Feiern in München:Alkoholverbot wegen Corona? Wie andere Städte das Party-Problem lösen

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Wegen der Pandemie gelten in München auf öffentlichen Plätzen nachts wohl bald Einschränkungen beim Alkoholkonsum. Andere Großstädte setzen dagegen auf alternative Verfahren.

29,29: Noch ist die kritische Marke nicht erreicht. Doch sobald die Sieben-Tages-Inzidenz den Wert von 35 Infizierten pro 100 000 Einwohnern erreicht, gibt es in München Einschränkungen beim öffentlichen Alkoholkonsum - von 21 Uhr an darf dann stadtweit kein Alkohol to go mehr verkauft werden und von 23 Uhr an nichts mehr öffentlich konsumiert werden. Damit will Stadt verhindern, dass sich durch enges, alkoholenthemmtes Feiern das Coronavirus weiter ausbreitet. Andere Städte setzen da auf andere Maßnahmen. Ein Überblick:

Berlin

Eine Diskussion, wie mit feiernden Gruppen im öffentlichen Raum umgegangen werden soll, gibt es auch in Berlin. Ein Alkoholverbot gibt es gleichermaßen nicht, als Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ein solches ins Gespräch brachte, ruderte sie tags drauf wieder zurück. Die politische Diskussion dreht sich seither eher um Restaurants, die ihre Tische zu eng zusammengestellt haben, und darüber, ob die Bußgelder für Verstöße hoch genug sind und ob die Kontrollbehörden mehr Mitarbeiter benötigen, um die Corona-Bestimmungen einhalten zu können. Ein weiteres Problem seien private Feiern, die man nicht in der Griff bekomme, sagt Georg Kössler, clubpolitischer Sprecher der Grünen. Die Politik hat in Berlin die Corona-Ampel eingeführt, um festzustellen, ob Handlungsbedarf besteht. Gemessen werden täglich die Reproduktionszahl, die Sieben-Tage-Inzidenz und der Anteil an Covid-19-Patienten an Plätzen auf Intensivstationen. Übersteigen in zwei der drei Fälle die Zahlen eine zuvor festgelegte Grenze, springt die Ampel auf Orange oder Rot, sprich der Senat debattiert über Maßnahmen oder ergreift diese konkret. IMEI

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:München führt Alkoholverbot ein - was das konkret bedeutet

Das Verbot gilt in der ganzen Stadt ab 23 Uhr bis 6 Uhr morgens. Was das heißt und wie die Stadt das kontrollieren will - ein Überblick.

Von Ekaterina Kel, Franz Kotteder und Kassian Stroh

Hamburg

In der Hansestadt ist der Außerhausverkauf von alkoholischen Getränken in diesem Sommer eingeschränkt. In dem Stadtstaat haben die Bezirke Altona, Hamburg-Mitte und Eimsbüttel bestimmte Plätze und Straßen ausgewiesen, an denen diese Einschränkung an Freitagen und Samstagen von 22 Uhr bis 6 Uhr früh des nächsten Tages gilt. Bei Verstößen gibt es Bußgelder bis 1000 Euro. Die Verordnung zielt vor allem auf Kioske, Tankstellen und den Einzelhandel. Die Außengastronomie darf weiter Alkohol ausschenken, dort müssen sich die Gäste ja auch registrieren. Die Einschränkungen gelten nicht durchgehend, sie werden jeweils in der Mitte der Woche für das nächste Wochenende verhängt, abhängig vom Wetter und vom Infektionsgeschehen. Zunächst galt das Verkaufsverbot schon von 20 Uhr an. Drei Wochen nach dem Ende der Sommerferien ist die Zahl der Neuinfektionen in Hamburg zurückgegangen und Hamburger dürfen von diesem Wochenende an zwei Stunden länger im Freien trinken. ANH

Köln

In Nordrhein-Westfalens Millionenstadt wird nicht nur an Karneval gerne und viel gefeiert. Die Stadt lebt auch von ihrem dichten Netz an Büdchen, in denen sich die Kölnerinnen und Kölner von morgens bis nachts mit Kölsch, Prosecco, Fassbrause und Co. für Parks und Plätze im Freien eindecken können. "Solange sich das alles in einem vernünftigen Rahmen bewegt und weder zu Alkoholleichen, Müllhinterlassenschaften oder zu Verhältnissen führt, die den Nächsten wirklich stören, ist dagegen ja nichts einzuwenden", heißt es von der Stadt. Problematisch seien aber "permanente nächtliche Partys", die Anwohner nicht mehr schlafen ließen. Ein Alkoholverbot für die ganze Domstadt gibt es aber nicht. Für den Brüsseler Platz gilt derzeit ein Verweilverbot und in Einzelfällen haben die Kölner Behörden auch schon per temporärer Ordnungsverfügung den Alkoholverkauf in Supermärkten und Büdchen untersagt - um Ansammlungen in der Nähe zu entzerren und zu verhindern. JANA

Frankfurt

Seit den Krawallen auf dem Frankfurter Opernplatz Mitte Juli, bei denen fünf Polizisten verletzt und 39 Personen vorübergehend festgenommen wurden, gilt dort an Wochenenden ein Betretungsverbot. Von Mitternacht an darf niemand mehr auf den Platz, um 1 Uhr wird er dann von der Polizei geräumt. Die Feiernden verteilen sich seither über die Stadt, meist in kleinen Gruppen, Ausschreitungen gab es seither nicht mehr. Anderweitige Maßnahmen wie ein Alkoholverbot sind nicht angedacht. IMEI

Stuttgart

Die Stadt Stuttgart ist insgesamt sehr stolz darauf, dass die öffentlichen Flächen der Innenstadt bei schönem Wetter ein lebendiger Treffpunkt für Menschen aller sozialen Milieus sind. Politik und Verwaltung wollen, dass das so bleibt. Sie suchen nach einem sanften Weg, um das Nachtleben am zentralen Schlossplatz und im Oberen Schlossgarten, wo die Krawalle in der Nacht auf den 21. Juni begonnen haben, zu regulieren. Die Diskussion über ein Alkoholverbot hat sich dabei überraschend schnell gelöst: Im Oberen Schlossgarten mit einem künstlichen Tümpel, dem sogenannten Eckensee, bestand es nämlich schon vor der Randalenacht - es war nur nicht durchgesetzt worden. Eigentümer des Schlossgartens ist das Land, das in seiner Hausordnung festgelegt hat, dass "nachhaltiger Alkoholgenuss" dort verboten ist. Noch immer treffen sich Jugendliche und junge Erwachsene in lauen Sommernächten am Eckensee - und noch immer haben sie das ein oder andere Getränk dabei. Die Polizei fährt eine tolerante Linie und lässt die Feiernden gewähren, solange sie nüchtern sind. Haben die Beamten den Eindruck, dass eine Gruppe dem Alkohol zu ausgiebig zugesprochen hat, weist sie auf das Alkoholverbot hin. Zwischen Mitternacht und 1 Uhr werden dann meist auch die letzten Gäste aufgefordert, ihren Müll einzusammeln und zu gehen. Bisher hat sich diese Strategie bewährt. Die Polizei ist noch immer stärker präsent als vor den Krawallen, hat die Personalstärke aber wieder etwas zurückgefahren. Nach einer Ausweitung des Alkoholverbots sieht es derzeit nicht aus. HENZ

© SZ vom 27.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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