Bauernproteste:Kundgebung und Traktorenkolonne - was für diesen Montag geplant ist

Lesezeit: 3 min

Bundesweit führt die Politik der Ampel zu Protesten unter Bauern, auch in München und Bayern sind Kundgebungen und Streiks angekündigt. (Foto: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Florian Wiegan)

Der Bayerische Bauernverband startet in seine Aktionswoche gegen die Bundespolitik: Mit tausend Traktoren wollen die Protestierenden in die Innenstadt rollen, Münchner müssen mit massiven Verkehrseinschränkungen rechnen. Für elf Uhr ist eine Kundgebung am Odeonsplatz angesetzt.

Von Joachim Mölter

Die Münchner Polizei rät allen Pendlern sowie den Einwohnern, am Montag nach Möglichkeit nicht mit dem Auto in oder durch die Stadt zu fahren, sondern lieber auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Grund ist die Auftaktveranstaltung einer Aktionswoche des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), die dieser aus Protest gegen die Politik der Bundesregierung ausgerufen hat. Kern der Auftaktveranstaltung ist eine zweistündige Kundgebung, die von elf Uhr an auf dem Odeonsplatz abgehalten wird.

Die Polizei rechnet "bereits ab den frühen Morgenstunden mit Verkehrsbehinderungen im gesamten Bereich des Stadtgebietes", weil die vom BBV avisierten 5000 Teilnehmer unter anderem mit tausend Traktoren oder noch mehr in die Innenstadt tuckern wollen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit der landwirtschaftlichen Fahrzeuge beträgt 40 km/h, in einer Kolonne dürften sie deutlich langsamer unterwegs sein. Wie die Polizei weiter mitteilte, seien bereits die Anfahrten der Teilnehmer als "sich fortbewegende Versammlungen" angemeldet worden.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Die Demonstranten treffen sich in der Früh ab etwa sechs Uhr an verschiedenen Sammelstellen außerhalb der Stadt und fahren dann sternförmig durch München zum Odeonsplatz. Die Wege sollen dabei über den Mittleren Ring von Norden in die Leopold- und Ungererstraße münden und weiter in die Ludwigstraße. Die Polizei rechnet damit, dass die ersten Traktoren bereits gegen 9.30 Uhr vor dem Odeonsplatz eintreffen und dann in der Ludwigsstraße abgestellt werden. Der Plan der Einsatzkräfte ist, die Ludwigstraße auf beiden Seiten mit den Fahrzeugen zu füllen, aber so, dass große Kreuzungen sowie Fahrspuren in beiden Richtungen für Rettungsfahrzeuge frei bleiben.

Sollte die Ludwigstraße nicht reichen als Abstellfläche, wird diese über das Siegestor hinaus in die Leopoldstraße verlängert. Sollte auch dort alles belegt sein, werden die weiteren landwirtschaftlichen Fahrzeuge zur Theresienwiese gelotst, die als zusätzlicher Parkplatz zur Verfügung steht. Von dort sollen die Kundgebungsteilnehmer dann mit der U-Bahn zum Odeonsplatz gelangen. Die Polizei rechnet ab 13.30 Uhr mit der individuellen Abfahrt der Teilnehmer; Verkehrsbehinderungen seien bis in den Nachmittag hinein zu erwarten.

Im Windschatten der Bauern macht die rechte Szene mobil

"Wir haben keine Erkenntnisse, dass es zu geplanten Störaktionen kommen soll", sagte Polizeisprecher Andreas Franken am Sonntag. Der veranstaltende Bauernverband sei sehr kooperativ bei den Bemühungen um eine friedliche Protestveranstaltung. Jauche, Gülle oder Odel als Kundgebungsmittel einzusetzen und abzulassen, sei im Versammlungsbescheid ausdrücklich untersagt.

