmitters Roman „Alles, was ich über Liebe weiß, steht in diesem Buch“
:Einbildungsreisen
In ihrem eindrucksvoll hyperreflektierten neuen Roman erzählt die Essayistin Elke Schmitter davon, wie Beziehungen beginnen – und welche Liebe sogar den Liebeskummer übersteht.
Soziologin Cornelia Koppetsch suspendiert
:„Gravierende Verstöße“
Die Darmstädter Soziologie-Professorin Cornelia Koppetsch hat in ihren Arbeiten regelmäßig plagiiert. Jetzt hat ihre Universität sie suspendiert. Sie könnte ihre Lehrbefugnis verlieren.
Historisches Sachbuch
:Großzügige Nachlässigkeit
Lässt sich aus Baltasar Graciáns altem Herrscher-Lehrbuch „Der Held“ etwas für unser postheroisches Zeitalter lernen? Womöglich. Allerdings etwas ganz anderes, als man vermutet.
Neuer Text von Peter Handke
:Verzweiflung? Ihr könnt mich, alle!
Ein Büchlein als Heilmittel gegen politische Hysterie: Der Literaturnobelpreisträger Peter Handke denkt in „Schnee von gestern, Schnee von morgen“ entspannt über die Unbill der Zeit nach.
„Erbgut“ von Marlen Hobrack
:Was Mama nicht wegwerfen konnte
Offene Rechnungen, Putzmittel, sechs Staubsauger: In „Erbgut“ schildert Marlen Hobrack, was ihre verstorbene Mutter hinterlassen hat. Ein persönliches, aufwühlendes Buch.
Schriftstellerin Alice Munro
:Der Verrat
Nach Alice Munros Tod machte ihre Tochter den Missbrauch durch den Stiefvater öffentlich und wie die Mutter zu ihm hielt. Was bedeutet dieses Wissen für das Lesen ihrer Kurzgeschichten?
Jeremy Rifkin: „Planet Aqua“
:Aus Wasser gebaut
Schwimmen oder ertrinken? In seinem Buch „Planet Aqua“ fordert Jeremy Rifkin die Menschheit auf, sich endlich mit dem Element zu versöhnen, von dem sie abhängt: dem Wasser.
Buchmarkt
:Schlechte Zeiten, gute Zeichen
Dem deutschen Buchhandel ging es 2024 besser als erwartet. Die Frage ist nur: Gibt es eine wirklich nachhaltige Stabilisierung?
Bilderbuch
:Wenn der Biber „Moinsen“ sagt
Kaum Plot, keine Pointen und Figuren, die aussehen, wie von einem Grundschulkind gezeichnet: Über die Herrlichkeit von Jockum Nordströms „Sailor und Pekka erledigen was in der Stadt“.
Brände in Los Angeles
:Eine Traumwelt brennt
Die Villa Aurora, das Thomas-Mann-Haus, die Getty Villa – was in Kalifornien vom Feuer gefährdet oder vernichtet ist, ist auch von unschätzbarem kulturellen Wert. Ein gedanklicher Rundgang durch das Arkadien der Moderne.
Kinderbuch über Identität
:Wie ein Brief ohne Absender
In Enne Koens’ Roman „Von hier aus kann man die ganze Welt sehen“ macht sich ein Mädchen auf die Suche nach seiner Herkunft – und lernt dabei sein Stadtviertel und die verschiedenen Menschen darin kennen.
„Shitbürgertum“ von „Welt“-Herausgeber
:Poschardt-Buch abgesagt
Der Verlag findet den neuen Essayband des Springer-Publizisten und „Welt“-Herausgebers zu polemisch. Das Buch „Shitbürgertum“ sollte in wenigen Wochen erscheinen.
Nach Assads Sturz
:Geld her!
Baschar al-Assad hat seinem Land Milliarden gestohlen – Mittel, die Syrien jetzt dringend zum Wiederaufbau bräuchte. Europa darf nicht länger Tresor für das Diebesgut von Diktatoren sein.
Julia Schoch: „Wild nach einem wilden Traum“
:Wie man schreibend die Wirklichkeit erschafft
In „Wild nach einem wilden Traum“ vollendet Julia Schoch ihre Romanfolge „Biographie einer Frau“. Es ist eine Geschichte über die Kraft des literarischen Schreibens – und die der Liebe.
Alhierd Bacharevič’ „Europas Hunde“
:Das verbotene Buch
In seiner Heimat Belarus wurden alle Exemplare auf Feldern untergepflügt: Der so umwerfende wie anstrengende Roman „Europas Hunde“ von Alhierd Bacharevič bekommt in diesem Jahr den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.
Regierungsbildung in Österreich
:Hinter der Tapetentür
Zumindest das muss man meinem Land lassen: Die Ästhetik haben wir in Österreich drauf – selbst dann, wenn wir extrem Rechten wie Herbert Kickl die Schlüssel zur Republik überreichen.
Nachruf auf Hans Dieter Beck
:Der Unvermeidliche
Ohne seine Bücher kann kein Student Jura studieren, kein Staatsanwalt anklagen, kein Richter richten: Zum Tod von Hans Dieter Beck, dem größten juristischen Verleger in Europa.
Biografie über Victor Hugo
:Methodisch maßlos
Walburga Hülks Biografie über Victor Hugo ist die Geschichte eines öffentlichen Intellektuellen, der auch ein Schriftsteller war. Nicht umgekehrt.
