So betrifft der G7-Gipfel in Elmau aus Bad Tölz-Wolfratshausen:Wer nicht fahren oder fliegen muss, verzichte

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Anlässlich des G-7-Gipfels ist die Polizei auch im Landkreis überpräsent. Im Kloster Benediktbeuern werden die Einsatzfahrzeuge geparkt. (Foto: Manfred Neubauer)

Von Sonntag bis Dienstag treffen sich die Staats- und Regierungschefs auf Schloss Elmau. Einwohner und Touristen in Bad Tölz-Wolfratshausen werden Auswirkungen deutlich merken - und sollten entweder Zeit und Ausweis mitbringen, oder zuhause bleiben.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Grün, wohin das Auge reicht. Und weiß. Und immer wieder auch blau-weiß: Wer in den vergangenen Tagen in Richtung Kochelsee oder Walchensee unterwegs war, hat die vielen Polizei-Einsatzfahrzeuge auf der Straße bereits bemerkt. Andere Landkreisbewohner vernahmen das laute Knattern von Hubschraubern über ihren Dächern. Es ist der Gipfel, der hinter dieser außergewöhnlichen Präsenz von Einsatzkräften steckt, genauer gesagt der G-7-Gipfel, der von Sonntag, 26. Juni, bis Dienstag, 28. Juni, im Nachbarlandkreis abgehalten wird. Doch während sich die Augen der Welt nach Elmau richten, hat das politische Großereignis eben auch für Einwohner und Gäste in Bad Tölz-Wolfratshausen Auswirkungen. Schließlich ist es klassisches "Überflugsgebiet" zwischen München, wo Olaf Scholz, Joe Biden, Boris Johnson, Emmanuel Macron, Mario Draghi, Justin Trudeau und Fumio Kishida zunächst landen werden, und dem Veranstaltungsort. Oder auch "Durchfahrts-Landkreis", sollte das Wetter den Hubschraubertransport vereiteln. Bad Tölz-Wolfratshausen ist also mit der Garmischer Autobahn und seinen möglichen alternativen Routen nach Krün, etwa über den Kochel- und Walchensee, für Ablauf und Sicherheit maßgeblich wichtig. Wer indes hier lebt oder urlaubt, sollte sich also gewahr sein über einen Ausnahmezustand, der bevorsteht. Ein Überblick:

Polizeipräsenz und Ausweispflicht

Es ist davon auszugehen, dass zu Spitzenzeiten rund 18 000 Einsatzkräfte eingesetzt sein werden. Damit bewegt sich die voraussichtliche Anzahl an Einsatzkräften im ähnlichen Rahmen wie im Jahr 2015. "Es handelt sich dabei um den größten Einsatz der Bundespolizei in Bayern seit Jahren", teilt die Bundespolizeidirektion München mit. Die Beamtinnen und Beamten werden "insbesondere im südbayerischen Raum" präsent sein, heißt es dort. Und die haben zu tun: Seit dem 13. Juni und noch bis zum 3. Juli sind wieder Grenzkontrollen auch an Schengen-Binnengrenzen eingeführt. An den Übergängen zwischen Bayern und Tirol werden Grenzstationen temporär neu errichtet oder alte wiedereingesetzt. Mehrere Hubschrauber fliegen regelmäßig Patrouille an den Grenzen - und sind dabei auch immer wieder im Luftraum von Bad Tölz-Wolfratshausen sicht- und hörbar. Grundsätzlich sind solche Grenzkontrollen aber flexibel überall möglich. Kontrollen könnten nicht nur an den Übergängen des Landkreises, also in Vorderriß und am Achenpaß, auf den Straßen und in Zügen stattfinden, sondern auch an jeder anderen Straße, auf Wanderwegen und den "grünen Grenzen". Die Beamten bitten deshalb darum, Reisepass oder Personalausweis mitzuführen.

Auch 2015 fanden auf der A95 Richtung Garmisch vermehrte Polizeikontrollen statt. Das wird beim G-7-Gipfel 2022 ähnlich sein. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Verbot für Gleitschirme, Drachen- und Segelflieger

Neben den Sicherheitsbereichen am Boden ist auch die Sicherung des Luftraums ein wesentlicher Bestandteil des Sicherheitskonzepts, erklärt die Bayerische Polizei. Dazu hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr Flugbeschränkungsgebiete erlassen: Von Samstag, 25. Juni, 14 Uhr, bis zum Dienstag, 28. Juni, Mitternacht, dürfen in einem Radius von rund 56 Kilometer um den Veranstaltungsort "keine bemannten Flüge nach Sichtflugregeln durchgeführt werden", wie es offiziell heißt. Dies gilt zum Beispiel für Drachenflieger, Gleitschirmflieger oder Segelflieger. Der Radius schließt damit auch das Brauneck und den Blomberg ein, beliebte Ziele für Gleitschirm- und Drachenflieger, sowie die Segelflugplätze Königsdorf und Benediktbeuern. Nur der klassische Linienflug ist davon nicht betroffen. Unbemannte Luftfahrtsysteme, zum Beispiel Drohnen oder ferngesteuerte Flugmodelle, dürfen in dieser Zeit um den Veranstaltungsort Elmau in einem Radius von rund 19 Kilometer und um den Flugplatz Pömetsried in einem Radius von rund sechs Kilometer nicht betrieben werden.

