Nachhaltigkeit:Wie der Energiehunger digitaler Technologien gestoppt werden kann

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Acht bis zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs entfallen auf die Herstellung und den Betrieb digitaler Geräte. (Foto: Uli Deck/dpa)

Handy, Laptop, Streaming - all das verbraucht immens viel Strom. Und durch die Digitalisierung wächst der Energieverbrauch weiter. Doch es gibt Ideen, wie diese Probleme gelöst werden können.

Von Mirjam Hauck

Digitale Technologien werden entweder verteufelt oder als Heilsbringer gesehen. Mal sind sie der gefürchtete Jobkiller, wenn künstliche Intelligenz menschliches Handeln und Denken überflüssig machen soll. Oder sie sind die Lösung, um die ökologischen Krisen zu meistern, etwa wenn Videokonferenzen Dienstflüge ersetzen. Wie steht es aber nun tatsächlich um das Einsparpotenzial? Wie nachhaltig ist der derzeitige Stand der Digitalisierung? Denn der Ressourcenverbrauch ist immens: So entfallen allein acht bis zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs auf die Herstellung und den Betrieb digitaler Geräte.

Wie das besser werden kann, haben 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem interdisziplinären Forschungsprojekt herauszufinden versucht. Ihre Ergebnisse haben sie jetzt in der Studie " Digital Reset" veröffentlicht. Finanziert wurde die Arbeit von der Robert-Bosch-Stiftung.

Tilman Santarius, Professor für sozialökologische Transformation an der TU Berlin und einer der Hauptautoren, betont bei der Vorstellung der Studie, dass der Stromhunger weiter wachse: Alleine für die Nutzung von digitalen Geräten soll der Verbrauch bis zum Jahr 2030 um 50 bis 80 Prozent steigen. Und dieses Wachstum diene eben nicht nur dazu, die digitale Spaltung zu verringern, also dass mehr Menschen im "globalen Süden" in den Genuss digitaler Geräte und Dienstleistungen kommen. Denn die Nachfrage steige vor allem in den USA, Japan, Europa und Australien.

Dahinter stecke das Geschäftsmodell der Big-Tech-Konzerne wie Alphabet (Google), Meta (Facebook), Amazon, Microsoft und Apple, so Santarius. Denn sie wollen, dass Nutzerinnen und Nutzer immer mehr Zeit auf den Plattformen und mit ihren Onlinediensten verbringen. Für den Report haben sich die Wissenschaftler die Klimaziele der Unternehmen angeschaut, die sich häufig als Vorreiter präsentieren. "Keines der Big-Tech-Unternehmen befindet sich auf einem Entwicklungspfad, der mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris kompatibel ist", sagt Santarius. Die Analyse zeige, dass sich der Energieverbrauch von Alphabet und Meta in den vergangenen fünf Jahren ungefähr verdreifacht habe.

"Es reicht nicht aus, den nicht nachhaltigen Status quo effizienter zu machen."

Die Energie-Intensivität der Digitalwirtschaft steigt an und das trage dazu bei, dass sich die ökologischen Krisen verschärfen, sagt Santarius. Deshalb brauche es eine Neuausrichtung. "Es reicht nicht aus, den nicht nachhaltigen Status quo effizienter zu machen." Vielmehr müsse man die Ursachen des gegenwärtigen Vielverbrauchs bekämpfen.

Dafür empfehlen die Wissenschaftler verschiedene Strategien, die sich an Verbraucherinnen und Verbraucher, die Wirtschaft und die Politik richten. So soll der ökologische Fußabdruck von digitalen Geräten verringert werden. Natürlich müsse man fordern, dass beim Neubau von Rechenzentren der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt. Außerdem soll auch die Abwärme sinnvoll genutzt werden - Stichwort "Kreislaufwirtschaft". Zudem müssen Handys, Smartphones, Laptops länger genutzt werden und dafür reparierbar sein. Denn bei einem Smartphone entfallen 80 Prozent des Energieverbrauchs allein auf die Produktion, die weiteren 20 Prozent auf die Nutzungsphase. Mit jedem Jahr verlängerter Gerätedauer wird also ein Beitrag geleistet, der weit über Effizienzsteigerungen bei Prozessoren, Grafikkarten oder Akkus hinausgeht. Zudem sollten IT-Entwickler verpflichtend über Energieverbrauch und Emissionen ihrer neuen Anwendungen berichten müssen.

Tilman Santarius sagt: "Es sollte nicht nur auf die Effizienz, sondern auf Suffizienz gesetzt werden, also auf Mäßigung und eine moderate Nutzung von Digitalisierung." Eine Lösung sei laut den Studienautorinnen und -autoren zum Beispiel, die Geschäftsmodelle vom Verkauf von Hardware auf den Verleih der Geräte zu ändern. Zudem brauche es eine Reflexion, wie viel Digitalisierung überhaupt nötig sei.

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