Soiernseen im Karwendel:Der Kini wusste, was schön ist

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Königlich ist der Blick auf den Oberen Soiernsee noch heute. Der Aufstieg ist allerdings schweißtreibend. (Foto: imago)

König Ludwig II. segelte auf den Soiernseen. Im Unterschied zu den Wanderern, die heute hinaufsteigen, ließ er sich allerdings tragen.

Von Hans Gasser

"Zwei allerliebste smaragdfarbene Seen, die ich mit einem Seegelboote befahre" - Ludwig II., bürgerlich: der Kini, mag extravagant gewesen sein, aber er wusste schon, was schön ist. So schrieb er einst begeistert vom Soiernhaus obige Zeilen an seine Erzieherin. Das hatte er etwas oberhalb der beiden Seen im Karwendel errichten lassen, nebst Hütten für die Diener und Pferdestallungen. Die Dienerhütte wird heute von der Bergrettung genutzt, das heutige Soiernhaus steht an der Stelle des ehemaligen Pferdestalls.

Wer die 1200 Höhenmeter von Krün aus auf die Schöttelkarspitze wandert, wo der Kini einst einen Pavillon hatte, auf den er sich mit der Sänfte hochtragen ließ, der muss heute schon einigen Schweiß vergießen. Der Blick in den Talkessel mit den beiden auf knapp 1600 Meter gelegenen smaragdfarbenen Seen und dahinter die mächtige Soiernspitze, entschädigt dafür durchaus königlich. Man kann sich das alles sehr gut vorstellen, speziell wenn man im Soiernhaus übernachtet: Wie der König in mondhellen Nächten mit einem schwarzen Boot unter rotem Segel auf den größeren der beiden Soiernseen hinausgefahren ist. Manchmal soll er auch Feuerwerke und Feuer auf den umliegenden Bergen entzünden haben lassen, dazu etwas Rheingold von mitgewanderten Musikern - so zumindest das Gerücht.

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Heute ist es hier oben zumindest nachts sehr still, denn tagsüber wird der Seenkessel von vielen Wanderern begangen. Dank des Kinis kann man eine schöne Runde machen auf damals angelegten Wegen: über den Lakaiensteig, die Direttissima, auf der die Diener möglichst schnell hochwandern mussten, um oben alles vorzubereiten. Und den breiteren Weg, auf der anderen Seite des Talkessels der heute weiter unten in eine sich lang hinziehende Forststraße übergeht: Auf ihm ritt Ludwig II. zu seinen geliebten Seen hinauf.

Nach dem langen Abstieg sollte man in eines der vielen Krüner Gasthäuser einkehren, und wer möchte, kann am Rathausplatz auf der "Obama-Bank" die müden Füße ausstrecken. Noch so einer, der weiß, wo es schön ist.

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© SZ vom 13.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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