Landtagswahl in Bayern:Bayerntrend sieht Freie Wähler im Umfragehoch

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FW-Chef Hubert Aiwanger (links) ist im aktuellen Bayerntrend im Umfragehoch. Die meisten Befragten wollen die Koalition von Ministerpräsident Markus Söders CSU mit den FW fortgeführt sehen. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Flugblatt-Affäre schadet Hubert Aiwanger offenbar nicht, doch glauben ihm längst nicht alle Befragten seine Erklärungen. Die Zuversicht der Bayern schwindet der Erhebung zufolge und das drängendste Problem ist nicht mehr die Energiewende.

Von Katja Auer

Nach der Flugblatt-Affäre um Bayerns stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger ist der Zuspruch für den FW-Chef ungebrochen. Seine Freien Wähler gewinnen deutlich an Zustimmung. In der Sonntagsfrage beim Bayerntrend, der repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des Bayerischen Rundfunks, geben 17 Prozent der Bayern an, ihr Kreuz bei den Freien Wählern zu machen, wenn am kommenden Sonntag Landtagswahl wäre. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als bei der letzten Umfrage im Mai. Auch andere Umfragen hatten bereits ein Plus für die FW ermittelt.

Größter Verlierer ist dem Bayerntrend zufolge die CSU. Nur noch 36 Prozent der Befragten würden der Partei von Markus Söder ihre Stimme geben, das sind drei Prozentpunkte weniger als vor einem halben Jahr. Auch Grüne (minus eins), SPD (minus zwei) und FDP (minus eins) verlieren, außer den FW gewinnt nur die AfD an Zuspruch. Sie kommt nun auf 13 Prozent, im Mai waren es noch zwölf. Die Freien Wähler würden so die Grünen als zweitstärkste Kraft ablösen, die noch auf 15 Prozent Zustimmung kämen. Die Liberalen wären mit drei Prozent nicht mehr im Landtag vertreten.

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Die Affäre um das hetzerische Flugblatt, das zu Schulzeiten in Aiwangers Schultasche gefunden wurde und für das er auch bestraft wurde, hat also keine negativen Folgen für seine Beliebtheit und die seiner Partei im Land - im Gegenteil. Auch nicht die zahlreichen Vorwürfe ehemaliger Mitschüler, wonach er in der Schule eine rechtsextreme Gesinnung gezeigt habe. Aiwanger räumte die Sache mit dem Flugblatt ein und entschuldigte sich, als angeblicher Verfasser bekannte sich allerdings sein Bruder. An andere Sachen kann sich der FW-Chef seinen Angaben zufolge nicht erinnern, auch die Antworten auf die 25 Fragen, die ihm der Ministerpräsident vorlegte, fallen wortkarg und wenig erhellend aus.

Dennoch halten die meisten Anhänger von Freien Wählern, CSU und AfD die Erklärungen Aiwangers zu den damaligen Vorkommnissen für glaubwürdig. Dem Bayerntrend zufolge sind es 79 Prozent der FW-Anhänger und immer noch 65 beziehungsweise 62 Prozent der CSU- und AfD-Sympathisanten. Anders sieht es bei SPD und Grünen aus. 70 Prozent der SPD-Anhänger und sogar 85 Prozent der Grünen-Anhänger glauben Aiwanger nicht. Insgesamt ist es knapp mehr als die Hälfte der Befragten, die Aiwanger seine Erklärung abnimmt.

Noch mehr, nämlich 68 Prozent der Bayern, halten es demnach für richtig, dass Söder Aiwanger nicht aus dem Amt entlassen hat. Auch da ist Zustimmung nach Parteianhängern unterschiedlich. Die Anhänger von FW (92 Prozent), CSU (88) und AfD (81) halten die Entscheidung mehrheitlich für gut, bei der SPD sind es nur 35 Prozent, bei den Grünen 22 Prozent.

