Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:Heizungsgesetz auf Herbst verschoben

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Eine Entscheidung vor der Sommerpause wäre Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lieber gewesen. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Nach dem Stopp durch das Bundesverfassungsgericht entscheidet der Bundestag im September über das umstrittene Vorhaben. Änderungen sollen nicht mehr vorgenommen werden.

Von Georg Ismar und Paul-Anton Krüger, Berlin

Nach der schweren Niederlage für die Ampelkoalition vor dem Bundesverfassungsgericht soll das umstrittene Heizungsgesetz zwar weiterhin kommen. Der Bundestag wird aber erst nach der Sommerpause darüber entscheiden. Darauf einigten sich die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP.

Keine 48 Stunden vor dem eigentlich für diesen Freitag geplanten Parlamentsbeschluss hatte das Bundesverfassungsgericht das Vorhaben im Eilverfahren gestoppt. Die zweite und dritte Lesung im Bundestag dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche stattfinden, verfügte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe. Es machte Zweifel geltend, ob die Rechte der Abgeordneten in den Beratungen ausreichend gewahrt wurden, da sie zu wenig Zeit zum Lesen des mehrfach grundlegend geänderten Gesetzes bekommen hatten.

"Wir haben Respekt vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts", teilten die Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD), Katharina Dröge und Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP) schriftlich mit, verzichteten aber auf einen gemeinsamen öffentlichen Auftritt. In den Beratungen gab es vor allem zwischen Grünen und FDP erneut Auseinandersetzungen. Die Grünen wollten das Gesetz mit einer Sondersitzung im Sommer beschließen lassen, die FDP war dagegen.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) betonte, es gebe keine Eilbedürftigkeit, da das Gesetz ohnehin erst von Januar 2024 an greifen soll. Zudem verursache eine Sondersitzung hohe Kosten und eine hohe CO₂-Belastung, wenn 736 Abgeordnete aus dem Urlaub zurückgeholt und nach Berlin anreisen müssen. Die Grünen fürchten, dass das Gesetz noch mal aufgeschnürt werden könnte, aber gemeinsam wurde bekräftigt, dass es bei der jetzigen Form bleiben soll. Die Abschlussberatungen und die Abstimmung sollen nun in der nächsten regulären Sitzungswoche Anfang September stattfinden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagt, das sei ein gutes Vorgehen

Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hatte eine einstweilige Anordnung gegen die Entscheidung im Bundestag beantragt, da der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht 14 Tage vorher schriftlich vorlag. "Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-Minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren", sagte Heilmann am Donnerstag. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Gesetzesnovelle könne man konzeptionelle Schwächen des Gesetzes weder aufzeigen noch ändern.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde von der Entscheidung am Mittwochabend auf einem Sommerfest der SPD-Bundestagsfraktion überrascht; zuvor hatte er sich dort noch zuversichtlich gezeigt, dass das Thema erledigt sei. Scholz selbst hatte auf eine Entscheidung vor der Sommerpause gepocht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte: "Ich finde, das ist ein gutes Vorgehen." Es trage dem Verfassungsgericht Rechnung und erhalte die Klarheit für Bürgerinnen und Bürger.

Im Kern sieht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vor, dass künftig nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Wo es noch keine Klarheit über die kommunale Wärmeplanung gibt, wird eine Übergangsfrist bis 2028 gewährt. Nachdem ein erster Entwurf früh an die Öffentlichkeit gelangt war, änderten die Ampelfraktionen das Gesetz grundlegend. Die Pflicht zum Einbau vor allem von Wärmepumpen wurde deutlich entschärft, auch wasserstofffähige Gasheizungen sollen erlaubt bleiben. Zudem soll es eine üppige Förderung von bis zu maximal 21 000 Euro geben.

Beschleunigte Verfahren müssten die Ausnahme bleiben, fordert Bundestagspräsidentin Bärbel Bas

Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, der Bundeskanzler halte es "für eine sehr vernünftige Entscheidung", das Gesetz in der nächsten regulären Sitzungswoche im September zu beschließen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) betonte mit Blick auf die Entscheidung aus Karlsruhe: "In sämtlichen zukünftigen Gesetzgebungsverfahren müssen alle Beteiligten ausreichend Zeit für ihre Beratungen haben - insbesondere die Abgeordneten und die Sachverständigen." Beschleunigte Verfahren müssten die Ausnahme bleiben.

In der Sommerpause könnten der Ampel nun aber neue Debatten zu dem Gesetz bevorstehen, zudem könnte das Thema auch in den Wahlkämpfen für die Landtagswahlen in Hessen und Bayern im Herbst eine Rolle spielen. CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz fordern, die Millionen Bürger betreffende Reform zu prüfen.

Unionsfraktionschef Merz kritisierte, der Umgang mit dem Parlament und speziell der Opposition sei inakzeptabel. Es sei gut, dass das Bundesverfassungsgericht dies nun klargemacht habe. Bei drei Viertel der Gesetzgebungsverfahren gebe es inzwischen Anträge auf Fristverkürzung durch die Koalition. Zugleich bot er SPD, Grünen und FDP Gespräche an: Es gebe allen Grund, das Gesetz nun inhaltlich sauber und ohne Zeitdruck zu beraten und vielleicht sogar auf das Ziel auszurichten, eine breite parlamentarische Mehrheit für einen so tiefen Eingriff in die privaten Haushalte zu bekommen. Die Koalition hat sich allerdings darauf verständigt, das Gesetz in der von den Fraktionen bereits beschlossenen Form zur zweiten und abschließenden dritten Lesung einzubringen.

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