Politik in Bayern:Bloß keine "Ampel-Opposition"

Lesezeit: 3 Min.

Parteichef Martin Hagen gilt als einer der besten Redner des Landtags, ob das bei der Landtagswahl 2023 hilft? (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Die FDP kommt in Bayern laut einer Umfrage auf nur noch drei Prozent und würde aus dem Landtag fliegen wie zuletzt in Niedersachsen. Was bedeutet das für den bevorstehenden Wahlkampf im Freistaat?

Von Johann Osel, München

Den Satz mit dem größten Donnerhall lieferte Thomas Sattelberger, gleich nach der Wahl in Niedersachsen, bei der die FDP aus dem Landtag flog. "Die Ampel-Koalition ist politische Vergewaltigung der FDP", twitterte der bayerische Liberale, der im Sommer aus gesundheitlichen Gründen sein Bundestagsmandat und den Posten als Staatssekretär in der Ampel aufgegeben hatte. Kaum ein Medium verabsäumte, das bei Wahlanalysen zu zitieren. Oje, dachten viele in der Bayern-FDP, eine Wortwahl "unter alle Kanone", musste das sein? Dass aber ein Funken Wahrheit drinsteckt, ahnten doch viele. Relevant ist das just in Bayern, wo 2023 gewählt wird. Schneller als befürchtet zeigt das nun der BR-Bayerntrend: In der Umfrage fällt die FDP auf nur noch drei Prozent (minus vier Prozentpunkte). Sie flöge, wäre jetzt schon Wahltag, aus dem Landtag - in den sie es 2018 knapp mit 5,1 Prozent geschafft hatte.

"Egal, wie groß oder klein der landespolitische Anteil daran ist: Diese Momentaufnahme tut weh", sagt Landes- und Fraktionschef Martin Hagen. "Aber die FDP im Freistaat ist es gewöhnt zu kämpfen." Das stimmt, schaut man sich die Umfragen im Verlauf mehrerer Jahre an, dann ist das ein wildes Auf und Ab. Bei Tiefständen sagt man in der finanzmarktaffinen FDP gern: Wäre die FDP eine Aktie, wäre sie "unterbewertet". Insgesamt müsste man langsam wohl fragen, ob man so eine volatile Anlage überhaupt im Portfolio haben mag.

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Zu Jahresbeginn allerdings hatten die Liberalen noch ein Hoch, siehe Bayerntrend im Januar: sieben Prozent. Das haben viele als Lohn für den kritischen Kurs gegen die Staatsregierung in der Corona-Politik gedeutet. Hagen selbst hatte das beim Parteitag Ende 2021 als Standfestigkeit gelobt, damit habe man "Profil und Glaubwürdigkeit gewonnen". Mit dem jüngsten Kompromiss der Ampel für einen Corona-"Werkzeugkasten", der den Ländern wieder eine Maskenpflicht erlaubt, dürfte der Sympathievorrat bei pandemiekritischen FDP-Wählern aufgebraucht sein. Dazu kommt die aktuelle Krise mit ihren, wie ein Liberaler sagt, "FDP-untypischen" Zwängen. Beliebt sei die Ampel unter Sympathisanten eh noch nie gewesen, dass das irgendwann durchschlägt auf Bayern, war erwartbar. "Das Risiko durch diese Bundesregierung war von Anfang an eingepreist."

Viele beklagen den "Abwärtssog" durch Berlin

Trotzdem ist die Umfrage jetzt heftig eingeschlagen. Viele in der Bayern-FDP hoffen wie Hagen auf eine "Momentaufnahme", andere klagen deutlich über den "Abwärtssog" durch Berlin. Das habe man "nicht verdient", das Minus sei nicht der Landtagsfraktion anzukreiden. Tatsächlich gibt die kleinste Fraktion im Maximilianeum eine passable Figur ab, zumindest in der öffentlichen Präsenz. Hagen gilt als einer der besten Redner im Landtag, Journalisten können sich auf pfiffige Statements verlassen. Viele Abgeordnete werkeln recht umtriebig in ihren Fachbereichen und machen damit einigen Rummel. Was sich allerdings nun nicht auszahlt im Bayerntrend.

Was tun mit Blick auf den Wahlkampf? "Wir verstehen uns in Bayern nicht als Teil des Ampelbündnisses", sagt Hagen, " wir ziehen uns nicht jeden Schuh an, der in Berlin geschnürt wird". Sein Rezept für 2023 sei "FDP pur" - aufzuzeigen, wie Markus Söder und seine Regierung etwa in der Wirtschafts- oder Energiepolitik "ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben". Darauf verweist auch Vize-Fraktionschefin Julika Sandt, als "Kraft der Mitte" habe man etwa ein Konzept gegen den "von FW und CSU hausgemachten Lehrermangel". An Abgrenzung zu den Ampelparteien, ergänzt Hagen, mangele es nicht. "Gerade die Reibung mit den Grünen ist eindeutig", wenn es zum Beispiel um deren "Hang zur Bevormundung" der Menschen gehe.

Wäre da nicht dieses Wort, das seit einem Jahr durch Landespolitik und Medien geistert: "Ampel-Opposition". SPD-Chef Florian von Brunn hatte schon früh davon gesprochen, dass die Ampel durchaus "Vorbild" sein könne für Bayern. Grünen-Vorsitzende Eva Lettenbauer hatte auf Nachfrage dazu mal gesagt, ihre Partei stehe für "eine Politik auf Höhe der Zeit", auch mit "denjenigen, die diesen Weg mitgehen". Hagen dagegen hatte schon von Anfang an betont, die FDP in Bayern dürfe sich bloß nicht in einem Ampel-Lager verorten. Manchmal rutscht aber selbst Liberalen das Wort "Ampel-Opposition" heraus. Dann kann man zuschauen, wie sich der Betroffene auf die Zunge beißt und bedröppelt dreinblickt. Die CSU jedenfalls dürfte im Wahlkampf keine Gelegenheit auslassen, die FDP daran zu erinnern, dass sie in Berlin regiert und mit wem.

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