Nach der Bundestagswahl:SPD-Fraktionschef plant mit neuer Parteispitze

Die Führung der SPD sortiert sich neu: SPD-Fraktionsvorsitzende Mützenich verlangt einen neuen Parteivorstand, falls Saskia Esken Ministerin werden sollte. Eine Doppelspitze solle es allerdings bleiben.

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Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hat nach dem angekündigten Rückzug von Norbert Walter-Borjans von der Parteispitze die Co-Vorsitzende Saskia Esken aufgefordert, auf den Vorsitz zu verzichten, wenn sie Ministerin werden will. "Ich glaube, die Konzentration jeweils auf ein Amt ist schon herausfordernd genug", sagte er im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. "So ist Saskia Esken ja auch vor zwei Jahren angetreten, letztlich eben auch auf diese Eigenständigkeit pochend. Und ich glaube, dass Sie klug genug ist, zu wissen, dass das, was damals vor zwei Jahren erfolgreich war, sich auch in Zukunft wieder wird abbilden müssen."

Er erwartet, dass sich Esken entsprechend erklärt. "Es wäre gut, dass die Partei auch weiß, woran sie ist", sagte Mützenich. Esken ist eine der SPD-Vertreterinnen in den Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP und gilt als Anwärterin auf ein Ministeramt. Esken hatte allerdings im Sommer erklärt, erneut für den Bundesvorsitz ihrer Partei kandidieren zu wollen.

Die SPD-Doppelspitze hat sich in den Augen des Fraktionschefs aber bewährt. "Ich gehe davon aus, dass es weiterhin eine Doppelspitze ist", sagte er. Gefragt nach Generalsekretär Lars Klingbeil und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig als potenzielle Kandidaten für den Parteivorsitz hielt er sich bedeckt. "Ich will nicht einer persönlichen Entscheidung zwei herausragender Kandidatinnen und Kandidaten vorweggreifen." Dafür sei auch Zeit. Schwesig lässt sich eine Kandidatur offen. Die SPD habe jetzt erstmal den Auftrag, eine Bundesregierung zu bilden.

Walter-Borjans hatte der Rheinischen Post gesagt, er werde sich beim Parteitag vom 10. bis 12. Dezember nicht erneut um den Vorsitz bewerben. Er war 2019 gemeinsam mit Esken bei den SPD-Mitgliedern als Sieger einer aufwendigen Kandidatenkür hervorgegangen. Der geschäftsführende Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat deutlich gemacht, dass er den Parteivorsitz nicht beansprucht. Mützenich warnte zudem davor, die mögliche Wiederwahl von Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident zum Gegenstand der Personalgespräche im Rahmen der Regierungsbildung zu machen. (31.10.2021)

CDU-Politiker wollen Basisvotum bei Wahl des neuen Parteichefs

Die CDU-Politiker Norbert Röttgen und Carsten Linnemann haben sich vor der Konferenz der CDU-Kreisvorsitzenden für eine Mitgliederbefragung bei der Auswahl des neuen CDU-Chefs ausgesprochen. "Wenn in dieser besonderen Lage ein beachtlicher Teil der Basis mitteilt, dass die Mitglieder aktiver Teil des Neuanfangs sein möchten und darum eine Mitgliederbefragung wünschen, dann begrüße und unterstütze ich das", sagte Röttgen der Funke-Mediengruppe. "Dieser Wunsch sollte nicht zurückgewiesen werden."

Am Samstag treffen sich die 326 CDU-Kreisvorsitzenden, um darüber zu beraten, ob es eine Mitgliederbefragung geben soll. Eine Entscheidung über das Verfahren zur Auswahl der neuen Parteispitze soll dann aber erst im CDU-Bundesvorstand am kommenden Montag getroffen werden. CDU-Chef Armin Laschet hatte nach der Wahlniederlage der Union bei der Bundestagswahl erklärt, dass er sich von der Parteispitze zurückziehen, aber den Übergang moderieren wolle.

