Der Zoff um die Stadt-Umland-Bahn (StUB), die die Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach verbinden soll, wird zum Thema im bayerischen Landtag. Die Fraktionen von Grünen und SPD brachten zur Plenarsitzung am Dienstagabend Dringlichkeitsanträge ein. Der eine Antrag fordert ein Bekenntnis zum derzeit größten Tramprojekt der Republik durch den Landtag, der andere fordert die Staatsregierung auf, sich zur Bedeutung des Infrastrukturprojekts für die Region und deren Wissenschaft und Wirtschaft zu positionieren. Beide Anträge wurden an den Verkehrsausschuss überwiesen, der wohl kommende Woche zum nächsten Mal tagt. Eine Debatte zur StUB auch mit Abgeordneten der Regierungsfraktionen CSU und FW blieb demnach zunächst aus.
Die StUB - geschätzte Kosten 730 Millionen Euro - gilt als elementar für die Forschungseinrichtungen und Weltkonzerne in der Region, sie soll unter anderem einen neuen Siemens-Stadtteil anbinden. Das kommunale Jahrhundertprojekt war 2013 Thema bei einem Treffen der Staatsregierung - darunter der damalige Minister und heutige Ministerpräsident Markus Söder (CSU) - mit der Siemens-Spitze. Doch kürzlich hatte der Erlanger Stadtrat maßgeblich auf Betreiben der CSU ein Ratsbegehren zur StUB auf den Weg gebracht - in der Kritik der örtlichen CSU stehen Kosten und Trassenverlauf, der Nutzen rechtfertige nicht den Aufwand, hieß es. Am 9. Juni sollen nun die Bürger entscheiden, ob die Drei-Städte-Tram wie aktuell geplant gebaut werden soll.
Bereits 2016 stimmten mehr als 60 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger in einem Bürgerentscheid für die StUB. Seitdem wurde ein zweistelliger Millionenbetrag in deren Planung investiert, die Stadt Nürnberg hat ihren Streckenabschnitt bereits fertiggestellt. Siemens hat eine Milliarde Euro in den Standort Erlangen investiert, am neuen Campus sollen 20 000 Menschen arbeiten.
Würde Erlangen nun mit Nein stimmen, müsste das Projekt in der Dimension wohl beerdigt werden - womit das nächste Großprojekt in Franken vor dem Aus stünde: 2023 hatte die Deutsche Bahn Pläne für ein ICE-Werk beerdigt.
Von der Staatsregierung war zuletzt keine klare Stellungnahme insbesondere zu den 2013 getätigten Versprechungen zu erfahren. Auf Anfrage der SZ an Söders Staatskanzlei antwortete das Verkehrsministerium und nannte die StUB ein "wichtiges Projekt für die Bayerische Staatsregierung", man stehe zur Förderung. Voraussetzung sei allerdings "ein positives Votum aus der Region". Die Landesleitung der CSU lässt an sie gerichtete SZ-Fragen seit anderthalb Wochen unbeantwortet.
Der SPD-Antrag fordert die Staatsregierung auf, sich "auf allen Ebenen für die schnelle Umsetzung des Infrastrukturprojekts einzusetzen". Es gehe um eine verlässliche Grundlage für Unternehmen wie Siemens, Adidas, Puma und Schaeffler wie auch die Friedrich-Alexander-Uni Erlangen-Nürnberg. Die StUB sei nicht zuletzt wegen der zugesagten Übernahme von weit mehr als der Hälfte der Kosten durch Bund und Freistaat "eines der effizientesten und lukrativsten Neubauprojekte in ganz Deutschland" und habe "Vorbildcharakter". Der geplante Takt mit Verdichtungen im Berufsverkehr schaffe eine "klimaschonende Alternative" zu überlasteten Autobahnen. Staatsregierung und im Landtag vertretene Parteien müssten daher alles tun, damit der Bürgerentscheid zugunsten des Projekts ausfalle.
Die Grünen wiederum verlangen Antworten von der Staatsregierung. Etwa zu den Fragen, wie sich ein Scheitern der StUB auf Standortentscheidungen der Uni, auf den Siemens-Campus und den Standort insgesamt auswirken würde; oder welche Bedeutung die Staatskanzlei heute der 2013 getroffenen Grundsatzerklärung zumesse, auf deren Basis Siemens massive Investitionen getätigt habe.