München heute:Fußgängerzone wird 50 Jahre alt / Kostenexplosion und Verzögerung bei zweiter Stammstrecke

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Tausende Gäste, 2100 Maß Freibier und 10 000 Gratisbrezn: Am 30. Juni 1972 eröffnet Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel die Münchner Fußgängerzone, die pünktlich zu den Olympischen Spielen fertig gestellt worden war. (Foto: Fritz Neuwirth/SZ Photo)

Nachrichten und Lesenswertes aus der Stadt.

Von Catherine Hoffmann

Am Tag der Eröffnung der Münchner Fußgängerzone vor 50 Jahren fragt die Abendzeitung Passanten: "Ist München schöner geworden?" Die lassen sich nicht lange bitten. "Früher hat ma auf de Autos und Trambahnen obacht gebn müssen, jetzt auf de Leid. Es ist fast gefährlich heut, bei dem Hin und Her, bei dem Kreiz und Quer der Fußgänger", sagte damals die Postangestellte Josefine Hörl. "Allerdings gfalln mir de Fassad'n und Blumen scho guat." Und der Rentner Ernst Reitberger gab zu Protokoll: "Endlich ko ma im Zentrum aufatmen. Sie glaubn net, wos hier früha für a Gehupe, Gequietsch und Geklingl war."

Für viele Münchnerinnen und Münchner war der 30. Juni 1972 ein Tag des ungläubigen Staunens und ein Grund zum Feiern. Tausende waren auf den Marienplatz gekommen. Das kühle Freibier, das gratis ausgeschenkt wurde, kam ihnen bei dem heißen Gedränge gerade recht. Zusammen mit Brezn und Blasmusik sorgte es fast schon für Wiesnstimmung.

Schwer vorzustellen, was heute geschehen müsste, damit die Münchner in einen ähnlichen Freudentaumel über die Neugestaltung ihrer Innenstadt verfallen würden. Dabei ist gerade vieles im Umbruch. Wer über die Schützenstraße, Neuhauser Straße und Kaufingerstraße läuft, kommt an einigen Großbaustellen vorbei, an geschlossenen Geschäften und neu eröffneten Läden mit "naimodischem Glump", wie es in den Siebzigerjahren geheißen hätte. Diese Fußgängerzone, die zu Zeiten der Olympischen Spiele in München kein Beispiel in Deutschland kannte und die vom damaligen Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel als Sieg gegen die "Übermotorisierung" (!) und die "Auswüchse des ökonomischen Prinzips" gepriesen wurde, ist heute in die Jahre gekommen.

Ja, sie ist immer noch das teuerste Einkaufspflaster Deutschlands, begehrt vor allem bei internationalen Filialketten, die sich die horrenden Mieten leisten können - so viel zum ökonomischen Prinzip. Aber die Vielfalt hat gelitten, für lokale Identität sorgen allenfalls noch Münchner Platzhirsche wie Hirmer, Ludwig Beck und Bettenrid. Und zum Verweilen hat die grau gepflasterte Platte noch nie so recht eingeladen: Es fehlt an Grün, attraktiven Cafés, Spielplätzen und vielem mehr, was sich Stadtplaner und Rathauspolitikerinnen heute wünschen. An Ideen mangelt es nicht. Wohl aber am Mut, der Münchner Fußgängerzone 50 Jahre nach ihrer feierlichen Eröffnung ein neues Gesicht zu geben. Wo sind sie hin, die Aufbruchstimmung und die Begeisterung für die Zukunft, von denen die Wirtschaftswunderjahre geprägt waren (SZ Plus)?

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