Gipfel in Japan:G-7-Länder beraten über härtere Sanktionen gegen Russland

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Die Staats- und Regierungschefs der G-7-Staaten, sowie als Vertreter der EU, Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel am Freitag auf dem Gipfel in Hiroshima. (Foto: AP/AP)

Die Staats- und Regierungschefs wollen weitere Maßnahmen beschließen, die Moskau die Kriegsführung gegen die Ukraine erschweren. Zum Beispiel soll der Export von Rohdiamanten eingeschränkt werden.

Auf ihrem Gipfel im japanischen Hiroshima beraten die G-7-Länder darüber, Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter wirtschaftlich zu sanktionieren, etwa durch Einschränkungen beim Rohstoffhandel. Die USA und Großbritannien kündigten kurz vor Beginn des Gipfeltreffens neue Strafmaßnahmen an. London will ein Importverbot für russische Diamanten sowie Kupfer, Aluminium und Nickel aus Russland verhängen.

Die ukrainische Regierung bestätigte unterdessen am Freitag, dass Präsident Wolodimir Selenskij persönlich am Gipfeltreffen in Hiroshima teilnehmen wird. Selenskij werde zu dem Treffen reisen, sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, Olexij Danilow, dem staatlichen Fernsehen. "Dort werden sehr wichtige Dinge entschieden werden, und deshalb ist die Anwesenheit unseres Präsidenten absolut notwendig, um unsere Interessen zu verteidigen", fügte er hinzu.

Russlands Krieg gegen die Ukraine gehört zu den Hauptthemen des Gipfels in Japan. Schon vor dem Treffen war bekanntgeworden, dass alle G-7-Staaten den Export von Rohdiamanten aus Russland einschränken wollen. Eine entsprechende Gipfelerklärung soll beschlossen werden, wie Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur sagten. Die G 7 wollen auch beraten, wie sie bestehende Sanktionen besser durchsetzen und Schlupflöcher stopfen können.

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Und wer zieht mit? An diesen Fragen arbeiten sich die EU-Mitgliedsländer ab. Beim G-7-Gipfel dürfte es vor allem darum gehen, wie die Umgehung der bereits existierenden Regeln verhindert werden kann.

Von Hubert Wetzel

Ein US-Regierungsvertreter sagte, alle G-7-Staaten bereiteten neue Sanktionen und Ausfuhrkontrollen vor. Zu den Plänen der Partner wolle er sich nicht im Detail äußern. "Aber die Vereinigten Staaten werden ein umfangreiches eigenes Maßnahmenpaket auf den Weg bringen." Ziel sei es, den wirtschaftlichen Druck auf Russland zu erhöhen und es noch schwerer zu machen, seine Kriegsmaschinerie zu unterhalten.

China attackiert die USA in scharfem Tonfall

Unterdessen kritisiert Peking die USA heftig in einem Bericht, den das chinesische Außenministerium pünktlich vor Beginn des Gipfels in Japan vorlegte. Darin wird etwa Washington als "eigentlicher Anstifter der Zwangsdiplomatie mit einer schändlichen dunklen Geschichte" angeprangert.

Die Veröffentlichung kontert Pläne der G 7, bei ihrem Treffen von Freitag bis Sonntag mit Blick auf China "wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen" zu verurteilen. Die USA beschuldigten andere Länder, wirtschaftlichen Zwang und Großmachtpolitik zu nutzen, besäßen aber vielmehr selbst die "Urheberrechte" dafür, heißt es in dem Bericht. Washington nutze "verschiedene Schurkenmittel" wie einseitige Sanktionen, wirtschaftliche Blockaden, militärische Drohungen, politische Isolation und technische Hürden, heißt es in dem Bericht vor Beginn des Gipfels, auf dem China neben Russland und dessen Angriffskrieg in der Ukraine eine große Rolle spielt.

Zum Abschluss ihrer Beratungen wollen sich die G-7-Staaten nach japanischen Medienberichten in einer Erklärung gegen "wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen" wenden, ohne aber China ausdrücklich zu nennen. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte aber im Vorfeld direkt auf China verwiesen. Sie nannte als Beispiele Australien und Litauen, die China wegen politischer Differenzen schwer unter Druck gesetzt hatte.

G 7 gedenken der Opfer des Atombombenabwurfs über Hiroshima

Zu Beginn des Gipfels ehrten die Staats- und Regierungschefs die Toten des ersten Atombombenabwurfs am 6. August 1945 über Hiroshima mit Kranzniederlegungen am Mahnmal in der Stadt, die bei dem US-Angriff im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört worden war. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte nach seiner Ankunft in Japan gesagt, Hiroshima sei ein "Mahnmal, dass wir eine Verantwortung haben für Frieden und Sicherheit in der Welt".

Auch US-Präsident Joe Biden legte einen Kranz nieder. So wie der frühere US-Präsident Barack Obama, der den Friedenspark von Hiroshima 2016 besucht hatte, wollte er sich beim G-7-Gipfel nicht für den Atombombenabwurf seines Landes entschuldigen. Japans Ministerpräsident Fumio Kishida hat als Gastgeber Hiroshima als Tagungsort ausgewählt.

Über dem Zentrum von Hiroshima hatte der US-Bomber "Enola Gay" am Morgen des 6. August 1945 eine Atombombe mit dem harmlos klingenden Namen "Little Boy" abgeworfen. Eine zweite Bombe traf drei Tage später Nagasaki. Es waren die ersten und bislang einzigen Atomwaffenangriffe der Kriegsgeschichte. Schätzungsweise mehr als 70 000 Menschen starben in Hiroshima auf einen Schlag, bis Ende 1945 waren es schon 140 000. In Nagasaki starben bis Jahresende etwa 70 000 Einwohner. Die genaue Opferzahl wird sich nie ermitteln lassen, weil viele erst an Spätfolgen der Strahlung starben.

Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine soll der Gipfel an diesem symbolträchtigen Ort auch an die Folgen eines Einsatzes von Kernwaffen erinnern. Der russische Präsident Wladimir Putin hat seit Beginn der Invasion wiederholt mit dem Atomwaffenarsenal seines Landes gedroht, was von den G-7-Ländern scharf verurteilt wird.

Zur G-7-Gruppe gehören - neben Gastgeber Japan - Deutschland, die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada sowie die Europäische Union. Auch über die schwierige Lage der Weltwirtschaft und Fragen des Klimaschutzes will die Gipfelrunde beraten.

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