Nambino-See im Trentino:Fischen auf hohem See

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Paolo Ferrazza bringt Gästen Fliegenfischen bei. Und freut sich, als wäre es sein eigener Fang. (Foto: Dominik Prantl)

Der Nambino-See im Trentino liegt auf fast 1800 Metern. Im kühlen Wasser sind die Bergforellen besonders aktiv - manchmal erwischt man sie sogar.

Von Dominik Prantl

Das Ufer des Nambino-Sees ist voller Menschen, denn diese sind sehr einfach zu ködern. Der Parkplatz ist nur eine Dreiviertelstunde Fußweg entfernt, das schaffen sogar die etwas Lauffauleren. Direkt am Wasser steht ein Rifugio, das mehr Hotel ist als Hütte und gleich deutlich macht: Ich bin ein Italiener. Es gibt beispielsweise diese karierten Tischtücher, die nur ein Gastgeber südlich des Alpenhauptkamms auslegen darf, ohne auf booking.com als Dekor-Banause abgestraft zu werden. Auf dem Teller steht "Rifugio Lago Nambino 1933 Famiglia Serafini", wo in Deutschland wahrscheinlich "Bergseehütte 1767 Meter Deutscher Alpenverein" zu lesen wäre. Am Nebentisch diskutiert die Drei-Generationen-Familie mit dem grauhaarigen Paten so lebhaft wie freundlich - kurz: Man fühlt sich sofort wohl.

Der Nambino-See selbst ist auch voller Bachforellen, aber die sind leider nicht so einfach zu ködern. Das merkt der Fliegenfischer-Lehrling sehr schnell. Man kann sehr vieles sehr falsch machen, schon und gerade beim ersten Wurf. "Zwischen zehn und zwölf Uhr muss die Spitze der Rute stehen", hat Paolo Ferrazza gesagt, aber der hat als Profi natürlich leicht reden. Also, vorwärts, 10 Uhr, rückwärts, wohl eher 14 Uhr, zu spät. Zack, schon hängt der Haken im Schilf.

Wer auf Nummer sicher gehen will, kann aber auch einfach im Rifugio Lago Nambino einkehren. (Foto: Giampaolo Calza)

Die Natur hat es dennoch gut mit dieser Gegend und den Fliegenfischern gemeint, nicht nur hier bei Madonna di Campiglio, sondern im gesamten Trentino. In der Provinz liegen jede Menge Seen, häufig ist von den örtlichen Vermarktern die Zahl 300 zu hören und wer auf eine Karte schaut, glaubt nicht an eine Übertreibung. Viele der Seen ruhen irgendwo weit oben in den Bergen und spiegeln die Wände der Umgebung; manche sind Touristenattraktionen wie der Nambino, viele kaum besucht. Direkt von Nambino startet zum Beispiel der Giro dei Cinque Laghi, eine Wandertour mit fünf Seen zwischen 1700 und 2400 Metern, zum Ansehen oder Füße reinhängen oder eben Fischen. Nicht weit entfernt liegen auf knapp 2000 Metern Höhe zudem die nur über eine mehrstündige Wanderung erreichbaren Seen San Giuliano und Garzonè, bei deren Namen Ferrazza mit der Zunge schnalzt. "Der eine ist voll mit dicken Forellen, der andere mit Bachsaiblingen." Gerade an heißen Sommertagen seien solche Bergseen in der kühlen Höhe ein großer Vorteil, "dort sind die Fische dann aktiver".

Endlich treibt die Fliege mal auf dem Wasser. "Buono", sagt Ferrazza, und obwohl das jetzt gar nicht so buono aussieht, sagt er es in einem Tonfall, der einen wirklich stolz werden lässt. Da schwimmt also die Fliege, und sie schwimmt und schwimmt, und die Bachforellen schwimmen außenrum und interessieren sich nicht. Von wegen aktiver. Noch einmal auswerfen. Vorwärts, 10 Uhr, rückwärts, 12 Uhr, zack, Schnursalat.

Neben den 300 Seen gibt es im Trentino 3000 Kilometer Fließgewässer. "Das ist unsere Stärke, diese Vielseitigkeit", so Ferrazza. Vor einigen Jahren wurde deshalb das Trentino Fishing als Programm mit eigenen Angel-Angeboten entworfen. Es braucht nicht einmal einen speziellen Angelschein, sondern nur ein Tagesticket zum Preis von 23 und 35 Euro. Wer wissen will, wo die Fische stehen und welche Vorlieben sie je nach Gewässer und Tages- und Jahreszeit haben, bucht noch einen Guide dazu. Mal darf man die Fische mitnehmen und verarbeiten, mal muss man sie, wie hier am Nambino, nach dem Fang wieder freilassen. Catch und Release nennt sich diese Methode, die Angler als besonders fischfreundlich erachten und Hobbyköche als ausgesprochen quälend.

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Vorwärts, 10 Uhr, rückwärts, 12 Uhr, zack, he, verdammt, die Fliege ist ab. "Vielleicht probieren wir es mit was anderem, einer Nymphe vielleicht", sagt Ferrazza. Man denkt kurz an die Bergsee-Legende, die es auf einige Tafeln an der Wand des Speisezimmers im Rifugio geschafft. Sie handelt - wie so viele See-Legenden - von einem Drachen, der über Schafe, Kälber und sogar Hirten herfiel, ehe er von zwei Jägern so unspektakulär wie waidmannsungerecht über den Haufen geballert wurde. Denn es war wohl nur eine Mutter, die sich um ihr Ei sorgte.

Da, ein Biss. Kurbeln, kurbeln. Paolo Ferrazza freut sich, als wäre es sein eigener Fang. "Das ist ein Großer", und ja, es ist ein Riese, der Drache vom Nambino See, mindestens 40, 50, ach was, 60 Zentimeter, und die Forelle hat Kraft, windet sich, kämpft, schlägt einen Hacken. Zack, schon ist sie weg. Release, ganz ohne Catch. Aber was soll's. Immerhin steht in der Hütte auch Fisch auf der Mittagskarte.

Der Nambino-See liegt westlich von Madonna di Campiglio und ist an der SS 239 ausgeschrieben. Im Rifugio Lago Namino kostet das Zimmer (2 Personen) ab 125 Euro, nambino.com; Auskünfte zu Angel-Angeboten unter trentinofishing.it

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© SZ vom 13.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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