CSU in der Krise:"Intern sind alle stocksauer"

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Für die Union aus CSU und CDU ist es kein leichtes Jahr: eine Maskenaffäre und eine ungeklärte Personalie machen ihr zu schaffen. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Die CSU-Basis im Landkreis beobachtet mit Entsetzen, wie manche der Parteikollegen im Land- und Bundestag ihr Mandat missbrauchen, um sich mit Pandemie-Deals selbst zu bereichern. Ob beim anstehenden Wahlkampf alle in Dachau motiviert mitziehen? Schau ma mal

Von Thomas Altvater und Jacqueline Lang, Dachau

Markus Trinkl hat eigentlich gerade Urlaub und gehofft, sich zumindest ein paar Tage nicht mit den Problemen der Partei beschäftigen zu müssen, der er erst vor gut einem halben Jahr beigetreten ist. Doch dann sprudelt der Grant aus ihm heraus: Dass die Staatsanwaltschaft nun gegen den CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein sowie gegen den früheren bayerischen Justizminister Alfred Sauter ermittelt, macht Trinkl wütend und das nicht nur als Neumitglied. Der Odelzhausener Bürgermeister sorgt sich ganz grundsätzlich um ein mit solchen Vorfällen einhergehendes "generelles Misstrauen" gegenüber der Politik, "da ist viel Vertrauen verloren gegangen", sagt er.

Ebenso wie auch den langjährigen Parteikollegen aus dem Landkreis, die man fragt, fällt es zwar auch ihm schwer, inmitten einer Pandemie ein Stimmungsbild von der Basis einzufangen, dennoch ist Trinkl überzeugt, dass so ein Skandal letztlich jedem Politiker in irgendeiner Weise auf die "Füße fallen wird". Und fest steht: Seit Bekanntwerden dieses Skandals sind die Umfragewerte der CSU drastisch gesunken, zumindest von Austritten im Zusammenhang mit den Bestechlichkeitsvorwürfen gegen Nüßlein und Sauter ist dem Dachauer Ortsvorsitzenden Tobias Stephan jedoch nichts bekannt.

Angesprochen auf die Maskenaffäre schnauft auch Dieter Kugler (CSU) erst einmal schwer ins Telefon. Der Röhrmooser Bürgermeister sagt, das Verhalten einiger Weniger sei "ein Schlag ins Gesicht" für all jene, die "anständige Arbeit leisten". Gleichwohl sieht Kugler es pragmatisch: Man wolle ja bewusst nicht lauter Beamte im Bundestag, da müsse man es schon auch hinnehmen, dass Personen aus der freien Wirtschaft ihre Tätigkeiten auch als Mandatsträger nicht ganz niederlegten. Aber klar sei natürlich: "Bestimmte Sachen macht man einfach nicht."

Das sieht auch Christian Blatt so. Allerdings warnt der Erdweger Bürgermeister davor, wegen einiger unschöner Vorfälle "Partei-Bashing" zu betreiben. "Schwarze Schafe" gebe es überall, auch in jeder Partei. Im Nachgang sei es nun letztlich nur wichtig, dass die Parteispitze die richtigen Maßnahmen ergreife, um die Fälle aufzuklären.

Auch wenn die Maskenaffäre nichts mit der CSU vor Ort in Dachau zu tun habe, so erklärt es die stellvertretende Vorsitzende der Dachauer CSU-Stadtratsfraktion, Gertrud Schmidt-Podolsky, "mir sagen die Leute schon, dass es sie trifft, es ist eine Mischung aus Wut und Enttäuschung". Dennoch, für schlechte Stimmung innerhalb der Partei ist es laut Schmidt-Podolsky noch zu früh: "Ich glaube, dass treue Parteimitglieder, wie wir sie haben, durchaus noch abwarten", es einen "Vertrauensvorschuss" gebe. Damit dieser Vorschuss nicht verspielt wird, müsse die Partei bis zur Bundestagswahl noch einiges anpacken: "Wenn bis dahin die Transparenzregeln greifen, das Transparenzregister in Beton gegossen ist, dann kann ich mir vorstellen, dass sich die Leute wieder engagieren und begreifen, dass auch die Politiker das Problem verstanden haben".

Schmidt-Podolskys Fraktionskollege Tobias Stephan ist da schon direkter: "Intern sind alle stocksauer, was sich da einige geleistet haben", sagt er. Er selbst, aber auch ein Großteil der Parteibasis arbeite ehrenamtlich, und dann das: "Da fällt einem die Kinnlade runter, wenn da manche so ihre Hand aufhalten oder wenn man hört, um welche Summen es da geht." Er könne es deshalb verstehen, wenn einige Parteimitglieder für den bevorstehenden Wahlkampf schwerer zu motivieren seien. "Doch wer immer auf der Sonnenseite stehen will, hat nichts in der Politik verloren", erklärt er.

Doch die Partei treiben nicht nur die Fälle Nüßlein und Sauter um, auch der Machtkampf zwischen dem CDU-Vorsitzenden Armin Laschet und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder sind Gesprächsthema bei an der Basis. Bis Pfingsten will die Union klären, welcher der beiden Männer nun ihr Kanzlerkandidat wird. Ein Austausch über diese für die Partei so wichtige Frage, auch sie ist coronabedingt schwierig. Doch wenn es nach der Mehrzahl der CSU-Kommunalpolitiker Landkreis geht, dann steht ohnehin schon fest, wie Angela Merkels Nachfolger heißen wird: Markus Söder. Kugler stellt sich jedoch die Frage, ob "er's nicht schöner hätte als Ministerpräsident". So oder so müsse sich die Union "zusammenraufen", wenn sie den Kanzler stellen wolle. Dass Laschet und Söder nicht miteinander könnten, so wie es in der Presse teilweise dargestellt werde, glaubt er allerdings nicht. Grundsätzlich steht für ihn fest: Egal ob Laschet oder Söder, Hauptsache die Union. "Wir sollten uns nicht auf Experimente einlassen", so Kugler. "Ich halte ihn für den besseren Kandidaten", sagt auch Schmidt-Podolsky. Auch wenn sie froh sei, dass Söder derzeit in Bayern regiere, "im Fall des Falles dürfte man nicht egoistisch sein". Blatt indes gibt zu bedenken, dass bisherige Kandidaturen bayerischer Ministerpräsidenten bislang nie von "Erfolg gekrönt waren".

Markus Trinkl will sich nicht an dererlei Spekulationen beteiligen. Für ihn ist nur eines wichtig: Dass endlich diese "längst überfällige Entscheidung" getroffen wird. "Wichtig ist mir, dass es eine klare Linie gibt", sagt Trinkl. Das sieht auch Stephan ähnlich. Der Kandidatenfrage, ob Söder oder Laschet, will er eigentlich nicht vorgreifen: Zwar sei Söder der bessere Politprofi, der bessere Wahlkämpfer, "und er liegt in den Umfragen vorne", so der Dachauer Politiker, doch am Ende "müssen es die beiden unter sich ausmachen".

© SZ vom 07.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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