Ein gelbbraun gefärbter Körper mit verwaschenen dunklen Querstreifen, eine spitze Schnauze, zwei unabhängig voneinander bewegliche Augen und zwei Rückenflossen, die erste davon mit Stachelstrahlen bewehrt: Der Zingel ist ein besonderer Fisch. Aber nicht nur wegen seines Äußeren. Sondern weil er deutschlandweit nur in der bayerischen Donau und den Unterläufen von Iller, Isar, Inn und anderen größeren Donauzuflüssen vorkommt. Zudem ist der Zingel sehr selten, er ist ganzjährig geschont und wird auf der Roten Liste in der Kategorie "stark gefährdet" geführt. Damit der Zingel eine Zukunft hat in der bayerischen Donau, haben jetzt der Landesfischereiverband (LFV) und das Landesamt für Umwelt (LfU) ein auf fünf Jahre angelegtes Wiederansiedlungprogramm gestartet.
"Der Zingel ist eine bayerische Charakterart, der Freistaat hat eine besondere Verantwortung für die Art", sagt Johannes Schnell, Biologe und Leiter des Referats Gewässer- und Naturschutz beim LFV. Der Zingel ist deshalb auch nach europäischem Naturschutzrecht streng geschützt. Früher war "Zingel zingel", wie die Art im Fachjargon heißt, weit verbreitet in der Donau und ihren großen Zuflüssen bis hinauf in die Salzach. Die Art, die zu den Flussbarschen zählt und als Speisefisch keine Rolle spielt, kam in den seichten Uferabschnitten der Flüsse vor, wo der Untergrund sandig-kiesig ist und das Wasser vergleichsweise langsam strömt. Aktiv ist der Zingel hauptsächlich in der Dämmerung und nachts. Dann bewegt er sich mit Hilfe seiner Brust- und Bachflossen ruckartig über den Gewässergrund und macht Jagd auf Kleinkrebse, Würmer und Insektenlarven. "Außerdem frisst der Zingel Fischlaich und Fischbrut", sagt Schnell, "wie bei Barschen üblich auch den der eigenen Art".
Nachwuchs aus Wielenbach
Heute ist der Zingel aus den allermeisten seiner vormaligen Lebensräume verschwunden. "Etwas häufiger trifft man ihn eigentlich nur noch in der Donau zwischen Straubing und Vilshofen an", sagt Schnell, "und dann wieder hinter Passau." Die Gründe für den Schwund sind die gleichen wie bei vielen anderen heimischen Fischarten. Die wohl wichtigsten sind der Ausbau der Donau zur Schifffahrtsstraße samt Kanalisierung, Begradigung und Querbauwerken. Dadurch gingen unzählige Lebensräume und Laichplätze des Zingels verloren. "In der oberen bayerischen Donau ist er nur noch ganz vereinzelt nachweisbar", sagt Schnell. Das Wiederansiedlungsprogramm startet dieser Tage. An zwei Stellen bei Eining im Landkreis Kelheim und einem renaturiertem Donauabschnitt bei Pförring (Landkreis Eichstätt) werden in Kooperation mit örtlichen Fischern die ersten 20 000 jungen Zingel in der Donau ausgewildert. Die Fischlein sind zwei bis drei Zentimeter klein. Ausgewachsene Zingel, die bis zu 15 Jahre alt werden können, messen bis zu einem halben Meter.
Die Zingel-Nachwuchs stammt aus der fischereifachlichen und gewässerökologischen Außenstelle des LfU in Wielenbach (Landkreis Weilheim-Schongau). Die 83 Hektar große Anlage, die auf die "Königliche Bayerische Teichwirtschaftliche Versuchsstation" aus dem Jahr 1912 zurückgeht und im Süden des Ammersees liegt, umfasst 145 Fischteiche. In ihnen werden alle möglichen heimischen Fischarten, Muscheln und Krebse gezüchtet und gehalten. Und jetzt eben auch Zingel. "Das Züchten von Zingeln ist nicht mit dem Züchten von Forellen oder Karpfen vergleichbar, es ist sehr viel anspruchsvoller und braucht Erfahrung", sagt Schnell. "Allein schon weil junge Zingel kein Standard-Fischfutter fressen, sondern nur Larven von Mücken und anderes kleinstes Naturfutter." Wenn die Fischlein größer werden, muss man außerdem den arteigenen Kannibalismus verhindern.
Die Auswilderungen an der Donau sollen von nun an jedes Jahr wiederholt werden. Auf den ersten Blick wirken 20 000 Zingel ziemlich viel. "Aber das ist es nicht", sagt Schnell. "Denn die Ausfallraten dürften hoch sein, allein schon weil kleine Jungfische willkommene Beute für alle möglichen anderen Fische sind." Die jungen Zingel werden bei Dunkelheit in die Donau entlassen, damit sie möglichst unbemerkt im Fluss entschwinden können. Noch steht nicht fest, ob die Aktionen der kommenden Jahre wieder an den beiden Donauabschnitten bei Eining und Pförring stattfinden werden. "Wir brauchen jetzt erst einmal ein Monitoring für die aktuelle Auswilderung", sagt Schnell, "und dann darauf aufbauend ein Konzept für den weiteren Besatz." Denkbar wäre laut Schnell beispielsweise auch eine Auswilderung im Mündungsbereich der Isar in die Donau nahe Deggendorf. Das Gebiet gilt als besonders naturbelassen. Dort erstreckt sich eine einmalige Fluss- und Auenlandschaft, wie man sie sonst kaum noch findet in Bayern.