Politik in Bayern:Hitzige Debatte über "Berliner Bevormundung und Planwirtschaft"

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Das Volksbegehren "XXL-Landtag verhindern" möchte erreichen, dass die Höchstzahl an Abgeordneten 180 beträgt. Derzeit sind es 205. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Verbote, Kiffen, Gendern: Die CSU hat im Landtag dringenden Redebedarf, während sich die Opposition über eine "Beleidigung des Parlamentarismus" ärgert. Willkommen im Wahlkampf.

Von Johann Osel

Von der verbalen Draufhauerei am Politischen Aschermittwoch werden gern Sprüche gesammelt, wie: "Leben und leben lassen in Bayern statt Berliner Bevormundung und Planwirtschaft". Aber Moment, eben dieser Slogan ist am Donnerstag offizieller Titel eines Antrags im Landtag - angesetzt ist eine Debatte dazu von der CSU.

Fraktionschef Thomas Kreuzer zetert gleich los, er sieht "staatliche Gängelung" und "grünen Dirigismus" allumfassend am Werk: Tempolimit, Verbrennungsmotor, Öl- und Gasheizungen, Atomkraft, Einfamilienhäuser. Dafür dürften 14-Jährige entscheiden, ob sie "heute Mann, morgen Frau, übermorgen divers" seien - eine "Katastrophe". Und jetzt solle auch noch Werbung für Schokolade verboten werden, dafür gebe es "Kiffen, bis der Arzt kommt".

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Florian Streibl (Freie Wähler) assistiert ihm allen Ernstes mit der These, dass die Bundesregierung eine schlimmere Heimsuchung sei als Pandemie, Krieg und Inflation. Da wirkt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit seinem zuletzt auch nicht gerade schüchtern betriebenen Ampel-Bashing glatt wie ein Waisenknabe.

Der Wahlkampf ist endgültig im Landtag angekommen. Und der Ton ist gesetzt - als immerwährender Aschermittwoch. Wenn das so bleibt bis zum Oktober, dann Prost, Mahlzeit! Ruth Müller (SPD), neue Generalsekretärin ihrer Partei, sieht es als "Beleidigung des Parlamentarismus", dass sich der Landtag mit einer solchen Bierzeltrede befassen müsse. Sie attestiert der CSU "Verfolgungswahn" - wo bitte herrsche Planwirtschaft? Wobei: "Manchmal ist es gar nicht verkehrt, einen Plan zu haben." Die Staatsregierung habe keinen, etwa bei Schule, Energie oder Wohnen.

Thomas Gehring (Grüne) vermisst Landespolitik in Kreuzers Rede, die CSU habe es sich in der Opposition zu Berlin "gemütlich" gemacht, statt zu regieren. Dank der Ampel aber sei man "verdammt gut durch den Winter gekommen". Martin Hagen (FDP) bescheinigt der CSU ein "Kasperletheater", rügt Kreuzers "Kalauer" etwa auf Kosten von Minderheiten. Und wer bei Corona verboten habe, alleine ein Buch im Park zu lesen, könne nicht über Gängelung urteilen. Ingo Hahn (AfD) meint, die CSU sei längst selbst "Teil des links-grünen Kartells". Jeder, der "einen Rest Vaterlandsliebe in sich trägt", solle sich auf konservative Wurzeln besinnen.

Es kommt Rederunde zwei der CSU, in der Kerstin Schreyer noch den Begriff "Verbotsgeilheit" einführt und Michaela Kaniber den Ökosozialismus, eigentlich beliebte Vokabel der AfD. Und Fabian Mehring (FW) gar eine "politische Systemkonkurrenz" wittert. Sehr beschäftigt diesen Vormittag: die Landtagspräsidentin. Ilse Aigner muss immer wieder, "an alle Seiten", Ruhe im Saal anmahnen.

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