Literatur
:Absurd und tragikomisch
Esther Dischereit erzählt in „Ein Haufen Dollarscheine“ eine jüdische Familiengeschichte zwischen 1942 und heute. Eine Herausforderung.
US-Kolumne: Washington, D. C.
:Der Poet, der uns retten wird
2025 wird grauenhaft? Höchstwahrscheinlich. Trost spendet der US-Dichter Frederick Seidel, nicht nur mit seinem Trump-Gedicht. Weshalb man sich den Mann gleich mal für den Nobelpreis vormerken sollte.
Wolf Haas: „Wackelkontakt“
:Der lustige Sohn der Avantgarde
Dem gewieften Erzähler Wolf Haas war es immer schon zu fad, einfach die Realität abzupinseln. In seiner Schreibwerkstatt gibt es keine simplen Techniken, dafür unendlichen Spaß – wie in seinem neuen Roman. Eine Begegnung in Wien.
Kulturtipps
:Worauf wir uns 2025 freuen
Beyoncé plant eine Überraschung, Chimamanda Ngozi Adichie veröffentlicht endlich einen neuen Roman und eine britische Lieblingsserie wird zum Blockbuster: Diese Kulturempfehlungen machen das neue Jahr schöner.
Jahrestage 2025: Thomas Mann
:Wie fühlen sich 150 Jahre an?
Jubiläen und kein Ende: Jedes Jahr gibt es Geburts- und Todestage bedeutender Menschen der Geschichte zu begehen. Was feiern wir da eigentlich? Geht uns der 6. Juni 1875, an dem Thomas Mann geboren wurde, heute noch etwas an?
„Kulturtechnik Kochen“
:Krümel unserer Eitelkeiten
Ein Kulturwissenschaftler, eine Köchin und ein Fotograf fahren von Basel nach Neapel und suchen nach den Geheimnissen barocker Schau-Essen. Eine Tour zum Schwelgen und Nachkochen.
Daniela Seel: „Nach Eden“
:Gesänge ausgerotteter Wale
Kann man noch Gedichte schreiben in dieser Welt? Oder muss man es gerade jetzt? Daniela Seel ist die prägnante Stimme, die ihre Freiheit dann findet, wenn sich das Ende des Lebens ankündigt.
Favoriten der Woche
:Wie ein Wunder
Eine liebevolle Netflix-Doku, eine Graphic Novel über NS-Erinnerungskultur und gläserne Schätze in Düsseldorf: besondere Empfehlungen der Woche aus dem SZ-Feuilleton.
Olga Grjasnowa: „Juli, August, September“
:Die Erinnerung ist ein unzuverlässiges Biest
In Olga Grjasnowas „Juli, August, September“ fragt sich eine junge Mutter: Wie jüdisch sind wir eigentlich? Und welche Geschichten gebe ich meinen Kindern weiter? Ein berührend suchender Familienroman.
Neue Dauerausstellung in der Monacensia-Bibliothek
:Biografie einer Münchner Villa
Die Monacensia gilt als literarisches Gedächtnis der Stadt an der Isar. Nun gibt es dort eine neue Dauerausstellung. Sie erzählt die spannende Vorgeschichte des Hildebrandhauses, wo die Bibliothek seit 1977 untergebracht ist.
Kinder-Sachbuch über „Freiheit“
:„Kinderzimmer sind keine Schutzräume mehr“
Wie redet man in der Familie über Krieg und Armut, aber auch über Freiheit und Demokratie? Ein Gespräch mit der Kinderbuchautorin Sybille Hein.
„Das All im eignen Fell“ von Clemens Setz
:Alle weimen
Clemens Setz hat einen nerdig-schönen Nachruf auf verlorene Twitterpoesie geschrieben.
Historikerinnen des Anthropozäns
:Wie eine Welt erklären, die brennt?
In der Klimakrise muss sich die Geschichtswissenschaft neu erfinden: Die Macht der Natur anerkennen, aber den Menschen nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Die Historikerin Sandra Maß macht wegweisende Vorschläge.
Michael Norton: „Rituale, die dein Leben verändern“
:Ah, das Klopapier hängt falsch herum!
Warum regen uns Kleinigkeiten oft so auf? Der Harvard-Psychologe Michael Norton sorgt in „Rituale, die dein Leben verändern“ für Klarheit.
Das Beste von 2024
:Die fünf, die bleiben
Auf einen Blick: Was man 2024 gehört, gesehen und gelesen haben muss. Nur eine Handvoll Höhepunkte des Jahres.
KI und Literatur
:Tausend Seiten in zehn Tagen
Eine Autorin veröffentlicht weit über hundert Sachbücher in einem Jahr. Wie ist das möglich? Eine Spurensuche in der Welt des Selfpublishing – und der KI.
100. Geburtstag von Friederike Mayröcker
:Ihre Stimme macht alle Selbstgespräche tröstlicher
Wenn man einmal in die Welt der Dichterin Friederike Mayröcker eingetaucht ist, kann man die Welt nie mehr anders sehen als in ihren Bildern. Vor hundert Jahren wurde sie geboren.
90 Jahre „Vater und Sohn“-Comics von e.o. plauen
:Widerstand ist nicht zwecklos
Joe Biden begnadigte seinen Sohn Hunter pünktlich zum 90. Geburtstag der „Vater und Sohn“-Comicstrips von e.o. plauen. Zufall oder Arbeitsauftrag des Universums?