Krieg in Nahost:Scholz will Hamas in Deutschland verbieten lassen

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag in der Plenarsitzung im Bundestag eine Regierungserklärung zur Lage in Israel abgegeben. (Foto: IMAGO/Future Image)

Der Bundeskanzler verspricht Israel, bei Verhandlungen zur Befreiung von Geiseln zu helfen. US-Außenminister Antony Blinken sichert Premier Benjamin Netanjahu volle Unterstützung zu.

Von Markus Balser, Daniel Brössler und Nicolas Freund, Berlin/München

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat unter dem Eindruck von Jubelszenen nach den Gräueltaten der Hamas in Israel ein hartes Vorgehen gegen Sympathisanten und Unterstützer der in Gaza herrschenden Terrororganisation angekündigt. "Das Bundesinnenministerium wird ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland erlassen", kündigte Scholz am Donnerstag in einer Regierungserklärung zur Lage in Israel an. Verboten würden auch der Verein "Samidoun" und ähnliche Gruppierungen. Dessen Mitglieder hätten brutalste Terrorakte auf offener Straße gefeiert, sagte Scholz. "Unser Vereinsrecht ist ein scharfes Schwert. Und dieses Schwert werden wir als starker Rechtsstaat hier ziehen", kündigte der Kanzler an. Die Jubelszenen nannte Scholz "abscheulich" und "menschenverachtend".

In einer Resolution forderte der Bundestag die Bundesregierung einstimmig auf, "unverzüglich ein Betätigungs- und gegebenenfalls ein Organisationsverbot für die Hamas und ihre Unterstützer und Vorfeld- und Tarnorganisationen in Deutschland sowie auch gegen 'Samidoun' zu erlassen und auf eine Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg hinzuwirken". Mit dem geplanten Betätigungsverbot sollen jegliche Aktivitäten der Hamas in Deutschland verboten werden. Die Rechtsfolgen unterscheiden sich allerdings kaum von der schon erfolgten Einstufung als Terrororganisation durch die EU. Verboten sein soll künftig, Symbole der Hamas zu verwenden. Untersagt werden soll auch "jede versammlungsrechtliche Aktivität". Das Vermögen, das ihr zugerechnet wird, kann beschlagnahmt werden.

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Während die Unstimmigkeiten über die Vorgehensweise im Gaza-Krieg immer offener zutage treten, sollen Verhandlungen über eine längere Kampfpause fortgesetzt werden. Russland und China blockieren im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zu einer Waffenruhe.

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Die Bundesregierung will dabei helfen, Geiseln zu befreien

Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagte der Bundesregierung Unterstützung zu. "Unser demokratischer Staat darf solche Zustände nicht dulden, und er muss mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unseres Rechtsstaates sicherstellen, dass jede Form antisemitischer Gewaltverherrlichung unterbunden wird", forderte er. Insgesamt waren die Parteien der Ampelkoalition und der oppositionellen Union um demonstrative Einigkeit in der Solidarität zu Israel bemüht. "In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz fest an der Seite Israels", sagte Scholz. Die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson. "Unsere Solidarität erschöpft sich nicht in Worten", betonte er.

Nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat Israel um Munition für Kriegsschiffe gebeten. Scholz sagte auch Unterstützung bei Bemühungen um die Freilassung nach Gaza verschleppter Geiseln zu. "Unsere Solidarität darf keine Risse bekommen - auch dann nicht, wenn Israel das Notwendige tut, um seine Sicherheit wiederherzustellen", forderte Merz. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reist am Freitag nach Israel. Die Reise sei als "Solidaritätsbesuch" gedacht, teilte das Auswärtige Amt mit.

US-Außenminister Antony Blinken (links) und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gaben nach ihrem Treffen in Tel Aviv Erklärungen ab. (Foto: JACQUELYN MARTIN/AFP)

Bereits am Donnerstag war US-Außenminister Antony Blinken nach Israel gereist und sagte der Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu die volle Unterstützung im Kampf gegen die Hamas zu. Er warnte zudem jegliche Feinde Israels davor, die Krisensituation auszunutzen. "Tut es nicht. Die Vereinigten Staaten stehen hinter Israel." Blinken verwies auf bereits gelieferte Militärausrüstung und kündigte weitere Lieferungen an.

Die israelische Armee hat auch am Donnerstag ihre Angriffe im Gazastreifen fortgesetzt. Laut einem Militärsprecher sei das Ziel, die Anführer der Hamas zu töten. Außerdem bereite man sich auf eine mögliche Bodenoffensive vor. Die Entscheidung, mit Truppen in den Gazastreifen einzudringen, ist aber noch nicht gefallen. Am Donnerstag meldete außerdem die syrische Nachrichtenagentur Sana, die Flughäfen von Damaskus und Aleppo seien von israelischen Luftangriffen getroffen worden. Der Flugbetrieb sei eingestellt. Die israelische Armee äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Am Mittwoch waren Raketen aus Syrien in Richtung Israel abgefeuert worden.

Palästinenser-Präsident Abbas sagt, er verurteile grundsätzlich Gewalt gegen Zivilisten

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Israel meldete am Donnerstag, die Zahl der bei den Terrorangriffen der Hamas Getöteten sei auf mehr als 1300 gestiegen. Der Helfer Avigdor Stern sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir dachten, wir wären stark, wir dachten, wir hätten alles gesehen, aber wurden vom Gegenteil überzeugt." Seit Tagen helfe er, die Toten zu bergen. Es seien so viele, dass sie ganze Lkws füllten. Die Leichensäcke hätten kaum ausgereicht.

Im Gazastreifen ist nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums die Zahl der Toten auf 1417 gestiegen, mehr als 6200 Menschen sollen verletzt worden sein. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hat sich unterdessen zu Wort gemeldet und gesagt, er verurteile grundsätzlich Gewalt gegen Zivilisten. "Wir lehnen die Praxis, Zivilisten zu töten oder sie zu misshandeln, auf beiden Seiten ab, weil sie gegen Moral, Religion und internationales Recht verstößt", wird Abbas von der amtlichen palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zitiert. Das für den Gazastreifen zuständige Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) hat am Donnerstagvormittag einen dramatischen Appell veröffentlicht. Angesichts der Eskalation der Lage benötige das Hilfswerk 104 Millionen Dollar, um die Versorgungslage in den kommenden 90 Tagen sicherstellen zu können. Die Nahrungsmittelvorräte reichen noch für zwölf Tage, die Versorgung mit Wasser drohe schwierig zu werden.

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