Coronavirus-Ausbreitung:München will Alkohol auf Plätzen verbieten

Menschen feiern in München während der Corona-Pandemie

Schön, grün und deshalb ein beliebter Ort für Treffen unter freiem Himmel: der Gärtnerplatz.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Die Politik diskutiert über drastische Schritte, sollte die Zahl der Neuinfektionen weiter so steigen. Es könnte zu Einschränkungen im gesamten Stadtgebiet kommen.

Von Franz Kotteder

Ein stadtweites Alkoholverbot auf allen Straßen, Plätzen und anderen öffentlichen Räumen: Das soll es in München geben, wenn die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus weiter so drastisch ansteigt wie in den vergangenen Tagen. Die endgültige Entscheidung darüber wird voraussichtlich am Dienstag fallen. Im Grundsatz aber sind sich die Parteien im Rathaus einig, dass eine derartige Maßnahme nötig ist.

Das Verbot soll demnach gekoppelt werden an die Zahl neu aufgetretener Krankheitsfälle. Steigt die Sieben-Tage-Inzidenz auf 35 pro 100 000 Einwohner, so soll es ein Alkohol-Verkaufsverbot von 21 Uhr oder 22 Uhr an geben, von 23 Uhr an wäre dann sogar der Konsum verboten. Am Montag war eine Inzidenz von 30,92 erreicht worden.

Bei einem runden Tisch, den Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eigentlich zum Thema Gärtnerplatz einberufen hatte, wurde am Montag der neue Vorschlag erarbeitet. Bis Dienstagmittag sollen die Fraktionen nun dazu Stellung nehmen. An dem runden Tisch, der gut zwei Stunden dauerte, trafen sich Vertreter der Rathausfraktionen, verschiedener städtischer Referate, des Bezirksausschusses und von Polizei sowie kommunalem Außendienst beim Oberbürgermeister.

Ursprünglich sollte es dabei nur um den Gärtnerplatz gehen; Ausgangspunkt war ein Stadtratsantrag der CSU gewesen, die gefordert hatte, auf dem Gärtnerplatz mehr Toiletten aufzustellen. Am Gärtnerplatz versammeln sich Abend für Abend vorwiegend junge Münchner zum Feiern. Meist sind es mehrere Hundert, Ende Juli waren es sogar bis zu 1800. Die Polizei hat den Platz schon des Öfteren wegen der Missachtung von Abstandsregeln geräumt, es gab insgesamt 16 solcher Einsätze.

Verbote soll es geben, wo sich viele Menschen aufhalten - zu viele

Inzwischen ging es aber längst nicht mehr nur um Beschwerden der Anwohner. Bereits am Wochenende verzeichneten die Behörden 139 Neuinfizierte in der Stadt, die Sieben-Tages-Inzidenz war damit erneut deutlich gestiegen, auf 30,92. Nachdem man damit rechnen muss, dass die Zahl von 35, bei der in Bayern drastischere Maßnahmen als Abstandsregeln notwendig werden, schon Anfang dieser Woche erreicht wird, ging es nicht mehr nur um den Gärtnerplatz. Und weil der Stadtrat Verdrängungseffekte befürchtet, soll das Alkohol-Verbot in der ganzen Stadt gelten.

Es sei in der Sitzung sehr schnell klar gewesen, so sagen Teilnehmer, dass das aktuelle Infektionsgeschehen sämtliche weiteren Maßnahmen bestimme. OB Reiter erklärte im Anschluss: "Auch wenn der Gärtnerplatz in den letzten Wochen besonders im Fokus stand und die Abstandsregelungen hier nicht eingehalten wurden, müssen vor diesem Hintergrund dringend stadtweit Maßnahmen umgesetzt werden." Auch an der Isar, im Englischen Garten und an vielen anderen Plätzen in der Stadt würden oft die Abstandsregeln vernachlässigt und damit Ansteckungen mit dem Coronavirus in Kauf genommen.

Bei weiter steigenden Infektionszahlen bis hin zum bundesweiten Schwellenwert von 50 drohe auch eine Einschränkung des Schul- und Kitabetriebs, so Reiter: "Dies will ich unbedingt vermeiden!" Er appellierte an die Münchner, sich solidarisch zu verhalten, "zum eigenen, aber auch zum Schutz der anderen. Wir sind eine solidarische Stadtgesellschaft und sollten das auch wieder deutlicher zeigen."

Eine "besorgniserregende Zahl von Neuinfektionen"

Auch die einzelnen Fraktionen äußerten Zustimmung. Dominik Krause (Grüne/Rosa Liste) meinte, seine Fraktion halte normalerweise ja nicht viel von Alkoholverboten im öffentlichen Raum, "wir haben hier aber eine außergewöhnliche Situation, wir müssen eine Pandemie bekämpfen". Deshalb werde es wohl auf das Verbot bei Erreichen des Signalwerts hinauslaufen.

"Wir haben es da mit einer wirklich besorgniserregenden Zahl von Neuinfektionen zu tun", so sein Stadtratskollege Christian Vorländer (SPD/Volt), "und es war allen auch klar, dass man eine stadtweite Lösung braucht". Manuel Pretzl, der CSU-Fraktionsvorsitzende im Rathaus, pflichtet ihm bei: "Da muss man handeln. Für uns ist es gewiss nicht die entscheidende Frage, ob das Alkoholverbot schon um 21 Uhr oder erst um 22 Uhr beginnt." Angesichts der stark gestiegenen Infektionszahlen bleibe keine andere Wahl.

Wie das Verbot ausgesprochen werden soll, ist noch nicht geklärt. Vermutlich wird es eine dringliche Anordnung von Oberbürgermeister Dieter Reiter geben. Denn die nächste ordentliche Sitzung des Feriensenats ist im Stadtrat erst am Mittwoch in einer Woche. Auch deshalb wollte Reiter möglichst alle Rathausparteien schon im Voraus in die Entscheidung einbinden.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte sich bereits kurz nach dem Ende des runden Tischs zu den Vorschlägen. Die Stadt und Reiter hätten seine volle Unterstützung, auch für ein stadtweites Alkoholverbot, das sich dazu eigne, abendliche Versammlungen auf Plätzen zu entzerren: "Das hat sich in Bamberg bewährt, ein solches Modell wie in Bamberg sollte man auch anderswo überlegen." Eine solche Maßnahme sei ein wichtiges Signal, gerade bei stark steigenden Zahlen wie in München. "Und deswegen unterstütze ich den Oberbürgermeister sehr", so Söder. "Er hat unsere Rückendeckung."

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