Wohl auch angesichts der Vorfälle um Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), den ein wütender Mob am Donnerstagabend in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert hatte, warnte die Münchner Polizei dennoch ausdrücklich: "Gezielte Blockaden, die rein zu Störungen führen sollen, werden keinesfalls toleriert, sondern konsequent von den polizeilichen Einsatzkräften im Rahmen der Möglichkeiten unterbunden beziehungsweise verfolgt." Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte die Landwirte zuvor schon bei einer Pressekonferenz in Nürnberg zur Ordnung gemahnt: "Ich kann nur dringend raten, die Grenzen richtig zu setzen." Auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) appellierte an die Demonstrierenden, "sich an die Regeln zu halten und keine Straftaten zu riskieren". Zudem forderte sie, darauf zu achten, "dass keine radikalen und verfassungsfeindlichen Kräfte die friedlichen Demonstrationen unterwandern und für ihre Zwecke missbrauchen".

SZ PlusDroht eine Eskalation der Bauernproteste?
:Mit Traktoren, Galgen und Feuerwerkskörpern

Ein Mob wütet gegen Robert Habeck, dabei soll es doch erst am Montag richtig losgehen mit den Bauernprotesten gegen die Ampel. Radikale Kräfte versuchen, die Aktionswoche zu kapern, und rufen zum "Generalstreik" auf. Was kommt da auf die Republik zu?

Von Tim Frehler, Christoph Koopmann und Benedikt Peters

Dieser Hinweis ist nicht unbegründet, denn im Windschatten der Bauern-Proteste macht gerade die rechte Szene mobil. So kursieren auf verschiedenen Medienplattformen nicht nur Aufrufe zur Unterstützung der Landwirte am Montag, sondern darüber hinaus gehend auch zu Streiks. Zu Streiks dürfen jedoch nur Gewerkschaften aufrufen. Und auf seinem Telegram-Kanal verbreitet das der Querdenker-Szene zuzurechnende Bündnis "München steht auf" beispielsweise ein Schreiben des Bielefelder Jura-Professors Martin Schwab, Spitzenkandidat der rechtsgerichteten Partei "Die Basis" bei der Landtagswahl 2022 in NRW, in dem er recht deutlich zur Spaltung des Bauernverbandes aufruft: "Solche ,Interessenverbände' brauchen wir nicht! Es ist längst die Zeit gekommen, da die Zivilgesellschaft sich ohne solche Verbände organisieren muss." Dabei geht es solchen Aufwieglern in aller Regel nicht um die Anliegen der Landwirte, sondern um eine Generalabrechnung mit dem politischen System, bis hin zu dessen Abschaffung.

Das Vorhaben der Bundesregierung sei nach wie vor "indiskutabel"

Der Zorn der Bauern entzündete sich bereits im Dezember am Vorhaben der Bundesregierung, ihnen bisher gewährte Steuererleichterungen für Agrardiesel und Kfz zu streichen. Das hat die Regierung in Berlin zwar teilweise wieder zurückgenommen, aber "die Vorschläge sind für mich und den Bauernverband nach wie vor indiskutabel", sagt der BBV-Präsident Günther Felßner. Weshalb sein Verband die Proteste fortsetzen will. Dass er ankündigt, "wir werden notfalls Deutschland lahmlegen" und von "Eingriffen in die Infrastruktur" spricht, um seine Forderungen durchzusetzen, lockt freilich extremistische Gruppierungen mit verfassungsfeindlichen und umstürzlerischen Zielen geradezu an.

"Man möchte keine Unterwanderung", hat Münchens Polizeisprecher Franken aus den Unterredungen mit den Organisatoren des Bauern-Protests abgeleitet: "Ob man das verhindern kann, wird man sehen." Allein vom Münchner Präsidium werden am Montag schätzungsweise rund 400 Beamte im Einsatz sein. Man sei zudem in Kontakt mit weiteren Polizeiverbänden in Oberbayern, in deren Zuständigkeitsbereichen die Traktor-Kolonnen starten. Je nach Entwicklung der Lage am Montagmorgen werde man schnell reagieren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBauernprotest
:Der letzte Tropfen

Preisverfall beim Weizen, Dürre auf den Feldern - und jetzt auch noch die Abschaffung der Diesel-Subvention. Warum bei Landwirten nach einem "Scheißjahr" die Wut auf die Regierung in Berlin aktuell so groß ist.

Von Martin Mühlfenzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: