Bilanz nach einem Monat:Welchen Effekt hat das Neun-Euro-Ticket in München?

Bilanz nach einem Monat: Volle Bahnsteige vor allem am Wochenende: Das Neun-Euro-Ticket wird angenommen.

Volle Bahnsteige vor allem am Wochenende: Das Neun-Euro-Ticket wird angenommen.

(Foto: Robert Haas/Robert Haas)

Wie das Zwischenfazit der Verkehrsbetriebe aussieht - und wie sich das Ticket auf den Autoverkehr in der Stadt auswirkt.

Von Andreas Schubert

Überfüllte Züge und sogar eine Zugräumung am vergangenen Wochenende am Münchner Hauptbahnhof: Das Neun-Euro-Ticket zeigt den erwarteten Effekt. Die Menschen nehmen das Billigangebot an, wie sich einen Monat nach der Einführung des Tickets zeigt. Vor allem der Freizeitverkehr mit Bussen und Zügen hat deutlich zugenommen, das betrifft auch den Raum München.

Bei der Münchner S-Bahn sind neben dem Innenstadtbereich vor allem die Ausflugslinien in die Seengebiete, etwa zu Starnberger See oder Ammersee, stärker nachgefragt. Hier sind gerade auch an Wochenenden und in der Ferienzeit mehr Fahrgäste unterwegs. "Die S-Bahn hat daher zusätzliches Personal zur Reisendenlenkung im Einsatz und hält für alle Fälle Züge bereit, die bei Bedarf kurzfristig zusätzlich eingesetzt werden können", so der Sprecher. Unter der Woche hat das Neun-Euro-Ticket die Zahl der Bahn-Fahrgäste um etwa zehn Prozent erhöht.

Die gleiche Zahl vermeldet auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). "Ob diese zehn Prozent tatsächlich alle aufgrund des Neun-Euro-Tickets neu dazugekommen sind oder ob auch andere Faktoren - mehr Veranstaltungen, mehr Freizeitaktivitäten, mehr Touristen - und wenn ja, in welchem Ausmaß, zu dem Plus an Fahrgästen geführt haben, können wir leider noch nicht sagen", sagt ein MVG-Sprecher. Bis Anfang Juni waren die Fahrzeuge der MVG zu etwa 80 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau ausgelastet, es gibt also noch Luft nach oben. An Wochenenden allerdings verzeichnet die MVG eine Belegung, die etwa auf Vor-Corona-Niveau liegt. Man sei aber weit entfernt von einer Überlastung.

Die Verkehrsunternehmen wenden alle verfügbaren Kapazitäten auf

Auch die Bayerische Regiobahn, mit der von München aus unter anderem touristische Ziele in Oberbayern, im Allgäu sowie in Österreich erreicht werden können, sieht eine deutliche Zunahme bei Ausflüglern und älteren Menschen, wie eine Sprecherin der dpa sagte. "Viele freuen sich, dass sie mit wenig Geld mal weiter wegfahren können." Während der Pandemie habe man zum Teil nur noch 30 Prozent Auslastung gehabt. "Jetzt sind die Züge wieder so voll wie vor Corona."

Die Verkehrsunternehmen betonen, dass sie alles an verfügbaren Kapazitäten bei Personal und Fahrzeugen aufwenden. Lukas Iffländer, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Pro Bahn, zieht allerdings eine "gemischte Bilanz des Neun-Euro-Tickets", wie er sagt. Die Bahnbetreiber hätten zwar die "zwei bis drei Prozent, die noch möglich waren, rausgeholt". Dennoch sei das System am Limit. Das Neun-Euro-Ticket zeige immerhin, wie viele Menschen den ÖPNV nutzen würden, wenn er günstig und einfach wäre.

Auf den Autoverkehr wirkt sich das Ticket nur gering aus: Der Verkehrsdatenanbieter Tom-Tom, der das "Stau-Niveau" anhand von Daten aus Navigationsgeräten beobachtet, misst für die Pfingstferien 2022 einen Wert von 20,5 Prozent. Diese Angabe steht für die zusätzliche Reisezeit, die durch Staus entsteht, die Vergleichsgröße bildet der Wert des freien Verkehrsflusses, der meistens nachts gemessen wird. In den Pfingstferien 2021 lag das Stau-Niveau bei 23,2 Prozent, 2020 bei 20,2 Prozent und im Vor-Corona-Jahr 2019 bei 23,2 Prozent.

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