Niederlande:Autofrachter brennt in der Nordsee - Sorge vor Umweltkatastrophe

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Rauch an der Oberfläche, ein Flammeninferno im Inneren: Das Löschen des Frachters "Fremantle Highway" ist für die Rettungskräfte äußerst schwierig. (Foto: Flying Focus BV/Imago / ANP)

Vor der niederländischen Küste ist ein Frachter mit fast 3000 Autos in Brand geraten. Die Angst vor einer Umweltkatastrophe in der Nordsee wächst. Am Mittwochabend stufte die Küstenwache die Lage als stabil ein.

Von Carina Seeburg

In der Nacht zum Mittwoch soll das verheerende Feuer auf dem Frachter ausgebrochen sein. Seitdem versuchen Rettungskräfte mit aller Macht, ein Sinken des Schiffes und damit eine Umweltkatastrophe zu verhindern. Deutsche und niederländische Rettungskräfte sind im Einsatz und in großer Sorge. Dicke Rauchwolken hängen seit dem Morgen über dem Unesco-Welterbe Wattenmeer, Flammen lodern aus dem Inneren des Frachters und hochgiftige Gase erschweren die Arbeiten zusätzlich.

Am Mittwochabend stufte die Küstenwache die Lage als stabil ein. Spezialisten eines Bergungsunternehmens seien mit einem Hubschrauber über das brennende Schiff geflogen. Nun werde mit Experten der zuständigen Wasserbehörde gemeinsam das Vorgehen abgesprochen. Die Eindämmung des Feuers verläuft dennoch mühsam. Die Küstenwache rechnet damit, dass es noch Tage brennen könnte.

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Sollte der mit fast 3000 Autos beladene Frachter sinken, droht Treibstoff ins Meer zu gelangen - was sowohl die deutsche als auch die niederländische Nordseeküste schwer treffen könnte. Zudem können die beim Kontakt der Batterien mit Wasser entstehenden Säuren sowie austretende Schwermetalle das Ökosystem schädigen.

Die Bergung sei schwierig und das Feuer nur schwer unter Kontrolle zu bringen, sagte der Sprecher der Küstenwache, Edwin Granneman. "Auf dem Schiff selbst wird nicht gelöscht und auch nicht von oben herab auf das Schiff", sagte der Sprecher. Denn bei zu viel Wasser auf dem Frachter, könne der instabil werden und kentern. Daher kühlen Löschboote, darunter auch eins aus Deutschland, nun die Seitenkanten des Schiffes.

Es sei aber zumindest gelungen, den Frachter an einen Schlepper zu koppeln. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Frachter eine Schiffsroute von und nach Deutschland blockiert. Reeder teilten inzwischen auch mit, dass der Schiffsverkehr nicht beeinträchtigt sei.

(Foto: SZ-Grafik)

Das Schiff, die Fremantle Highway, die unter der Flagge von Panama fährt, war unterwegs von Bremerhaven nach Port Said in Ägypten, wobei die japanische Reederei Kawasaki Kisen Kaisha erklärte, das Schiff sollte zunächst nach Singapur fahren. Die Crew habe aus 21 indischen Staatsbürgern bestanden. Die niederländische Küstenwache sprach von 23 Crewmitgliedern. Der Reederei lagen nach eigenen Angaben bis zum Abend keine Hinweise auf eine Ölverschmutzung vor.

Vor allem die Lithium-Batterien der an Bord befindlichen E-Autos erschweren die Löscharbeiten, sagte der Sprecher der Küstenwache. Der Brandherd war nach ersten Informationen der Küstenwache möglicherweise die Batterie eines elektrischen Autos. Die genaue Ursache steht aber noch nicht fest. Die Besatzung habe zunächst versucht, das Feuer selbst zu löschen, sei aber gescheitert.

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Nicht 2900, sondern fast 3800 Fahrzeuge sind an Bord, sagt die Reederei, darunter auch schwer zu löschende E-Autos. Laut Küstenwache sind auf dem Schiff mittlerweile keine Flammen mehr zu sehen. Für eine Entwarnung sei es aber zu früh.