Röttgen gilt wie Linnemann als einer der möglichen Kandidaten für den Parteivorsitz. Wie Unionsfraktionsvize Linnemann ließ er offen, ob er selbst erneut für den Parteivorsitz kandidieren wird. "Ich bin für eine Teamlösung. Ich spiele in einem Team gerne eine Rolle, in welcher Funktion auch immer", sagte Linnemann in der ARD auf die entsprechende Frage nach einer Kandidatur. Bei diesem Team brauche es unbedingt eine breite Aufstellung und auch Frauen. Bisher gelten mit dem Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz, Röttgen, Linnemann, Gesundheitsminister Jens Spahn und CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus fünf CDU-Politiker aus Nordrhein-Westfalen als mögliche Kandidaten für den Parteivorsitz. Laut einer Umfrage für das ARD-"Morgenmagazin" liegt dabei Merz in der Präferenz vor Röttgen und Spahn.

Linnemann dringt zudem auf einen CDU-Bundesparteitag zur Wahl einer neuen Führung bereits im Dezember. Dies sei nötig, weil 2022 wichtige Landtagswahlen anstünden und sich die Partei schnell sortieren müsse. (29.10.2021)

Lindner will an Pendlerpauschale festhalten

FDP-Chef Christian Lindner hat eine Überprüfung der Subventionen des Bundes angekündigt, um Pläne der Koalitionsverhandler von SPD, Grünen und seiner Partei zu finanzieren - an der Pendlerpauschale hält er aber fest. Die Grünen hatten im Wahlkampf deren Begrenzung gefordert. Subventionsabbau dürfe "nicht zu einer Steuererhöhung für die arbeitende Mitte werden, wie es bei der Pendlerpauschale der Fall wäre", sagte Lindner der Düsseldorfer Rheinischen Post.

Stattdessen stellte er die Förderung für Hybrid-Autos mit Verbrenner- und separat aufladbarem Elektromotor in Frage: "Wir geben zum Beispiel eine Milliarde Euro an Subventionen für Plug-in-Fahrzeuge aus, die keinen gesicherten ökologischen Nutzen haben", sagte Lindner.

"In jedem Fall sollten Vorhaben in eine Prioritätenfolge gebracht werden. Nicht alles geht sofort", sagte der Freidemokrat, der Finanzminister werden möchte. "Der Staat hat viel Geld, aber oft fehlen Richtungsentscheidungen. Mein Vorschlag ist, dass wir in den kommenden Jahren öffentlichen Investitionen Vorrang geben vor neuen Konsumausgaben des Staats."

Lindner will private Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung durch die Beschleunigung betrieblicher Abschreibungen "auf zwei oder drei Jahre" ankurbeln. Gefördert werden könnten solche Investitionen durch öffentliche Förderbanken wie die KfW. Für sie schlug er eine Eigenkapital-Aufstockung oder mehr Garantien des Bundes für KfW-Kredite vor.

Subventionen, wie sie von Grünen und SPD vorgeschlagen wurden, sehe die FDP dagegen skeptisch. "Da gibt es Mitnahmeeffekte. Förderkredite erfordern dagegen private Mithaftung und Mitfinanzierung. In jedem Fall gibt es bessere Instrumente als Schattenhaushalte jenseits der parlamentarischen Kontrolle, die von anderen ins Gespräch gebracht wurden." (29.10.2021)

Grüne Jugend lässt Zustimmung zu Ampel offen

Timon Dzienus, der Bundessprecher der Grünen Jugend, warnt seine Partei vor zu großen Zugeständnissen in den Ampel-Verhandlungen mit SPD und FDP und lässt die Zustimmung der Jugendorganisation zu einem möglichen Koalitionsvertrag offen. "Es muss sich spürbar etwas für die Menschen im Land verbessern. Der 1,5-Grad-Pfad muss eingehalten werden. Sonst werden wir diesem Koalitionsvertrag nicht zustimmen", sagte Dzienus dem Magazin Spiegel. Konkret forderte er unter anderem eine Ausbildungsplatzgarantie für junge Menschen, einen Mietenstopp und einen Stopp des Autobahnbaus. Es sei Aufgabe der Grünen Jugend zu zeigen, wenn sie mit Kompromissen nicht einverstanden sei. "Wir werden das Handeln der Ampel kritisch begleiten", so Dzienus. (29.10.2021)

