Bauernproteste:SPD: CSU und Freie Wähler verhalten sich verantwortungslos

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In ganz Deutschland wollen Landwirte von Montag an demonstrieren. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Mit ihren Äußerungen zeigten Ministerpräsident Söder und sein Stellvertreter Aiwanger "öffentlich Verständnis für Rechtsbruch". Innenminister Herrmann warnt Landwirte vor Gesetzesüberschreitungen und befürchtet, dass "Extremisten" versuchen, die Lage auszunutzen.

CSU und Freie Wähler reagieren nach Ansicht von Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn verantwortungslos auf die Bauernproteste. "Es ist brandgefährlich von Markus Söder zu behaupten, die Form der Proteste zeige, dass 'ein ganz großer Teil der Bevölkerung überhaupt keine Hoffnung hat, auf normalem Wege eine Veränderung zu erreichen'", teilte von Brunn am Sonntag in München mit. "Mit solchen Aussagen zeigt er öffentlich Verständnis für Rechtsbruch und bedient Verschwörungstheorien." Der Weg zu Veränderung in einer Demokratie seien Wahlen und Abstimmung im Parlament.

Bayerns Ministerpräsident Söder hatte am Samstag zum Auftakt der CSU-Winterklausur im oberbayerischen Kloster Seeon grundsätzlich Verständnis für die Proteste gezeigt. Diese müssten aber auf rechtsstaatlichem Boden stattfinden. Zugleich warnte er davor, dass "radikale Gruppen wie die AfD versuchen" würden, die aktuellen Proteste für eigene Ziele auszunutzen. Die Form der Proteste zeige, dass "ein ganz großer Teil der Bevölkerung überhaupt keine Hoffnung hat, auf normalem Wege eine Veränderung zu erreichen".

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Ähnlich wie CSU-Chef Söder hatte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bereits am Freitag geäußert. "Das Verfolgen eines hehren Zieles ist keine Rechtfertigung, Straftaten zu begehen", sagte Herrmann bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner in Nürnberg. Herrmann bezeichnete das politische Anliegen der Landwirte als "mehr als verständlich", Bayern sei stolz auf seine Landwirte. "Ich kann gut nachvollziehen, dass sich Bauern zu Protesten zusammenschließen", sagte der CSU-Politiker. Es sei aber auch nicht auszuschließen, dass sich Extremisten unter die Landwirte mischten, der Verfassungsschutz sei wachsam.

Thorsten Grimm, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Bayern, sieht laut einer Pressemitteilung für die kommende Woche eine Welle der personellen Überlastung auf die Beamten zukommen. Dabei sei nicht jede Protestform auch statthaft. "Bei allem Verständnis für die politischen Proteste, zu denen die Landwirte am Montag und in der kommenden Woche zu Recht aufgerufen haben, aber viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar", sagt Grimm laut Mitteilung.

Bauernpräsident Felßner zeigte hinsichtlich der Zugeständnisse der Bundesregierung keine Kompromissbereitschaft. Die Vorschläge seien "indiskutabel". Die Intensität der Proteste werde im Laufe der nächsten Woche zunehmen. Sollte die Bundesregierung nicht einlenken, schloss er auch Eingriffe in die Infrastruktur sowie Arbeitsniederlegungen mit Auswirkungen für die Versorgung der Bevölkerung nicht aus. Zudem soll es zu Blockaden von Autobahnzufahrten kommen. "Wir werden notfalls Deutschland lahmlegen."

In ganz Deutschland wollen Landwirte von Montag an gegen die Sparpläne der Bundesregierung, die die Agrardiesel-Vergünstigungen abschaffen will. Für breite Kritik hatte eine Aktion am Donnerstagabend gesorgt, als Bauern an der Nordseeküste einen Fähranleger blockierten und Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) daran hinderten, an Land zu gehen.

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Vor dem Hintergrund bezeichnete von Brunn "die Stimmungsmache" von Freie Wähler-Chef und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger als "besonders gefährlich". Dieser hatte am Samstag beim Dreikönigstreffen in Bad Füssing die Bauernproteste als "politische Notwehr" bezeichnet. "Aiwanger spricht von Notwehr angesichts von randalierenden Bauern, die den Vizekanzler bedrohen. Er entschuldigt schwere Straftaten, die von gewaltbereiten Demonstranten gegen ein Verfassungsorgan begangen wurden", kritisierte von Brunn.

Proteste wohl mit Auswirkungen auf den Schulunterricht

Die Proteste der Landwirte werden voraussichtlich auch Auswirkungen auf den Schulunterricht haben. Schülerinnen und Schüler könnten angesichts von Straßenblockaden und Demonstrationen Schwierigkeiten haben, zum Unterricht zu kommen, erläuterte das Kultusministerium. Sie gelten als entschuldigt. "Schülerinnen und Schüler, die wegen ausfallender Busse und Bahnen nicht zur Schule kommen können und über keine alternativen Fahrtmöglichkeiten verfügen, können ausnahmsweise dem Präsenzunterricht fernbleiben", teilte das Ministerium auf seiner Homepage mit. Allerdings müsse die Schule - ähnlich wie bei einer Krankmeldung - umgehend informiert werden.

Je nach Situation vor Ort seien im Einzelfall auch andere Maßnahmen möglich, etwa Distanzunterricht. Eine landesweite Regelung bestehe nicht. Das Kultusministerium geht aber davon aus, dass einzelne Schulen davon Gebrauch machen. Wo das der Fall sein könnte, sei aber noch unklar - zumal nicht im Einzelnen bekannt sei, wo es Blockaden durch Landwirte geben werde, sagte eine Sprecherin.

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