Während der Ankunft und der Abreise der Staats - und Regierungschefs wird am Samstag von 14 Uhr bis Sonntag, 15 Uhr, und am Dienstag von 9 Uhr bis 24 Uhr ein zweites temporäres Flugbeschränkungsgebiet um den Flughafen München erlassen. Es wurde ebenfalls mit einem Radius von 56 Kilometer festgelegt und über einen Verbindungskorridor mit dem Flugbeschränkungsgebiet in Elmau verbunden. Das Ausmaß des Flugbeschränkungsgebiets reicht somit praktisch von Ingolstadt bis zur italienischen Staatsgrenze und am Alpenrand von Füssen bis an den Tegernsee. Ausgenommen von dieser Regelung sind Flüge des Rettungsdienstes, der Polizei, der Bundeswehr sowie ausländischer Staatsluftfahrzeuge mit G-7-Bezug. "Ein Verstoß gegen das Flugbeschränkungsgebiet stellt eine Straftat dar", betonen die Beamten.

Straßensperren

Mit Ausnahme des Sicherheitsbereichs rund um das Schloss Elmau wird Garmisch-Partenkirchen auch während der Tagung grundsätzlich erreichbar bleiben. "Der Ziel- und Quellverkehr in den Raum Garmisch-Partenkirchen ist möglich und erlaubt", erklärt die Polizei. Aber: Die polizeiliche Sicherung des Gipfels sowie die zu erwartenden Kundgebungen machen gegebenenfalls temporäre Verkehrssperren notwendig und können zu Verkehrsbehinderungen führen.

Der überregionale Durchgangsverkehr wird bereits seit Donnerstag, 23. Juni, weiträumig umgeleitet. Hierzu wurden rund 20 Kontrollstellen in Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald, aber auch im überregionalen Raum eingerichtet. Eine dieser Kontrollstellen befindet sich auf der Autobahn A 95 an der Ausfahrt Sindelsdorf. Dort wird der überregionale Durchgangsverkehr von der Autobahn abgeleitet. Verkehrsteilnehmer, die aus persönlichen oder auch beruflichen Gründen nach Garmisch-Partenkirchen möchten, können nach der Kontrolle über die A 95 weiter fahren. Wo die weitere Kontrollen errichtet wurden oder noch werden, insbesondere in Bad Tölz-Wolfratshausen, darüber schweigt sich die Polizei bewusst aus, aus "einsatztaktischen Gründen", wie es dort heißt. Grundsätzlich aber wird empfohlen - neben der Mitführung von Ausweispapieren -, für alle Fahrten mehr Zeit einzuplanen, "da es zu Stauungen kommen kann", so die Polizei. Landkreisbewohner und Gäste werden deshalb aufgerufen, auf nicht unbedingt notwendige Fahrten zu verzichten.

Ausweichroute für Biden und Co.

Sollten die Teilnehmer des G-7-Gipfels wetterbedingt nicht vom Münchner Flughafen bis zum Schloss geflogen werden können, muss der Transfer von Olaf Scholz, Joe Biden, Boris Johnson, Emmanuel Macron, Mario Draghi, Justin Trudeau und Fumio Kishida und ihrer Entourage mit Fahrzeugen durchgeführt werden. "Dies wird temporäre Sperrungen auf den möglichen Transferstrecken und damit Verkehrsbeeinträchtigungen nach sich ziehen", warnen die Beamten. Betroffen sein werden in diesem Fall Streckenabschnitte vom Münchner Flughafen bis Elmau. Und auch hier wiederholt sich die Warnung: "Die Strecken zwischen der Stadtmitte München und dem Flughafen sowie die Verbindung von München nach Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald werden während des G-7-Gipfels stark ausgelastet sein." Wer also nicht unbedingt fahren muss und zum Gipfel eingeladen ist, sollte nach Möglichkeit auf eine Autofahrt verzichten.

2015 fuhr der Konvoi zum G-7-Gipfel über die Garmischer Autobahn. Auch 2022 ist das eine der möglichen Routen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Proteste und Haftung

Bislang sind nach Auskunft des Landratsamts und des Polizeipräsidiums im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen keine Aktionen und auch keine Camp-Flächen für Gipfelgegner angemeldet. Für den Fall, dass es bei Bürgern zu unmittelbaren gipfelbedingten Schäden kommen sollte, wurde eine zentrale Schadensausgleichsstelle eingerichtet. Personen, die einen Anspruch geltend machen möchten, können sich an das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen wenden. Die Schadensausgleichstelle ist unter 08221/751-600 erreichbar.

Informationen

Seit Mitte Mai gibt es zu Fragen rund um den Gipfel ein Bürgertelefon. Aus Deutschland ist die Hotline erreichbar unter der Rufnummer 0800/776 63 30. Für Anfragen aus Österreich steht die Rufnummer 00800/77 66 33 00 zur Verfügung. Dort können Interessierte alle Fragen im Zusammenhang mit dem Gipfeltreffen direkt an die Beamten richten.

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