Bamberg:So manchem Schlachthof droht die Schließung

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Der Vion-Konzern bezieht sein Fleisch auch von fremden Schlachthöfen, wie etwa in Bamberg. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Weniger Fleischkonsum, höhere Anforderungen an den Tierschutz: Für Bayerns Schlachthöfe wird es schwieriger, kostendeckend zu arbeiten. Mancherorts werden Forderungen nach einer Betriebsstilllegung laut - Beispiel Bamberg.

Ein 5,5 Hektar großes Areal mit markanter gelb-weißer Mauer am nördlichen Rand der Bamberger Innenstadt. Auf diesem Gelände werden pro Tag etwa 1000 Schweine und 150 Rinder geschlachtet - nach dem Willen einiger Stadtratsfraktionen nicht mehr lange: Sie wollen den Schlachthof Bamberg schließen und das Grundstück anderweitig nutzen. Seit 2020 ist der Schlachthof eine GmbH in kommunaler Hand. Im Januar 2023 wird der Stadtrat über die Zukunft des Unternehmens entscheiden.

"Der Fleischkonsum geht zurück", sagt Hans-Günter Brünker von der Fraktion Volt/ÖDP/Bambergs Mitte, die ein Bürgerbegehren zur Schließung des Schlachthofs initiiert hat. Brünker ist überzeugt: Der Schlachthof ist auf Dauer ein Verlustgeschäft - auch wegen seines schlechten Zustandes, der millionenschwere Investitionen nötig mache. Der Kommunalpolitiker würde sich an dem Standort stattdessen Wohnungen oder "emissionsarmes Gewerbe" wünschen.

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Nach Angaben der Stadt Bamberg arbeitet der Schlachthof seit Mitte 2022 kostendeckend. Damals seien die Schlachtpreise erhöht worden. Stimme der Stadtrat im Januar für eine Fortsetzung des Betriebs, so müsse in der Tat investiert werden - vor allem in Anlagentechnik, Gebäudeinfrastruktur und Entsorgungsanlagen. Bevor man eine Summe nennen könne, müsse ein Investitionsplan erarbeitet werden.

Brünker kritisiert außerdem die Abhängigkeit von den Großkunden Tönnies und Vion. "Oft werden die lokalen Metzgereien als Argument für den Schlachthof genannt", sagt Brünker. "Diese spielen aber praktisch keine Rolle." Kleinere Betriebe könnten die Schlachtpreise nicht bezahlen und ließen woanders schlachten. Die Tönnies Holding sitzt im westfälischen Rheda-Wiedenbrück, der Nahrungsmittelkonzern Vion N. V. in den Niederlanden. Mit der oft beschworenen Regionalität habe das nichts zu tun, meint Brünker. Im Sommer 2020 hatte ein Corona-Ausbruch bei der überwiegend osteuropäischen Belegschaft am Stammsitz von Tönnies für bundesweite Diskussionen über die Arbeitsbedingungen in der Fleischproduktion gesorgt und am Image des Unternehmens gekratzt.

Zum Thema Regionalität teilt die Stadt Bamberg auf Anfrage mit: "Nur weil es sich bei Tönnies und Vion nicht um fränkische Firmen handelt, bedeutet das nicht, dass die in Bamberg geschlachteten Tiere nicht von hier kommen." 60 Prozent der in Bamberg geschlachteten Schweine kämen aus einem Umkreis von 100 Kilometern, 80 Prozent aus einem Umkreis von 150 Kilometern. 35 Prozent der Rinder müssten maximal 100 Kilometer zu ihrem Schlachtort zurücklegen, 71 Prozent höchstens 150 Kilometer. Ohne Großkunden, heißt es von der Stadt, sei ein wirtschaftlicher Betrieb des Schlachthofs unmöglich.

Immer öfter schließen sich Betriebe als "Metzgerschlachthof" zusammen

In Bayern gibt es nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums rund 1800 zugelassene Schlachtstätten. Dazu zählten auch einzelne Schlachträume, sagt Svenja Fries vom Landesinnungsverband für das bayerische Fleischerhandwerk. Der Bamberger Schlachthof sei im bayernweiten Vergleich mittelgroß. Zu den größten Betrieben gehört etwa der Schlacht- und Viehhof München, der als größter kommunaler Betrieb seiner Art in Mitteleuropa gilt. Auch er liegt zentral, nach ihm ist das Münchner Schlachthofviertel benannt. Eine weitere große Schlachtstätte betreibt die Allgäu Fleisch GmbH in Kempten. Der Schlachthof Waldkraiburg (Landkreis Mühldorf am Inn) gilt als Deutschlands größter Rinderschlachthof. In Kempten ist Tönnies der wichtigste Kunde, in Waldkraiburg Vion.

Rund 40 Prozent der bayerischen Metzger schlachteten selbst, sagt Fries. Finanziell stünden viele Schlachthöfe unter Druck: "Der Schlachtvorgang an sich ist nicht sehr rentabel." Wichtig sei eine hohe Auslastung, sagt die Sprecherin der Fleischerinnung: "Wenn man nur zweimal pro Woche schlachtet und den Raum für nichts anderes nutzen kann, dann lohnt sich das nicht." Ein häufiger Ausweg sei die "Lohnschlachtung": Ein Metzger kauft Rinder, Schweine oder Hühner von einem Landwirt, lässt sie woanders schlachten und verkauft das Fleisch. Der sinkende Fleischkonsum mache sich derzeit noch nicht an den Schlachthöfen bemerkbar, sagt Fries: "Manche, die schon aufgehört haben, wollen sogar wieder mit dem Schlachten anfangen." Immer häufiger schließen sich auch mehrere Betriebe zusammen und gründen einen "Metzgerschlachthof", auf dem sie dann abwechselnd schlachten, wie Svenja Fries erklärt. Beispiele seien Fürth und Fürstenfeldbruck. Vorteile seien eine bessere Auslastung der Schlachträume und kurze Wege, die auch weniger Stress für die Tiere bedeuten.

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