Ein Bordmitglied kam ums Leben

Hals über Kopf musste die Besatzung das Schiff in der Nacht verlassen, als der Großbrand gut 27 Kilometer nördlich der niederländischen Wattenmeerinsel Ameland ausbrach. Das Feuer breitete sich im rasenden Tempo aus, sodass Besatzungsmitglieder von Bord ins offene Meer springen mussten - 30 Meter in die Tiefe. "Einer nach dem anderen sprang", sagte Kapitän Willard Molenaar vom Amelander Rettungsboot, das als erstes an der Unglücksstelle war, dem Radiosender NOS. "Die waren echt in Not, sonst springt man nicht einfach so tief."

Das Feuer auf der "Fremantle Highway" soll in der Nacht in einem E-Auto entstanden sein. (Foto: Niederländische Küstenwache/Reuters)

Sieben Menschen retteten Molenaar und seine Crew aus der See, viele von ihnen verletzt. Die übrigen wurden mit Hubschraubern von Bord geholt und in mehrere Krankenhäuser gebracht. Einige hätten Knochenbrüche durch den Aufprall nach dem Sprung ins Wasser und manche durch den Rauch Probleme beim Atmen. Ein Mensch starb. Über die Umstände seines Todes wurde bisher nichts mitgeteilt. Insgesamt 22 Mitglieder der Besatzung konnten gerettet werden. Nach Angaben der niederländischen Küstenwache befindet sich niemand mehr in Lebensgefahr.

Die Angst vor einer Umweltkatastrophe in der Nordsee wächst

Umweltorganisationen und auch Bürgermeister der Küstenregionen sind besorgt über mögliche Schäden durch Öl oder Müll. "Wir tun alles, um das zu verhindern", sagte ein Sprecher der Wasserbehörde dem Radiosender NOS. Aber die Rettungskräfte bereiteten sich "auf alle Szenarien" vor.

Auch die deutschen Behörden sind alarmiert. "Wir beobachten die Situation", sagte ein Sprecher des deutschen Havariekommandos in Cuxhaven am Mittwochmorgen. Man habe der niederländischen Küstenwache Unterstützung angeboten, Schiffe und Einsatzkräfte stünden bereit.

Gegen 3 Uhr am Mittwochmorgen sei bereits der Schlepper Nordic von Helgoland aus zur Einsatzstelle beordert worden. Das Havariekommando in Cuxhaven ist in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig.

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"Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und Schadstoffe in das Meer gespült werden"

Angesichts des brennenden Frachtschiffs wächst jedoch die Sorge um die Umwelt. "Das könnte eine Umweltkatastrophe für die Nordsee und das Wattenmeer bedeuten", sagte ein Sprecher der Stiftung De Noordzee der niederländischen Nachrichtenagentur ANP. Die Sorge ist, dass Treibstoff und Fahrzeugwracks auf den Meeresboden gelangen könnten. Auch der Bürgermeister der deutschen Nordseeinsel Borkum befürchtet schwere Umweltschäden. "Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und Schadstoffe in das Meer gespült werden", sagte Jürgen Akkermann (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur.

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer hat sich angesichts der Lage vor der niederländischen Insel Ameland besorgt gezeigt. "Aus den Erfahrungen mit bisherigen Schiffshavarien wird deutlich, welch enorme Gefahr für Meeres-Ökosysteme von einem solchen Unfall ausgehen kann", sagte der Grünen-Politiker.

Gerd-Christian Wagner, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), warnt indes konkret vor einer Ölkatastrophe, insbesondere dann, wenn der Bunker betroffen ist und das Schweröl ausläuft." Durch die derzeit vorherrschenden Westwinde könne ausgetretenes Öl im Katastrophenfall womöglich auch die deutsche Bucht erreichen. Behörden in Deutschland sollten sich grundsätzlich auf ein solches Szenario einstellen.

Transport von Elektroautos als Risikofaktor für die Schifffahrt

In den vergangenen Jahren gab es mehrfach Brände an Bord von Autofrachtern. Insbesondere in Feuer geratene Lithium-Ionen-Batterien von Elektroautos entflammen sich bei einem Brand oft erneut.

Erst Anfang des Monats waren zwei Feuerwehrleute aus dem US-amerikanischen New Jersey getötet und fünf verletzt worden, als sie gegen einen heftigen Brand auf einem Frachtschiff kämpften, das Hunderte Fahrzeuge transportierte. Im Februar 2022 hatte ein mit Luxuswagen des Volkswagen-Konzerns beladenes Schiff vor den Azoren Feuer gefangen. Nach rund zwei Wochen war die Felicity Ace schließlich mit Tausenden Autos an Bord bei einem Abschleppversuch im Atlantik gesunken.

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