Windenergie im Landkreis Ebersberg:Eine Frage des Abstands

Lesezeit: 3 min

Das Windrad bei Hamberg in der Gemeinde Bruck könnte Gesellschaft bekommen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Angesichts neuer Ziele des Bundes möchten die Fraktionen von Grüne und SPD im Kreis-Umweltausschuss die 10-H-Regel für die geplanten Windräder im Ebersberger Forst kippen. Der Vorschlag stößt jedoch auf Widerstand.

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Manchmal kommt es auf jeden einzelnen Begriff an. In diesem Fall geht es um das Wörtchen "derzeit": Wenn es nach den Fraktionen der Grünen und SPD geht, erlaubt dieses Wort als Bestandteil eines Beschlusses aus dem Januar 2020, von der damals festgelegten 10-H-Regel für die geplanten Windräder im Ebersberger Forst sowie von dem 15-Kilometer-Radius zum Wetterradar Isen nun abzurücken - das wurde in der in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses im Kreistag deutlich. Der Kreistag hätte schließlich beschlossen, "derzeit" solche Flächen als Bereiche zu definieren, "die von Windkraft freigehalten werden sollen". Die übrigen Fraktionen, allen voran Landrat Robert Niedergesäß (CSU), lehnten eine Abkehr von 10H jedoch vehement ab.

Der Vorstoß der Grünen und Sozialdemokraten lag nicht nur am Wörtchen "derzeit", sondern an der Formulierung in Verbindung mit dem im April vorgelegten Osterpaket des Bundeswirtschaftsministeriums: Ein Plan, durch den die Stromversorgung in Deutschland bis zum Jahr 2035 beinahe vollständig aus erneuerbaren Energien erfolgen soll und somit auch unabhängig von russischen Energieimporten. Demnach sollen künftig zwei Prozent der Fläche in Deutschland dazu verwendet werden, um Windkraft zu produzieren.

Demnächst will der Bund Vorgaben zur Nutzung von Landschaftsschutzgebieten vorlegen

Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, sollen in einem Sommerpaket folgen. Angekündigt wurde bereits, dass es wohl Vorgaben zur Nutzung von Landschaftsschutzgebieten für Windenergie beinhalten wird. Laut Frank Burkhardt, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, könnte es durchaus sein, dass sich die derzeit durchgeführte Strategische Umweltprüfung (SUP) für den Ebersberger Forst damit erübrigt. Eine solche ist aktuell notwendig, um die Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet (LSG) Ebersberger Forst zu ändern - erst dann wäre der Bau von Windkraftanlagen möglich.

Ein weiterer Punkt, der sich verändern könnte: Die 10-H-Regel, die in Bayern einen Mindestabstand von Windrad und Gebäuden vorsieht und dementsprechend bestimmte Areale für Anlagen ausschließt. Ende April hat die CSU-Landtagsfraktion eine Absichtserklärung veröffentlicht, laut der Ausnahmen von 10H möglich sein sollen, unter anderem bei "Staats-, Körperschafts- und Privatwäldern sowie im Bundesforst", wie es in den Sitzungsunterlagen heißt.

SZ PlusGastfamilien für Geflüchtete
:"Es macht einfach müde"

Sie haben freiwillig Ukrainer aufgenommen, doch mittlerweile ist der Tenor unter vielen: Enttäuschung. Denn aus der Übergangslösung ist ein Dauerzustand geworden, der bürokratische Aufwand immens. Wie sich Familien im Landkreis Ebersberg nun zu helfen versuchen.

Von Johanna Feckl

Die Rahmenbedingungen hätten sich verändert, sagte Bianka Poschenrieder (SPD). "Auch wir haben uns an die Gesetzeslage zu halten." Dementsprechend sollte sich der Landkreis auch von der beschlossenen 15-Kilometer Abstandsgrenze zum Wetterradar abwenden - diese wurde vom Bund auf fünf Kilometer reduziert. Ohne 10H und nur noch fünf Kilometer Radarabstand wäre es möglich, der Verwaltung bei der Planung im Forst "mehr Spielraum" zu gewähren, sagte Niklas Fent (Grüne). Fraktionskollege Thomas von Sarnowski wies darauf hin, dass ein solches Vorgehen im Sinne des Artenschutzes wäre. Denn mit mehr potenzieller Fläche könnte man sich auf diejenigen einigen, die den geringsten Einfluss auf das Leben im Forst nehmen.

Der Landrat kann sich vorstellen, den damals beschlossenen 15-Kilometer-Abstand zum Wetterradar zu ändern

"Wir dürfen gegenüber den Bürgen nicht wortbrüchig werden", sagte Josef Oswald (CSU). "Da sollten wir die Finger davon lassen." Auch Landrat Niedergesäß sprach sich vehement gegen das Abrücken von 10H aus. "Davor kann ich nur eindrücklich warnen." 10H sei "Geschäftsgrundlage" gegenüber der Bevölkerung beim Bürgerentscheid im vergangenen Jahr gewesen. Was den Wetterradar anbelangt, sei er hingegen "flexibel". Er und Martin Lechner (CSU) sehen keine Probleme, die fünf Windräder auch mit Beibehalten der Abstandsregel im Forst optimal unterzubringen. "Wenn es schwierig wäre, ok - aber ohne Not schon gleich gar nicht", sagte Lechner.

Auf Vorschlag einer Mitarbeiterin im Landratsamt soll nun beim bevorstehenden Treffen der Beteiligten Anfang Juni darüber informiert werden, welche Änderungen ein Wegfall von 10H und nur noch einem Abstand von fünf Kilometer zum Wetterradar auf die möglichen Flächen überhaupt haben würde. Denn durch ausgewiesene Wasserschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Gebiete könnte es faktisch vielleicht kaum einen Unterschied machen.

Der Großteil der Windräder, die im Landkreis geplant sind, soll jedoch nicht im Forst entstehen, sondern auf Gemeindegebieten. Klimaschutzmanagerin Lisa Rütgers stellte dem Gremium deshalb anschließend hier den aktuellen Stand vor. So habe es eine Befragung der Gemeinden gegeben, in der das Potenzial an geeigneter Flächen ausgelotet wurde. 17 der 21 Gemeinden haben innerhalb der Frist eine Rückmeldung gegeben. Demnach planen nur wenige bereits konkrete Standorte.

Insgesamt werden bislang maximal elf Standorte in Betracht gezogen - mindestens notwendig, um die Klimaziele zu erreichen, sind 21. In Bruck, wo das bislang einzige Windrad im Landkreis steht, wird bereits eine zweite Anlage geplant. In Egmating, Oberpframmern und Moosach werden laut Rütgers konkrete Standorte für eine mögliche Realisierung vorangetrieben. In Grafing, Poing, Vaterstetten und Zorneding würden die Planungen konkretisiert, um Potenzialflächen auszuweisen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Radschnellweg im Landkreis Ebersberg
:Rückenwind, fast überall

An der Gruber Straße in Poing soll beidseitig ein meist drei Meter breiter Fuß- und Radweg entstehen - eine Verbesserung, aber nicht ganz das, was einen Radschnellweg ausmacht. Ein solcher ist von München über Poing bis nach Markt Schwaben geplant.

Von Johanna Feckl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: