Haushalt:Protestwirkung

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Die Wut der Bauern über höhere Steuern war groß: Traktorkolonne in Berlin im Dezember. (Foto: Fabian Sommer/DPA)

Die Ampelregierung will die Steuervergünstigungen für Bauern weniger stark kürzen als geplant. Die Plastikabgabe verschiebt sich um ein Jahr.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Die Spitzen der Ampelregierung haben sich auf Änderungen am Sparpaket für den Haushalt 2024 geeinigt. Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Donnerstag mit. Im Zentrum stehen die ursprünglich vorgesehenen Subventionskürzungen in der Landwirtschaft. Nach wochenlangen Verhandlungen hatten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner Mitte Dezember darauf verständigt, die Begünstigungen beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer für landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge zu streichen. Zusammengenommen sollte beides einen Sparbeitrag von 950 Millionen Euro erbringen. Nach massiven Bauernprotesten und Kritik aus den Ampelfraktionen sollen die Kürzungen nun weniger drastisch ausfallen.

Auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbegünstigung wird komplett verzichtet; die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll stufenweise statt auf einen Schlag gekürzt werden: Dieses Jahr müssen die Landwirte zunächst nur auf 40 Prozent des bisherigen Entlastungsvolumens verzichten, zu Beginn der beiden kommenden Jahre dann auf jeweils weitere 30 Prozent. "Es ist jetzt gelungen, eine Lösung zu finden, die den Landwirten hilft", sagte Habeck. Bauernpräsident Joachim Rukwied zeigte sich dennoch unzufrieden: "Unsere Position bleibt unverändert", sagte er. "Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch." Es gehe auch um die Zukunftsfähigkeit der Branche und um die Frage, "ob heimische Lebensmittelerzeugung überhaupt noch gewünscht ist".

Bei der Bahn soll es Eigenkapitalerhöhungen geben

Auch jenseits der Agrarkürzungen haben sich Scholz, Habeck und Lindner auf Änderungen geeinigt. So soll die schon bestehende Plastikabgabe an die EU erst zum 1. Januar des kommenden Jahres auf die Hersteller umgelegt werden; noch wird sie aus dem allgemeinen Haushalt bestritten. Die Verschiebung sei notwendig, um mehr Zeit für eine "bürokratiearme Lösung" zu gewinnen.

Fest steht nun auch, wie die Deutsche Bahn gestärkt werden soll. Um deren Investitionsbedarfs zu decken, soll es bis 2029 Eigenkapitalerhöhungen von insgesamt 20 Milliarden Euro geben. Dieses und nächstes Jahr sollen es jeweils 5,5 Milliarden Euro sein, wofür der Bund Beteiligungen an anderen Unternehmen verkaufen will.

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Laut Regierungssprecher Hebestreit führen die Änderungen zu einer um 2,5 Milliarden Euro geringeren Entlastung im Haushalt für das laufende Jahr als ursprünglich geplant. Zur Kompensation dieser Lücke will die Regierung die Einnahmen aus der Versteigerung von Wind-Offshore-Lizenzen breiter verwenden, als das eigentlich vorgesehen war - 780 Millionen Euro sollen in den allgemeinen Haushalt fließen statt in spezielle Meeresprojekte. Außerdem muss das Agrarministerium von Minister Cem Özdemir (Grüne) einen zusätzlichen Sparbeitrag von 100 Millionen Euro erbringen - als Ausgleich für die geringere Belastung der Bauern. Der Rest soll durch "Spielräume, die sich aus aktualisierten Wirtschafts- und Haushaltsdaten" im Haushalt ergeben, bestritten werden.

Derzeit arbeitet das Finanzministerium an einer sogenannten Formulierungshilfe für den Bundestag, damit der Haushalt 2024 finalisiert werden kann. Weil das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse die bisherige Haushaltsplanung über den Haufen geworfen hat, musste die Regierung mit einer vorläufigen Haushaltsführung ins neue Jahr starten. Der Haushalt 2024 soll nun in den kommenden Wochen vom Haushaltsausschuss zusammengeschnürt und vom Parlament beschlossen werden. Der Bundesrat könnte den Entwurf dann am 2. Februar beschließen.

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