Krieg in Nahost:USA töten Milizen-Führer in Bagdad

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Trotz Warnungen hat Israel die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen angegriffen. Palästinenser inspizieren dort eine zerstörte Wohnung. (Foto: SAID KHATIB/AFP)

Washington reagiert mit der Attacke auf die proiranische Kataib Hisbollah erneut auf den tödlichen Drohnenangriff vom Januar gegen einen amerikanischen Stützpunkt. Das Pentagon kündigt weitere Schläge an.

Von Bernd Dörries, Kairo

Die Drohne kam in der Nacht zu Donnerstag und traf ein Auto im Zentrum von Bagdad, das völlig zerstört wurde. Darin saßen zwei Anführer der proiranischen Miliz Kataib Hisbollah - Kämpfer, die auch zur "Achse des Widerstands" gerechnet werden. So wird die Gruppe von Terrororganisationen bezeichnet, die von den Huthi in Jemen über die Hamas im Gazastreifen bis zur Hisbollah in Libanon reicht. Sie alle werden vom Mullah-Regime in Iran unterstützt und haben sich den Kampf gegen die USA und die Zerstörung Israels zum Ziel gesetzt. Bei einem Drohnenangriff auf einen US-Stützpunkt im Januar waren drei US-Soldaten ums Leben gekommen, die USA hatten damals Hinweise für eine Mittäterschaft der Kataib Hisbollah gesehen und Gegenschläge angekündigt, auch gegen andere Gruppen im Irak und in Syrien. Seitdem seien 80 Ziele unbrauchbar gemacht worden, teilte das Pentagon mit.

Die in der irakischen Hauptstadt Getöteten seien "für die direkte Planung und Beteiligung an Angriffen auf US-Streitkräfte in der Region verantwortlich", teilte das Pentagon mit, ohne deren Namen zu nennen. "Die Vereinigten Staaten werden weiterhin die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unser Volk zu schützen." Der Angriff mitten in der irakischen Hauptstadt ist eine weitere Eskalation des Konfliktes in Nahost, der sich neben Israel und dem Gazastreifen auch auf Jemen, Libanon, Syrien und den Irak ausgebreitet hat. Dort sind nach Angaben der Regierung bei Angriffen mindestens 16 Zivilisten ums Leben gekommen. Das bringe die Region an den "Rand des Abgrundes", sagte ein irakischer Regierungssprecher. Das irakische Militär verurteilte den Angriff und sprach von einer "neuen Aggression der Vereinigten Staaten", die "alle Absprachen" zwischen dem Irak und den USA untergrabe.

Es wird nicht der letzte Vergeltungsschlag gewesen sein, sagt ein Beamter der US-Regierung

Ein Beamter der US-Regierung erklärte gegenüber CNN unterdessen, dass es sich bei dem Angriff nicht um den letzten Vergeltungsschlag gehandelt habe. Fast gleichzeitig mit dem Angriff in Bagdad war US-Außenminister Antony Blinken in Israel eingetroffen, um über die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln und einen Waffenstillstand Gespräche zu führen. In den vergangenen Wochen hatten die USA die Bemühungen für einen Waffenstillstand in Gaza intensiviert und immer wieder von Fortschritten gesprochen. Sowohl Israel als auch die Hamas beharren aber auf schwer zu überbrückenden Forderungen. Die Hamas hatte nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters eine Feuerpause von 135 Tagen vorgeschlagen, in der schrittweise alle Geiseln freigelassen und ein permanenter Waffenstillstand verhandelt werden sollte. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte die Forderungen der Hamas bereits am Mittwochabend zurückgewiesen.

Nur ein kompletter Sieg werde es Israel erlauben, Sicherheit wiederherzustellen, sagt Benjamin Netanjahu. Er wies die Armee an, einen Angriff auf Rafah im Süden des Gazastreifens vorzubereiten. Dort hält sich die große Mehrzahl der 2,3 Millionen Palästinenser auf, die meisten von ihnen in Zelten und provisorischen Unterkünften. UN-Generalsekretär António Guterres warnte, ein weiteres Vorrücken der israelischen Armee in den Süden des Gazastreifens würde das, "was bereits ein humanitärer Albtraum mit ungeahnten regionalen Folgen ist, exponentiell verstärken. Die regionalen Folgen sind unvorstellbar". Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte bereits vor Tagen Israel aufgefordert, Rafah nicht anzugreifen.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters vom Donnerstag berichten Augenzeugen von ersten Luftangriffen auf Rafah. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hatte Israel vor zwei Wochen dazu aufgefordert, mehr für den Schutz der Zivilbevölkerung zu tun und mehr Hilfe in den Gazastreifen zu lassen. In den vergangenen zehn Tagen sind durchschnittlich 160 Lastwagen täglich mit Hilfsgütern in das besetzte Gebiet gekommen, vor dem Krieg waren es 500.

"Der ernsthafteste Einsatz einer deutschen Marineeinheit seit vielen Jahrzehnten"

I n Wilhelmshaven lief am Donnerstag die Fregatte Hessen in Richtung Rotes Meer aus, sie soll sich dort am EU-Militäreinsatz gegen die Huthi beteiligen, die seit Mitte Oktober Handelsschiffe auf dem Weg zum Suezkanal unter Beschuss nehmen, an Bord der Fregatte sind etwa 240 Soldaten. "Das ist der ernsthafteste Einsatz einer deutschen Marineeinheit seit vielen Jahrzehnten", sagte Marine-Inspekteur Jan Christian Kaack. "Es gibt keine Einheit in der deutschen Marine, die besser vorbereitet, besser ausgebildet und besser dafür ausgestattet ist." Die USA fingen auch am Donnerstag mehrere aus Jemen abgefeuerte Huthi-Raketen ab. Die ständigen Angriffe haben dazu geführt, dass viele Reedereien ihre Schiffe um das Horn von Afrika leiten, was deutlich länger dauert und mehr Treibstoff kostet, was sich wiederum in höheren Preisen für die Beförderung von Containern niederschlägt. Auch kam es in den vergangenen Wochen deswegen immer wieder zu Lieferengpässen, die auch die deutsche Industrie betreffen.

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