Personal der großen Koalition:Wer welches Ministerium bekommen könnte

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Die Spitzen von SPD und Union zu Beginn der Sondierungsgespräche in Berlin (Foto: dpa)

Die Frage, wer künftig am Kabinettstisch sitzt, wird zum Ende der Koalitionsverhandlungen immer wichtiger. Dabei müssen SPD und CDU viel beachten - so haben die Sozialdemokraten zu viele Kandidaten aus Niedersachsen und zu wenige aus NRW. Nur einer kann relativ frei entscheiden, wen er nach Berlin schickt: CSU-Chef Horst Seehofer.

Von Christoph Hickmann und Robert Roßmann, Berlin

Frank-Walter Steinmeier zum Beispiel, der ist in gewisser Hinsicht ein äußerst komplizierter Fall. Der SPD-Fraktionschef ist in Brakelsiek aufgewachsen, also in Nordrhein-Westfalen, doch sein Weg in die Spitzenpolitik begann in Niedersachsen, wo er erst Referent in der Staatskanzlei wurde, die er dann später leitete, um schließlich seinem Chef Gerhard Schröder nach Bonn zu folgen. Steinmeiers Wahlkreis wiederum liegt in Brandenburg. Und so stellt sich die Frage: Was ist er denn nun, der Herr Steinmeier - Niedersachse oder doch nur halber Niedersachse? Es ist eine Frage, die gerade ziemlich bedeutsam ist.

Die Koalitionsverhandlungen gehen in die letzte Runde - und damit rückt nach Wochen des inhaltlichen Ringens die Frage in den Blickpunkt, wer was wird. Besonders schwer tut sich da gerade die SPD - und hier kommt die Niedersachsen-Frage ins Spiel: Neben dem möglicherweise nur halben Niedersachsen Steinmeier (bei dem so gut wie alle davon ausgehen, dass er wieder Außenminister wird) gibt es noch zwei weitere, eindeutig ganze Niedersachsen, die gesetzt sind: Parteichef Sigmar Gabriel und Thomas Oppermann, der bislang Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion ist und gern Minister würde, aber auch als Fraktionschef in Betracht käme. Das ist eigentlich nach den Regeln des Proporzes zu viel - zumal die SPD die Hälfte der Kabinettsposten mit Frauen besetzen will.

Ist Steinmeier ein Niedersachse? Wo sind die Nordrhein-Westfalen? Und wo sind eigentlich die Frauen?

Und wo bliebe Nordrhein-Westfalen? Der größte Landesverband pocht auf seine Rechte. Barbara Hendricks, bislang SPD-Schatzmeisterin, würde sehr gern ins Kabinett - doch zu hören ist, dass Gabriel das nicht so unbedingt will. Karl Lauterbach, der Gesundheitspolitiker, würde auch gern - ist aber keine Frau. Das gilt genauso für NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, von dem es immer wieder heißt, Hannelore Kraft würde ihn gern nach Berlin schicken, gleichsam als persönlichen Gesandten. Für Gabriel ist es also eigentlich unmöglich, ein Personaltableau vorzuschlagen, das alle zufrieden macht.

Horst Seehofer hat es da leichter. Der CSU-Chef kann fast ohne Rücksichtnahmen entscheiden. Bei den Christsozialen gibt es weder einen Mitgliederentscheid noch eine Hannelore Kraft. In der ersten großen Koalition von Angela Merkel stellte die CSU nur den Wirtschafts- und den Agrarminister. In der schwarz-gelben Regierung vergrößerte sich die Zahl der CSU-Minister dann auf drei. Dabei scheint es jetzt auch zu bleiben. Noch nicht so sicher ist, welche Ressorts die CSU bekommen wird. Seehofer soll sich bemüht haben, statt des Verbraucherressorts ein anderes Ministerium - etwa das Bildungsressort - für seine Partei herauszuschlagen. Dies scheint ihm aber nicht gelungen zu sein.

Jetzt wird erwartet, dass die CSU erneut die Ressorts für Inneres, Verkehr und Landwirtschaft besetzen darf. Seehofer hat angekündigt, seinen Generalsekretär Alexander Dobrindt zum Minister machen zu wollen. Dobrindt steht wegen des erfolgreichen Wahlkampfs und seiner bedingungslosen Loyalität derzeit in der Gunst Seehofers. Die beiden aktuellen CSU-Minister, Hans-Peter Friedrich und Peter Ramsauer, haben diese Gunst schon länger nicht mehr genießen können. Trotzdem geht bisher kaum einer davon aus, dass Dobrindt das bedeutende Innenministerium bekommen wird. Für diesen Posten müsse man Jurist sein, heißt es in der CSU. Dobrindt ist aber Soziologe. Friedrich könnte deshalb Innenminister bleiben. Ihm hilft auch der Regionalproporz: Friedrich ist Franke, Ramsauer und Dobrindt sind Oberbayern. Offen wäre dann noch, ob Dobrindt Ramsauer als Verkehrsminister beerbt und dieser ins Agrarressort wechseln muss. Voraussetzung für all diese Planspiele ist aber, dass Seehofer tatsächlich an Ramsauer und Friedrich festhält.

Auch bei der CDU sind einige Personalien bereits jetzt absehbar. Thomas de Maizière dürfte Verteidigungsminister bleiben. Wenn die SPD das Finanzressort verschmäht, bleibt auch Wolfgang Schäuble im selben Amt. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla würde gerne ein Fachressort übernehmen, ihm könnten Peter Altmaier oder Hermann Gröhe nachfolgen. Die bisherige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wird dem nächsten Kabinett so gut wie sicher angehören. Ihre Popularität außerhalb der CDU kann Merkel kaum ignorieren. Von der Leyen wird allerdings das Ressort wechseln müssen, da die SPD das Arbeitsministerium übernehmen will. Dies gilt auch für von der Leyens Wunschressort, das Außenministerium. Für die Ärztin könnte deshalb nur das Gesundheitsressort übrig bleiben. Bildungsministerin Johanna Wanka könnte dagegen ihr bisheriges Ministerium behalten. Allerdings ist Merkel bei Personalentscheidungen immer für Überraschungen gut. Sicher ist deshalb auch bei der CDU noch nichts.

© SZ vom 26.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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