Dass sie gewinnen mit ihrem europaskeptischen Kurs, davon ist Beppe Grillo überzeugt. Der lautstarke Führer der Bewegung 5 Sterne (M5S) glaubt, dass sein "Movimento" bei der Europawahl 20 bis 25 Prozent erreichen und dabei der Regierungspartei PD Stimmen wegnehmen werde.
Doch es kam anders: Die sozialdemokratische PD erhielt bei der Europawahl die meisten Stimmen. Mit 21 Prozent kann M5S aber sehr zufrieden sein. Seit langem macht der 65-jährige Grillo kein Hehl daraus, dass er PD-Chef und Premier Matteo Renzi für ein besonders verabscheuungswürdiges, verlogenes Exemplar von Politiker und Produkt des alten Parteiensystems hält. Dieses mit allen darin aus den Angeln zu heben, ist das Ziel des erfolgreichen Berufs-Komikers mit dem grauen Wuschelkopf.
Dieses System hat er bereits durchgeschüttelt, als die 5 Sterne im Februar 2013 als zweitstärkste Fraktion in Italiens Abgeordnetenkammer einzogen. Dort sitzen nun lauter Leute, die zuvor nicht in der Politik waren. Grillo wurde nicht zum Parlamentarier, er lenkt sein Movimento von außerhalb. Ein bisschen links, ein bisschen rechts das Programm und in der Kritik treffend, das brachte den Erfolg.
Das Wahlergebnis war eine schallende Ohrfeige für die Parteien, die nicht völlig überraschte: Acht Jahre zuvor hatte Grillo sich mit einer Internetkampagne für ein "sauberes Parlament" ohne Vorbestrafte immer mehr in die Politik gewagt. Fast 340.000 Unterschriften sammelte er damals - und erkannte wohl als Erster in Italien, welch mächtiger Faktor für die Politik das Internet wird.
Beppe Grillo, der Gründer und Chef der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung.
(Foto: Andreas Solaro/AFP)Für ihn und die 2009 gegründete " Bewegung freier Bürger" 5 Sterne ist es das Medium, um alte Strukturen auszuhebeln und direkte Demokratie zu verwirklichen. Dass Grillo trotz aller basisdemokratischen Elemente auch diktatorisch über die Linie des M5S herrscht, sorgt öfter für Verdruss in den eigenen Reihen - diverse Parlamentarier wurden ausgeschlossen, denen das nicht passte. Die Kritik ist stets ähnlich: Es mangele an Informationen sowie an Transparenz.
Wer für M5S ins Europaparlament will, darf kein Freund der heutigen EU sein. Europa sei nur ein "bequemes Alibi" und für Grillo ist der Satz "Europa verlangt das" nur "ein Mantra, um jeden Blödsinn zu verhüllen - vom Fiskalpakt bis zum ausgeglichenen Staatshaushalt." Die Abschaffung letzterer sind zwei der sieben Punkte im Europaprogramm des M5S. Ein Referendum über den Euro gehört dazu, die Einführung von Eurobonds, Subventionen für die Landwirtschaft.
Im Wahlkampf zog Grillo wieder alle Register seines Showtalents. "Ein Gespenst geht um in Europa", stand im Vorstellungstext, "es heißt Euro." Mit der französischen Europagegnerin Marine Le Pen will Grillo aber nichts zu tun haben, das hat er klargemacht, als die alle Euroskeptiker aufrief, sich mit ihrer Partei zu vereinen. Andrea Bachstein, Rom