Unter Bayern:Sonderbarer Undertourismus

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Nun sind die Zeiten aber so, wie sie gerade sind: Es gibt keine Schlangen vor Schloss Neuschwanstein. (Foto: dpa)

Es ist gerade recht leer in Bayern, selbst da, wo es sonst total voll ist. Das könnte ganz schön sein, so ohne Touristen. Aber nicht, wenn es wegen dieses hundsgemeinen Virus ist. Dann lieber voll.

Kolumne von Katja Auer

Wären die Zeiten nicht so, wie sie nun einmal sind - um den Gedanken auf valentineske Weise anzudenken -, hätte das ein ganz schön anstrengendes Wochenende werden können. Das Wetter soll ganz ordentlich werden, also wäre man, in Bamberg zum Beispiel, am Samstagmorgen zum Einkaufen auf den Markt gegangen. Das allerdings hätte einen Slalom erfordert in den engen Altstadtgassen, rund um die Flusskreuzfahrer in ihren bequemen Schuhen und die Reisegruppen, die mit Stöpseln in den Ohren den Fremdenführern hinterher flanieren. Man wäre von Individualtouristen angesprochen worden, die wissen wollten, wo es sich richtig gut essen lässt in der Stadt, und wäre man nett gewesen, hätte man ihnen ein Lokal empfohlen, das nicht jeder Fremde auf Anhieb von alleine findet. Und hätte sich am Abend geärgert, weil wieder kein Platz zu kriegen ist in jenem Lokal. Man hätte gegrantelt und konstatiert, dass es so nicht weitergehen könne mit dem Overtourismus in Bayern.

Nun sind die Zeiten aber so, wie sie gerade sind. Es lässt sich auch am Wochenende ganz ohne Slalom durch Bambergs Gassen gehen, es gibt keine Schlangen vor Schloss Neuschwanstein, kein Gedränge auf Regensburgs Steinerner Brücke. Touristen stehen nirgendwo im Weg, Overtouristen schon gleich gar nicht. Jetzt könnte einem der Gedanke kommen, dass es schön sein müsste, in aller Ruhe eine Schoppen auf Würzburgs alter Mainbrücke zu trinken oder quasi konkurrenzlos Bayreuths Weltkulturerbe, das Markgräfliche Opernhaus, zu besichtigen. Und abends im Lieblingswirtshaus zu sitzen, ganz ohne den rheinischen Kegelklub auf Biertour am Nachbartisch.

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Das hätte einem schon gefallen können, wenn es überhaupt gegangen wäre, wenn nicht ohnehin alles zu wäre. Aber die Touristen sind ja nicht weg geblieben, um eine Zeit lang Platz zu machen für die Allgäuer vor ihrem schönen Schloss. Sondern wegen dieses hundsgemeinen Virus. Und dann macht die ganze Gedankenschleife über Undertourismus gleich überhaupt keinen Spaß mehr.

Man wird sich freuen, wenn die Gäste wieder nach Bayern kommen. Wenn sie Städte bevölkern und Wirtshäuser. Und wenn man endlich wieder ein bisschen darüber mosern kann.

© SZ vom 16.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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