SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 98:Ist es wirklich schon so spät?

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Neun Stunden im Bett und 158 Minuten Lohnarbeit - so verbringt der Durchschnittsmensch seinen Tag. (Foto: Paul Zinken/dpa)

Werden die Uhren umgestellt, kann der Kliniknachtdienst stressig werden, aber auch sehr lustig. Pola Gülberg hat das gerade erst erlebt.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Neulich kam in der Nachtschicht ein Kollege zu mir mit der Auswertung der Blutgasanalyse. Er lachte und zeigte auf den Ausdruck, dort stand: Werte eingelesen um 1.58 Uhr, Ergebnisse geliefert um 3.02 Uhr. Kurz war ich irritiert. Eigentlich braucht das Gerät für die Auswertung höchstens fünf Minuten - und nicht mehr als eine Stunde! Was war da los? Doch dann fiel mir wieder ein, dass wir uns im letzten März-Wochenende befanden - und ich stimmte in das Lachen meines Kollegen ein: Weder streikte unser Gerät zur Blutgasanalyse, noch waren die Werte des Patienten besonders kompliziert. Die Maschine hatte nur einfach sehr schnell auf Sommerzeit umgestellt.

Für die Mannschaft der Nachtschicht, in der die Sommerzeit beginnt, ist der Arbeitstag jedes Mal um eine Stunde kürzer als sonst. Das versursacht jedoch nicht automatisch Jubelschreie. Denn die Dinge, die zu erledigen sind, werden durch die Umstellung der Uhren ja nicht weniger - wir haben nur eine Stunde weniger, um sie zu bewältigen.

In der Vergangenheit war es häufig der Fall, dass ich der Arbeit sozusagen hinterhergelaufen bin, wenn ich zur Zeitumstellung im Nachtdienst war. Schwupps - schon war es vier Uhr früh, und ich hatte noch gar keine Pause gemacht. Um sechs Uhr waren schon die Kollegen aus dem Frühdienst da, die Übergabe startete.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aber dass es stressig wird, ist kein Naturgesetz. Dieses Mal war es zum Beispiel nicht so. Es war eine recht entspannte Nacht, wir haben alles geschafft - und das ganz ohne Hetze. Sogar unsere Pause, die in der Nacht immerhin 45 Minuten dauert und nicht wie tagsüber nur 30 Minuten, hat nicht unter der geklauten Stunde gelitten.

Ob es hektisch wird oder nicht, hängt immer ab von den Krankheitsbildern der Patienten, die gerade bei uns auf der Intensivstation sind. Entweder wir haben einige, bei denen der Versorgungsaufwand hoch ist, dann wird es stressig - und in der Nacht mit der Umstellung auf die Sommerzeit umso mehr. Oder es sind überwiegend Patienten da, bei denen die Pflege ohnehin weniger zeitintensiv ist - dann bringt uns auch diese besondere Nacht nicht in zeitliche Not.

Egal ob es eine ruhige Schicht ist oder das Gegenteil: Ich arbeite gerne, wenn die Uhren umgestellt werden. Denn bisher habe ich jedes Mal festgestellt, dass ich mich dadurch viel schneller an die Sommer- oder Winterzeit gewöhnt hatte.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 38-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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