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich frustriert, dass sich die Freien Wähler in einem Umfrage-Hoch befinden. Offensichtlich habe die Kritik an Aiwanger dazu geführt, dass er bei seiner Wählerschaft nicht geschwächt, sondern gestärkt worden sei, kritisierte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Das Ergebnis der ganzen Debatte sei "einigermaßen erschütternd und ernüchternd". Dass sich Aiwanger als Opfer einer Kampagne geriere, gehe einfach nicht, sagte Kretschmann. Aiwanger selbst habe das ausgelöst. In seinen Antworten an Söder habe Aiwanger zudem so gut wie nichts zum Sachverhalt beantwortet. "Das spricht alles für sich."

Auf die Bewertung der Koalition im Allgemeinen und der Zufriedenheit mit Söder und Aiwanger im Besonderen scheint sich die Affäre indes kaum auszuwirken. Weiterhin hält eine knappe Mehrheit der Befragten (51 Prozent) die schwarz-orange Koalition für gut oder sehr gut, an zweiter Stelle käme eine CSU-Alleinregierung, die 34 Prozent gutheißen würden. Leicht an Zustimmung gewonnen haben die Kombinationen aus CSU und SPD (28 Prozent) und CSU und Grüne (24 Prozent). Eine schwarz-gelbe Koalition wünschen sich nur noch 25 Prozent der Befragten, das sind acht Prozentpunkte weniger als im Mai.

Mit Ministerpräsident Söder sind 56 Prozent der Bayern zufrieden, eine leichte Steigerung um einen Prozentpunkt zum Mai. Damit liegt er etwas höher als zum Beginn seiner Amtszeit, aber deutlich unter dem Mehr-als-90-Prozent-Hoch während der ersten Corona-Monate Anfang 2020. Aber auch höher als zum Ende der Corona-Zeit, als viele Menschen offenbar der Sanktionen müde waren.

Im Ländervergleich liegt Söder an vierter Stelle - zumindest bei den zehn Bundesländern, in denen es Vergleichswerte gibt. Demnach ist Daniel Günther (CDU) aus Schleswig-Holstein der beliebteste Ministerpräsident Deutschlands. Mit ihm sind 69 Prozent seiner Bürgerinnen und Bürger zufrieden. Es folgen Anke Rehlinger (SPD) aus dem Saarland mit 64 und Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen mit 63 Prozent Zustimmung. Dann kommt Söder.

Die Stimmung in der Bevölkerung ist dem Bayerntrend zufolge nicht sehr gut

Die Zufriedenheit mit Aiwanger stagniert bei den Befragten bei 48 Prozent. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze gewinnt leicht und erreicht 25 Prozent, ihr Co-Fraktionschef Ludwig Hartmann liegt bei 15 Prozent. Allerdings ist er auch deutlich unbekannter, 40 Prozent der Befragten kennen ihn, Schulze hingegen mehr als 60 Prozent. Bei Söder und Aiwanger sind es mehr als 90 Prozent. Den SPD-Spitzenkandidaten Florian von Brunn kennen inzwischen immerhin 42 Prozent der Bayern, die Zufriedenheit mit ihm steigt um fünf Prozentpunkte auf 17 Prozent.

Die Stimmung in der Bevölkerung ist dem Bayerntrend zufolge im Freistaat nicht sehr gut. Mehr als die Hälfte sieht in den derzeitigen Verhältnissen eher einen Anlass zur Beunruhigung als zur Zuversicht. Interessant ist, dass es allein bei den CSU-Anhängern umgekehrt ist.

Geändert hat sich die Einschätzung der Themen. Im Mai lag noch die Energiepolitik vorne, nun geben 27 Prozent der Befragten an, dass Zuwanderung und Flucht das wichtigste politische Problem in Bayern sei, das gelöst werden müsse. Die meiste Kompetenz dabei wird der CSU zugeschrieben, auch wenn die AfD in dem Themenbereich Zuwächse hat. Der CSU trauen die Befragten in allen Themenfeldern am ehesten eine Lösung der Probleme zu, allein beim Klima und Umwelt liegen die Grüne vorne.

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