München heute:Freistaat lässt Dutzende Häuser leer stehen / Engpass bei Küche und Service

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Gesuchte Arbeitskraft: Eine Bedienung läuft mit Getränken in der Hand durch den Biergarten des Hofbräukellers. (Foto: Felix Hörhager/picture alliance/dpa)

Nachrichten und Lesenswertes aus der Stadt.

Von Tom Soyer

Wer ins Gasthaus zum Essen geht, zahlt immer eine Menge mehr, als wenn er sich das Essen - so er's könnte - daheim selbst zubereitet. Das wissen wir alle, und doch ist so ein Besuch hin und wieder eine herrliche kleine Flucht aus dem Alltag. Der Genuss von Freiheit mit dem Gaumen. Weil einem da immer auch ein Gesamtkunstwerk geboten wird. Nehmen wir, nur mal als Beispiel, die Münchner Gaststätte Großmarkthalle beim Wallner, wo die Weißwürscht natürlich auch nur Weißwürscht sind, aber ein atmosphärisch verdichtetes Stück München mitgeliefert wird, das Reiseführer fälschlich etwa im Hofbräuhaus verorten, obwohl der Münchner an sich viel lieber zum Wallner geht. Das hat neben den ausgezeichneten Weißwürsten einen einfachen Grund: Das rustikal-erfahrene Team der Kellnerinnen ist mindestens so "original" wie das Gasthaus an der Großmarkthalle, kann sich rhetorisch auf den Gmiashandler ebenso einstellen wie auf den zufällig hereingeschneiten Auswärtigen, hat immer einen guten Spruch beim Servieren. Ein Gesamtkunstwerk also, das man sich daheim nicht selbst im Topf warmmachen kann. In diese heile Welt dringen seit geraumer Zeit aber Alarmrufe: Personalnotstand! Gastronomie-Funktionärinnen und -Funktionäre stimmen ein in den Chor all derer, die schon seit Jahren einen Fachkräftemangel beklagen, und verweisen auf die Folgen der Corona-Schließungen, die alles noch viel schlimmer gemacht haben. Fachpersonal ist aus der Branche abgewandert, neues kaum zu finden. Zu welchen skurrilen Auswirkungen der Personalmangel inzwischen in München führt, hat mein Kollege Franz Kotteder hier für Sie zusammengefasst.

Dass man trotzdem nicht resignieren muss, zeigt jetzt ein ziemlich innovationsbereiter Wirt im Dachauer Stadtteil Pellheim. Der ist vom Personalnotstand konsequent zur Personalnotwehr übergegangen - und hat sich einen Servierroboter als Unterstützung angeschafft. Oder: eine Roboterin, denn er nennt sie vorläufig "Zenzi". Sieht ein bisschen aus wie die Kreuzung aus einer Haushaltstrittleiter und dem Servier-Rollwägelchen "Dinette", welches unsere Eltern in den Sechziger Jahren als kleinen Haushaltsluxus erwarben, aber natürlich angereichert um digitales Display und App-gesteuerte Navigation im Gastraum.

Wirt Ewald Zechner, der neben dem "Ligsalz" auch noch Festwirt beim weithin bekannten Dachauer Volksfest ist, ist ziemlich zufrieden mit Zenzi, obwohl sie die Bedienung nicht ganz ersetzt, sondern stets nur entlastend ergänzt. Die Reaktionen schildert er bislang so, dass Zenzi wohl bei der Kundschaft noch nicht wirklich als großer Beitrag zum Gasthaus-Gesamtkunstwerk bewertet wird. Aber was will man erwarten? Er hat sich für das billigere Modell entschieden, das nur Hochdeutsch spricht. Es gebe, sagt er, auch eine Version, die Bairisch drauf habe. Ein interessantes Experiment ist's allemal - und ein Behelf wohl nur so lange, wie sich der chinesische Hersteller nicht mit den Wallner-Bedienungen zusammentut und deren Servierbairisch digitalisiert.

DER TAG IN MÜNCHEN

Freistaat lässt Dutzende Häuser in München leer stehen Allein in Hartmannshofen sind fast 30 Anwesen ungenutzt, viele schon seit Jahren. Die SPD fürchtet, dass die Grundstücke an private Investoren verkauft werden.

Als ob Wohnungsnot für die CSU ein Fremdwort wäre Dutzende Häuser lässt der Freistaat leer stehen, und das in München. Ein Witz? Nein, ein weiteres Beispiel für die misslungene Wohnungspolitik der Staatsregierung. Zum Kommentar.

Wenn der Klassenrat tagt Am Theodolinden-Gymnasium in Untergiesing-Harlaching besprechen Schüler einmal die Woche ihre Probleme. Lehrer dürfen dann nur zuhören. Ein Modellversuch mit erstaunlichen Ergebnissen.

Kommen jetzt neue Windräder? Die bayerische Landesregierung setzt auf mehr Windkraft. Damit bis zu 800 neue Windräder gebaut werden können, lockert sie die 10-H-Regel. Doch für manche Gemeinden ändert sich dadurch gar nichts - die Probleme liegen woanders (SZ Plus).

Siemens bringt den ICE nach Ägypten Das Münchner Unternehmen baut ein neues Hochgeschwindigkeitsnetz für das afrikanische Land - für mehr als acht Milliarden Euro. Es ist ein Prestige-Erfolg, dem weitere Bestellungen folgen sollen.

Wie in besseren Zeiten Feiernde und Tanzende drängen sich auf der Leopoldstraße zwischen Bratwurstbuden und Bierbänken. Beim Corso Leopold bleiben Autos, Krieg und Pandemie draußen - fast zumindest.

Ein Klimabudget fürs Stadtviertel Der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt reserviert künftig rund 15 Prozent seiner Mittel, für Klima-, Umwelt-, Artenschutz- oder Nachhaltigkeitsprojekte.

Polizeieinsätze wegen Männern mit Messern Binnen drei Stunden musste die Polizei am Samstag zwei Mal mit einem Großaufgebot ausrücken, weil Männer andere Menschen mit Küchenmessern bedrohten.

MÜNCHEN ERLESEN

SZ PlusMissbrauch in der Familie
:Wenn sexuelle Übergriffe die Behörde kalt lassen

Weil ein Bruder sie vergewaltigt habe, beantragt eine Frau Opferentschädigung. Das Versorgungsamt lehnt ab: Gewalt habe der Täter nicht ausgeübt - und sie sei damals ja schon 16 Jahre alt gewesen.

Von Bernd Kastner

Ukrainische Familien in München
:"In Kiew fühlt es sich an wie auf einem anderen Planeten"

Die einen haben hier Arbeit gefunden, die anderen es gewagt, in ihr Heimatland zurückzukehren. Die Süddeutsche Zeitung begleitet drei ukrainische Familien, die in München Zuflucht fanden.

Von Sophia Baumann, Barbara Galaktionow (Text) und Felix Hunger (Design)

UNSER KULTURTIPP

Autor Eric Pfeil
:Mit mehr als 100 Songs durch Italien

Der Songwriter und Autor Eric Pfeil hat einen musikalischen Reiseführer geschrieben: "Azzurro" ist eine vielseitige Hommage an den Italo-Pop. Nun gastiert er damit in München.

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