E-Mobilität:Mythos und Mangelware

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Pflegedienste sind angewiesen auf Kleinwagen, doch die elektrisch betriebenen Modelle wie der Smart sind nicht ganz billig. Tesla will in diese Lücke stoßen. (Foto: Mercedes-Benz AG)

E-Autos gelten vielen als die Lösung für die Zukunft, nur sind günstige Kleinwagen bisher rar - ein weltweites Problem. Nun gibt es Anzeichen, dass ausgerechnet Tesla ein Billigmodell bauen will - am Hochlohnstandort Deutschland.

Von Joachim Becker, München

Elon Musk ist einer der bekanntesten Männer der Welt - und einer der umstrittensten. Der Tesla-Mitgründer hat aus einem kalifornischen Start-up den mit Abstand wertvollsten Autohersteller der Welt gemacht. Seine Kurznachrichten, die mehr als 133 Millionen Menschen auf der Online-Plattform X (vormals Twitter) erreichen, die ihm gehört, lösen oft Irritationen und Rätselraten aus. Das gilt auch für Ankündigungen zur Zukunft des Tesla-Werks im brandenburgischen Grünheide.

Bei einem Abstecher nach Grünheide und in der anschließenden Kurznachricht versprach der Chef eine zweite Modellreihe für die Fabrik. Tatsächlich will Tesla im kommenden Frühjahr mit dem Ausbau der Produktionskapazität in Grünheide von 500 000 auf eine Million E-Autos pro Jahr beginnen und plant laut Brandenburgs Umweltministerium auch "eine Erhöhung der Batteriespeicherproduktionskapazität von derzeit 50 auf künftig 100 Gigawattstunden pro Jahr" - inklusive der Produktion von Batteriezellen.

Nach einem Auftritt von Musik in Grünheide wurden Teilnehmer der Veranstaltung in Medien mit den Worten zitiert, Tesla wolle in Grünheide ein schon länger angekündigtes Billigmodell fertigen. Ein vollwertiges, vollelektrisches Auto für weniger als 25 000 Euro - ausgerechnet am Hochlohnstandort Deutschland? Das wäre eine Klatsche für die hiesigen Traditionshersteller. Volkswagen hat die Produktion des E-Up gerade eingestellt. Obwohl der 3,60 Meter lange City-Floh zuletzt 27 000 Euro gekostet hatte, fuhr er nach Aussagen von VW-Verantwortlichen hohe Verluste ein.

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Zu teuer in der Entwicklung und Herstellung, um billig zu sein? Genau daran hakt die Antriebswende: Kleine E-Autos mit bescheidener Reichweite kosten ungefähr doppelt so viel wie ein Billigbenziner. Selbst beim Dacia Spring als dem günstigsten Stromer in Deutschland beginnen die Preise nur deshalb bei 15 500 Euro, weil die Förderung in Höhe von 7200 Euro bereits eingerechnet ist. Dafür gibt es laut dem ADAC-Autotest wenig Reichweite, lahme Ladeleistungen und miserable Crashtest-Ergebnisse. Trotzdem ist das Auto erfolgreich - noch, denn der Umweltbonus läuft spätestens 2025 aus. Und da gibt es ein weiteres Problem: Dacias Elektromodell wird in China hergestellt - genau wie der neue Elektro-Mini, der neue Smart und der neue Einstiegsstromer EX30 von Volvo.

Aus Angst vor einer anschwellenden Flut von chinesischen Autoimporten denkt die europäische Politik intensiv über Zollhürden nach. Womit wir wieder bei Teslas einziger europäischer Fabrik wären. Kleinwagen werden vor allem in Europa gekauft, Zollschranken könnten den Import aus China aber zu teuer machen. Deshalb spricht viel für eine Fertigung des Tesla Model 2 in Grünheide. Doch wie soll sich das rechnen, wenn selbst VW seine kommenden Elektro-Kleinwagen von 2025 an in Spanien produzieren lässt? Die Antwort wird auch darüber entscheiden, ob Tesla weiter als Technologiepionier wahrgenommen wird. Die Kalifornier experimentieren mit neuartigen Fertigungsverfahren wie dem Aluminiumguss von Großteilen. Solche hochautomatisierten Fabriken sollen den Rohbau von Autos um bis zu 40 Prozent günstiger machen. Ob es Tesla ein weiteres Mal gelingt, die deutschen Hersteller alt aussehen zu lassen?

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