Corona-Krise:"Weihnachten geschieht nicht am Altar, sondern in den Herzen"

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Die Kirchen seien angehalten, ihre Gottesdienste so zu planen, "dass sie so zu Ende sind, dass die Leute um 21 Uhr daheim sind" (Symbolbild). (Foto: Niels Jörgensen)

Bislang hat Ministerpräsident Söder stets auf Ausnahmen für die Kirchen bestanden. Die nun verhängte Ausgangssperre ab 21 Uhr soll aber auch für Kirchgänger gelten. Und die Christmette? Soll vorverlegt werden.

Von Andreas Glas, Hans Kratzer, Katja Auer und Matthias Köpf, München

In der Pandemie hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mehrfach betont, dass Familienfeiern an Weihnachten möglich sein sollen, denn Bayern sei "ein christlich geprägtes Familienland". Auch auf Ausnahmen für die Kirchen bestand er stets. Glaube und Kirche sind für die Christlich-Soziale-Union "ein sensibles Thema", wie es am Montag Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) formulierte, dem Söder bereitwillig die unangenehme Aufgabe überließ, dieses anzusprechen: Wegen der nächtlichen Ausgangssperre zwischen 21 Uhr abends und fünf Uhr morgens werde es an Weihnachten keine späten Gottesdienste oder Christmetten geben. "Die Lage ist leider zu ernst dafür", sagte Herrmann, "das Virus richtet sich nicht nach dem Kirchenjahr."

Am frühen Montagnachmittag kündigte Herrmann an, man werde die Einschränkungen "später am Tag noch mit den Kirchen besprechen". Am Nachmittag gab es dann Gespräche mit dem Leiter des Katholischen Büros in Bayern, Lorenz Wolf, und Vertretern der evangelischen Landeskirche, wie es aus dem Erzbischöflichen Ordinariat in München hieß. Zuvor hatte Herrmann gesagt, er gehe vom Verständnis der Kirchen aus. Die Religionsfreiheit sei "ein hohes Gut", doch "was für alle gilt, ist gerecht". Die Kirchen sollten die Gottesdienste so planen, "dass sie so zu Ende sind, dass die Leute um 21 Uhr daheim sind". Im Erzbistum München und Freising ist man dennoch überrascht. Man sei davon ausgegangen, dass eine Ausnahme für die Weihnachtsgottesdienste gelte, sagte Kardinal Reinhard Marx am Abend. Die Christmetten zählten als zentrale Gottesdienste zu Weihnachten ja zum Kern der Religionsausübung. "Wir haben unseren Wunsch immer deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Besuch der Christmetten unter Einhaltung unserer strengen Schutzmaßnahmen möglich gemacht werden sollte, und hoffen, dass die laufenden Gespräche und Beratungen im Landtag noch zu dem Ergebnis führen werden." Die Ausgangssperre ab 21 Uhr "wäre für uns sehr schmerzhaft".

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Im Erzbistum Bamberg erfuhr man von den Plänen aus der Pressekonferenz nach dem Kabinett. Bislang war dort an Heiligabend um 22.30 Uhr die Christmette mit Erzbischof Ludwig Schick geplant. Die werde möglicherweise vorverlegt, sagte ein Sprecher, liturgisch sei das kein Problem. "Das ist eher eine Frage der Tradition."

Pfarrer Josef Kriechbaumer aus dem oberbayerischen Isen hatte geplant, die Christmette im Internet zu streamen. Dass sich nun alles ändern muss, "da reg' ich mich nicht auf", sagt er, das müsse halt so sein. Nun überlegt er, an Heiligabend bis 20 Uhr im Zwei-Stunden-Takt Kurzandachten anzubieten und diese ins Internet und per Lautsprecher ins Freie zu übertragen. "Kurz und bündig, aber qualitätsvoll, das wünschen sich viele Gläubige", sagt Kriechbaumer.

Pfarrer Andre Hermany aus dem mittelfränkischen Cadolzburg ist kurz und draußen immer noch zu viel. Der Dekan im Dekanat Fürth plädiert für einen totalen Lockdown, auch in den Kirchen. Die Infektionszahlen machten dies notwendig. "Wir sollten uns als Kirchen nicht das Recht rausnehmen, ein Privileg einzufordern", sagt er. "Komplett dichtmachen, wie an Ostern", hält er für den richtigen Weg. "Weihnachten geschieht nicht am Altar, sondern in den Herzen."

© SZ vom 15.12.2020 / gla, hak, kaa, kpf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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