Das menschliche Bedürfnis, neue Welten zu erobern, hat zu großen Abenteuern und Entdeckungen geführt. Aber wie wir wissen: auch zu sehr großen Problemen. Und wenn jetzt private Unternehmen damit anfangen, nach der Erde das Weltall zu erobern, hat man auch da ein ungutes Gefühl. Da hält man sich doch lieber an die Kunst. Denn auch sie kann einem Türen zu neuen Welten aufstoßen. Und dafür braucht man sich teilweise nicht einmal vom Fleck rühren. Im Falle von " I Hear a New World" muss man aber doch einige Schritte tun, und zwar bis in die Villa Stuck. Dort findet das gleichnamige Festival statt, welches das Münchner Museum knapp eine Woche lang in eine begehbare Installation, DIY-Werkstatt, bunte Geisterbahn und ein "Panoptikum eigenwilliger Figuren, Formen und Klänge" verwandelt.
Der Start dafür ist am 27. Februar. Und von da an hat man dann bis zum 3. März die Möglichkeit, vor der bis Sommer 2025 angesetzten Sanierung noch einmal die Ausstellungsräume in der Villa aufzusuchen. Diese werden sich täglich verändern. Denn das ist der eine Teil von "I Hear a New World": Dass die dazu eingeladenen Künstler die Räume gestalten und darin Performances aufführen. Um jeweils 15 Uhr wird zudem täglich die "Alien Bar" mit Bier, Café, Snacks und Plattenauflegen öffnen. Am Freitag und Samstag gibt es Konzerte, für die es im Gegensatz zum anderen Programm Tickets braucht. Am Sonntag klingt das Ganze dann um 13 Uhr mit einem kostenlosen Konzert der Hochzeitskapelle aus.
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Die Hochzeitskapelle steckt in Teilen auch hinter "I Hear a New World". Das heißt genauer: Markus und Micha Acher, die man auch von der Münchner Indierock-Institution The Notwist kennt und die das Festival zusammen mit Anne Marr von der Villa Stuck kuratiert haben. Der Titel ist einer Platte von Joe Meek entliehen, einem wegweisenden Experimental-Pop-Werk von 1960, das den Untertitel "An outer space music fantasy" trägt. Diesen Titel hatten sich die Acher-Brüder bereits 2022 ausgeborgt. Da fand die erste Ausgabe von "I Hear a New World" statt, damals inspiriert von einer Ausstellung zu Gustav Mesmer. Nun ist die anstehende technische Instandsetzung des Museums der Anlass. Sowie das Abschiedsprogramm "Last Exit Villa Stuck", zu dem die zweite Ausgabe als Programmpunkt gehört.
Ein weiterer Programmpunkt war die " Toy Tonics Pop Up Gallerie" am vergangenen Wochenende. Ein anderer ist der ebenfalls vom 27. Februar an täglich um 15 Uhr startende Workshop "Die Murmel rollt", wo Jung und Alt zusammen eine riesige Murmelbahn bauen können. Und dann findet am 27. Februar um 19 Uhr das "Politische Foyer" statt. Ein von der Schriftstellerin Dana von Suffrin moderiertes Gespräch zum Thema "Kunst und Politik", an dem der Dramaturg Sebastian Huber, die Kunstwissenschaftlerin Mira Anneli Naß und der Leiter des Literaturbereichs der Kunststiftung NRW Jan Valk teilnehmen. Inhaltlich soll es dabei vor allem um den Aktivismus gehen. Aktiv zu werden, das ist auch ein Zentralgedanke der Do-It-Yourself-Szene, die bei "I Hear a New World" ihr Forum bekommt.
"Uns hat die Idee so fasziniert, dass Leute diesen DIY-Gedanken auch in Kunst und Musik umsetzen, also viel selbst bauen und sich so ihre eigenen Welten da kreieren, sowohl klanglich als auch als Gemälde oder Bauten oder als Skulpturen". So beschreibt Markus Acher am Telefon die Motivation für die Neuauflage des kleinen Festivals. "Nur haben wir dieses Konzept, das damals eher musikalisch ausgerichtet war, jetzt nochmal umgedacht oder erweitert auf Künstlerinnen und Künstler, die auch visuell arbeiten". Oder "irgendwo zwischen Skulptur und Malerei, Sound und Performance". Wie etwa Katsura Mouri aus Kyoto, die so Acher, "eigentlich einen Plattenladen" hat. Die den Plattenteller aber auch als Musikinstrument benutzt und zudem dreidimensionale Werke sowie Videoarbeiten kreiert.
Ebenfalls aus Japan stammt Asuna, der am Freitag bei einem "großen Raumkonzert" 100 Spielzeugkeyboards in Stellung bringt und mit akustischen Phänomenen wie Interferenzklang und Moiré-Resonanz arbeitet. Für eine elektronisch-psychedelische Neufassung der Cumbia stehen wiederum Romperayo aus Kolumbien, die am Samstag auftreten. Mat Fowler und Aimée Henderson dürften manche bereits von der ebenfalls von den Acher-Brüdern veranstalteten "Alien Disko" kennen. Das britische Musiker- und Künstlerpaar arbeitet experimentell mit Alltagsgeräuschen, Haushaltsgegenständen, Zeichnungen, Malerei, Gitarren, Loop-Pedalen und Live-Projektionen. Auch der Brite Adam Higton verwebt mit Zeichnung, Collage, Teppichknüpfung, Animation und Musik mehrere Medien.
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Bear Kenchington, ebenfalls aus Großbritannien, arbeitet seit Jahren an einem sich ständig weiterentwickelnden Pedal-Orchester. Toby Messenger aus Glasgow plant eine "Live-Band-Installation aus recycelten Materialien". Der Münchner Noise-Künstler Rumpeln macht, was er immer macht: gehörigen Rummel. Und dann sind da noch die Zeichnerinnen Anna Kaufmann, Claudia Lieb und Barbara Yelin, die als "lebendige Porträt-Automaten" auftreten. Das Besondere: Alle Künstler bekommen einen eigenen Raum. Und wie gesagt: Man kann ihnen dort täglich bei dessen Ausgestaltung zuschauen. Für Markus Acher ist es dabei wichtig, dass es bei alldem nicht "so sakral und heilig" zugeht, wie oft in der Kunst, sondern bunt und unterhaltsam. Und dass man sich diese bunte Welt gemeinsam erobert.
I Hear a New World #2, 27. Feb. bis 3. März, Villa Stuck, Prinzregentenstr. 60, www.villastuck.de