SPD, Grüne und FDP beginnen zu verhandeln

Rund einen Monat nach der Bundestagswahl starten am Mittwoch Arbeitsgruppen von SPD, Grünen und FDP ihre Verhandlungen über ein künftiges Regierungsbündnis. Dazu kommen etwa 300 Fachpolitikerinnen und -politiker in 22 Arbeitsgruppen zusammen. Sie sollen bis zum 10. November ihre Positionen erarbeiten. Diese sollen dann zu den Hauptverhandlern rund um die Parteispitzen gehen, die gegebenenfalls offene Konflikte auflösen sollen. Bis Ende November soll ein Koalitionsvertrag vorgelegt werden. Geplant ist, dass in der Woche ab dem 6. Dezember der neue Bundeskanzler gewählt und die neue Regierung gebildet wird. (27.10.2021)

Wissing sieht noch Spielraum für Steuersenkungen

In der Debatte um Entlastungen für kleinere und mittlere Einkommen hat FDP-Generalsekretär Volker Wissing die möglichen Koalitionspartner von SPD und Grünen vor einem Rückfall "in den Wahlkampfmodus" gewarnt. "Ich bin zunächst einmal überrascht, dass die Steuererhöhungen, die SPD und Grüne im Wahlkampf gefordert haben, ständig für etwas anderes verwendet werden sollten. Erst für Klimaschutz, jetzt für Entlastungen", sagte Wissing der Funke-Mediengruppe. "Es bringt uns aber nicht weiter, wenn jeder Verhandlungspartner darüber spricht, was er machen würde, wenn er alleine regieren könnte."

Wissing machte demnach deutlich, dass er eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen immer noch für möglich hält. "Sie wäre jedenfalls mehr als angebracht. Deshalb behalten wir sie fest im Blick", sagte er. "Auch wenn die Steuerentlastungen im Sondierungspapier nicht aufgeführt sind, bedeutet das nicht, dass wir nicht mehr darüber sprechen. Wir stehen ja erst am Anfang vom Koalitionsverhandlungen." (27.10.2021)

Habeck: "Minister sein und Parteivorsitz ist ausgeschlossen"

Grünen-Co-Chef Robert Habeck hat in einem TV-Interview die Statuten seiner Partei zu Amt und Mandat erklärt. "So viel kann man sagen, als Minister oder als Ministerin Parteivorsitzende zu sein, ist mit unserer Parteikultur nicht vereinbar", sagte Habeck dem Sender Phoenix am Rande der konstituierenden Sitzung des Bundestags. Das Amt des Vorsitzenden in einer Partei wie der Grünen innezuhaben, sei "ein Knochenjob" und keinesfalls ein "repräsentatives Amt", sagte Habeck, darum sei "Minister sein und Parteivorsitz ausgeschlossen".

Wenn es so kommt, wie viele erwarten und Habeck und/oder Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock Minister in einer Ampelkoalition werden, dann müssen sich die Grünen also ein neues Spitzenduo wählen.

Die Parteisatzung der Grünen schließt explizit aus, dass Mitglieder des Bundesvorstandes, und damit auch die beiden Parteivorsitzenden, gleichzeitig ein Regierungsamt ausüben. Ursprünglich galt bei den Grünen sogar eine strenge Trennung von Amt und Mandat. Abgeordnete durften nicht gleichzeitig ein Minister- oder sonstiges Regierungsamt innehaben. Diese Regelung wurde jedoch Anfang der 2000er-Jahre aufgeweicht. Inzwischen können ein Drittel der Mitglieder des Bundesvorstandes Abgeordnete im Bundestag oder in einem der 16 Landtage sein.

Größere Diskussionen gab es Anfang 2018, als Habeck zum Bundesvorsitzenden gewählt wurde. Habeck, bis zu diesem Zeitpunkt Energiewendeminister in Schleswig-Holstein, hatte sich eine Ausnahme ausbedungen. Er wollte sein Amt als Landesminister auch nach seiner Wahl an die Parteispitze noch einige Monate weiterführen, um einen geordneten Übergang zu ermöglichen. Das wurde ihm nach längeren Diskussionen in der Partei gewährt, allerdings musste dafür die Satzung geändert werden. Von einer "Lex Habeck" war damals die Rede.

Seitdem gilt eine achtmonatige Übergangsfrist. Annalena Baerbock und Robert Habeck dürften also, sollten sie Anfang/Mitte Dezember tatsächlich als Minister vereidigt werden, noch bis ungefähr August übergangsweise Grünen-Chefs bleiben. (26.10.2021)

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