Sein Auftritt war gar nicht angekündigt, doch kurz nach Mittag betritt Thorsten Glauber das Münchner Prinz-Carl-Palais, wo an diesem Dienstag die Pressekonferenz nach der Sitzung des Kabinetts stattfindet. Der Umweltminister, kurzfristig dazu geladen? "Bayern ist ein Wasserland", sagt Markus Söder (CSU), der am zweiten Rednerpult links neben Glauber (Freie Wähler) steht. Spätestens da zeichnet sich ab, was hier Sache ist. "Wasser wird in Bayern nicht privatisiert", legt Söder nach. "Die drei Anträge, die diesen Schutzcharakter hätten irritieren können, sind jetzt nicht mehr aktuell", hektisch abgeräumt also, vom Ministerpräsidenten höchstpersönlich.
Die drei Anträge, von denen Söder spricht, hatte seine eigene Landtagsfraktion zusammen mit den Freien Wählern eingereicht, um das Landesentwicklungsprogramm (LEP) zu novellieren. Die Folge war heftige Kritik bei den Umweltverbänden, in den Kommunen und in der Opposition. "Eine nicht akzeptable Aufweichung des Trinkwasserschutzes" stellte der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) in einem Brandbrief fest.
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In den vergangenen Tagen war die öffentliche Empörung größer und größer geworden, Trinkwasser ist ein sensibles Thema. Die außerparlamentarische ÖDP, Initiatorin des Bienenvolksbegehrens, drohte bereits mit einem neuen Begehren, Titel: "Rettet unser Grundwasser". Diese Gemengelange soll Söder beunruhigt haben, in einem halben Jahr ist Landtagswahl. Nun pfeift er seine Leute zurück.
"Ein guter Tag für das wichtigste Lebensmittel in Bayern", so beginnt Umweltminister Glauber. "Ein guter Tag, dass heute die drei Anträge zurückgenommen werden." Auch Glauber hatte zunächst an den Anträgen von CSU und Freien Wählern festgehalten, glücklich wirkte er jedoch nicht darüber, dass die Regierungsfraktionen in die neue LEP-Fassung schreiben wollten, dass Grundwasser nicht mehr "bevorzugt" der Trinkwasserversorgung dienen solle, sondern nur noch "insbesondere". Ein Wort nur, aber eines, das die Tür geöffnet hätte für Lebensmittel- und Getränkekonzerne.
Haben hier Lobbyisten mitgeschrieben?
Wie weit sich die Tür geöffnet hätte, ist umstritten. FW-Fraktionschef Florian Streibl beteuert gar, dass "die Anträge keinerlei negative Auswirkungen auf die Entnahme von Grund- und Tiefenwasser gehabt hätten und den besonderen Schutz des Wassers auch in keiner Weise infrage stellen". Was allerdings die Frage aufwirft, wieso die CSU-Fraktion und Streibls Leute das Wort "bevorzugt" dann überhaupt durch "insbesondere" ersetzt haben. Und warum sie das jetzt wieder rückgängig machen, wenn diese winzige Korrektur doch angeblich gar keinen so großen Unterschied macht. Immerhin sieht Streibl ein, "dass die Spitzen von Kommunen und Landkreisen angesichts zunehmender Trockenperioden ein anderes Signal von ihrer Staatsregierung erwartet hätten".
Weitere Kritik hatte sich daran entzündet, dass die Regierungsfraktionen die Passage, wonach Tiefengrundwasser "nur im zwingend notwendigen Umfang genutzt werden" solle, komplett aus ihrem Textentwurf gestrichen hatten. Und während es zunächst hieß, "bedeutende, durch Wasserschutzgebiete oder Vorrang- bzw. Vorbehaltsgebiete geschützte Trinkwasservorkommen sollen für die zukünftige Nutzung dauerhaft erhalten bleiben", fehlten in der finalen Fassung plötzlich die Begriffe "Vorbehaltsgebiete" und "dauerhaft". Das alles schürte einen Verdacht, den die Opposition genüsslich ausbreitete: Haben hier Lobbyisten mitgeschrieben?
Dem Ministerpräsidenten ist am Dienstag daran gelegen, diesen Verdacht zu zerstreuen. Entscheidend für den Trinkwasserschutz sei das Wasserhaushaltsgesetz, welches das LEP gar nicht außer Kraft setzen könne, sagt Söder. Die Anträge zurückzunehmen, habe mit "politischer und kommunikativer Klugheit" zu tun. "Die Fraktion sagt: Bevor wir Missverständnisse produzieren, stellen wir das zurück." Dass die CSU-Landtagsabgeordneten die Anträge so freiwillig zurückgezogen haben, wie Söder suggeriert, darf allerdings bezweifelt werden. Plausibler ist da die Interpretation des Grünen-Fraktionschefs Ludwig Hartmann. Der Ministerpräsident habe die Anträge "kassiert", da ihm "der öffentliche Druck zu groß geworden ist".
Auch SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagt: "Die CSU wollte unser Wasser an Investoren verkaufen. Dann hat Söder plötzlich gemerkt, dass das bei den Menschen in Bayern gar nicht gut ankommt - und ist wieder zurückgerudert." Der Ministerpräsident kündigt derweil an, zusammen mit Umweltminister Glauber die Wasserversorger, Umweltverbände und Verbraucher an einen "runden Tisch" zu holen, um wegen der zunehmenden Trockenheit die bayerische "Wasserstrategie weiterzuentwickeln". Erst am Montag hatten die Grünen kritisiert, dass die Staatsregierung hier zu wenig tue.
Die drei umstrittenen Anträge wollen CSU und Freie Wähler an diesem Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtags auch formal zurückziehen.