Proteste für andere Klimapolitik:"Letzte Generation" blockiert Straßen in München

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Am Donnerstagmorgen begann die Protestaktion der "Letzten Generation" in München. Aktivisten störten an mehreren Stellen in der Stadt den Verkehr, die Polizei löste die Klebenden nach einiger Zeit von der Straße. (Foto: Alessandra Schellnegger)

An vielen Stellen in der Stadt kleben sich Aktivisten fest. Autofahrer reagieren erbost und zerren die Blockierer an einer Stelle offenbar selbst von der Straße. Die Polizei ermittelt.

Von Kathrin Aldenhoff, Martin Bernstein und Bernd Kastner

Klimaaktivistinnen und -aktivisten der "Letzten Generation" (LG) haben am Donnerstagmorgen mit den angekündigten Protesten in München begonnen. Kurz nach acht Uhr morgens blockierten acht Aktivisten einen Teil der Kreuzung des Mittleren Rings mit der Landsberger Straße auf Höhe der Donnersbergerbrücke. Die Polizei hatte die Blockade dort nach etwa zwei Stunden aufgelöst. Zur Mittagszeit, nach einer Stunde Pause, klebte sich aber dieselbe Gruppe an derselben Stelle noch einmal fest - was Autofahrer mit lautem Hupen quittierten. Und gegen 15 Uhr kam eine erneute Meldung: Diesmal waren an der Aktion neun Aktivisten beteiligt.

(Foto: SZ-Karte: Mainka/Mapcreator.io/OSM)

Nach eigenen Angaben waren mehr als 50 Aktivisten in der Stadt aktiv, vor allem in der Innenstadt gab es Verkehrsbehinderungen, ebenso auf dem Mittleren Ring. Die Polizei sprach am Mittag in einer Zwischenbilanz von insgesamt 35 bis 40 Personen, die den Verkehr auch am Stachus und am Justizpalast, am Friedensengel, auf der Von-der-Tann-Straße, an der Ecke Maximilianstraße/Karl-Scharnagl-Ring und später auch an der Friedenheimer Brücke in Laim blockierten.

An der Landsberger Straße reagierten einige Autofahrer verärgert auf die Proteste, sie hupten und schimpften, manche fuhren über den Geh- und Radweg an den Blockierenden vorbei. Andere äußerten Zustimmung, finden den Protest richtig.

Vertreter der "Letzten Generation" blockieren den Verkehr, hier an der Landsberger Straße. (Foto: Alessandra Schellnegger)
Die Aktivisten hatten den Verkehr in der Stadt teilweise zum Erliegen gebracht. (Foto: Alessandra Schellnegger)
Nach zwei Stunden löste die Polizei die ersten Blockaden auf. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Mit den Blockaden brachte die "Letzte Generation" den Verkehr in der Stadt teilweise zum Erliegen. Die Polizei leitete den Verkehr um und löste die Blockaden auf. Die Münchner Polizei war am Donnerstag laut ihrem Sprecher Andreas Franken mit mehr Beamten als sonst im Einsatz. Nach zwei Stunden meldete die Polizei, Maximilianstraße und Stachus seien wieder frei. Dafür komme es nun im Bereich des Hirschgartens an der Friedenheimer Brücke zu Verkehrsbehinderungen.

Bis zum Mittag dauerte die Personalienfeststellung. Gewahrsamnahmen gab es nach Angaben von Polizeisprecher Franken am Vormittag nicht, mögliche Folgemaßnahmen würden in Einzelfällen aber noch geprüft. Allerdings gab es wohl zum Teil heftige Diskussionen, als Aktivistinnen und Aktivisten auch nach Platzverweisen die insgesamt acht blockierten Fahrbahnen nicht verlassen wollten. Die Polizei stellte Sekundenkleber und Warnwesten sicher.

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Von Übergriffen erboster Autofahrer wusste Polizeisprecher Franken bis zum Mittag nichts. Dass in der Von-der-Tann-Straße ein Lkw-Fahrer Protestierende bedroht haben soll, konnte Franken weder bestätigen noch dementieren. Ein Video zeigt, wie Arbeiter dort Blockierer gewaltsam von der Straße zerren. Die Polizei hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen. "Blockaden aufzulösen ist Aufgabe der Polizei, nicht der Verkehrsteilnehmer", mahnte Franken. Man werde auch Übergriffe gegen Klimaaktivistinnen und -aktivisten konsequent verfolgen - ebenso wie Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durch Blockierer.

Bis zum Abend wurden von etwa 80 Personen die Identitäten festgestellt. Die Münchner Kriminalpolizei ermittelt gegen mehrere Personen unter anderem wegen Nötigung und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Während der Proteste waren mehr als 200 Polizeibeamte eingesetzt.

Bereits am Mittwochabend hatten sich LG-Aktive in der Nymphenburger Straße vor dem Strafjustizzentrum zu einem nicht angemeldeten Protestmarsch getroffen. Daran nahmen etwa 25 Personen teil. Sie liefen vom Justizgebäude zur Alten Pinakothek. Die LG will München in den kommenden Wochen zum Schwerpunkt ihres Protestes machen. Anlass ist die bevorstehende Landtagswahl. Zudem wolle man darauf hinweisen, dass die CSU-geführte bayerische Staatsregierung Klimaschutz immer wieder groß ankündige, die Versprechen aber nicht halte.

Die Aktivistinnen und Aktivisten wollen mit ihrem Protest Aufmerksamkeit für die aus ihrer Sicht verfehlte Klimapolitik der Bundesregierung erregen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Proteste in München sollen die kommenden Wochen andauern, also auch während der am 5. September beginnenden Automesse IAA. Die IAA sei aber nicht der Grund, weshalb die LG München zur "Protesthochburg" machen wolle, erklärt eine Sprecherin. Die LG richte ihre Forderungen nicht an die Autoindustrie, sondern an die politisch Verantwortlichen.

Die Bundesregierung müsse endlich mehr für den Klimaschutz tun. Sie verstoße gegen Artikel 20a des Grundgesetzes, der Umweltschutz als Staatsziel festschreibt. Auch die Pariser Klimaziele seien so nicht einzuhalten. Dieser Meinung sind nicht nur die LG-Aktiven, sondern auch der Expertenrat für Klimafragen: Die Fachleute bescheinigten diese Woche der Bundesregierung, dass die Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichten. Ein Angebot des Verbands der Automobilindustrie (VDA) für einen Infostand und Diskussionsrunden auf der IAA lehnten die Aktivisten am Donnerstag ab. "Für eine derart durchschaubare Vereinnahmung sind wir nicht zu haben", so die LG.

Die Münchner Polizei hat sich auf die angekündigten Blockaden und Proteste nach eigenen Angaben vorbereitet. Man wolle von Donnerstag an "verstärkt präsent" sein im Stadtgebiet, "um auf bewährte Weise auf die Protestaktionen zu reagieren". Die Polizei bittet Autofahrerinnen und -fahrer, die im Stau stehen werden, um "Gelassenheit". Das "Freiräumen von Straßen" sei Aufgabe der Polizei. In der Vergangenheit war es während der Blockaden immer wieder zu Beleidigungen, Drohungen und mitunter auch zu körperlichen Übergriffen von empörten Autofahrern gegen die LG-Aktiven gekommen.

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