Neue Bundesregierung:Mit diesen Frauen und Männern wird Merkel regieren

Eine Landespolitikerin aus Berlin-Neukölln, ein stets gut gelaunter Hesse, CSU-Chef Seehofer und der schärfste Kritiker der Kanzlerin: Merkels deutlich verjüngtes und weiblicheres Team für ihre vierte Regierung steht fest.

Ein Überblick von SZ-Autoren

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Wer sitzt mit der Kanzlerin am Kabinettstisch?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) 2015 in einer Sitzung des Bundeskabinetts im Berliner Bundeskanzleramt.

Quelle: dpa

Lang hat es gedauert, jetzt ist klar: Es gibt eine neue große Koalition, am 14. März soll die 63-jährige Angela Merkel (CDU) gewählt und vereidigt werden - und nun steht das vierte Kabinett Merkel fest. Nach CDU und CSU haben die Sozialdemokraten als letzte Partei ihre Minister-Kandidaten benannt. Ein Überblick über die Mitglieder der neuen Regierung, die insgesamt jünger und weiblicher ist.

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Olaf Scholz wird Finanzminister

Olaf Scholz in der SPD-Parteizentrale 2018 in Berlin.

Quelle: AP

An dieser Personalie gab es keine Zweifel: Olaf Scholz wird Bundesfinanzminister und Vizekanzler. Der 59-Jährige gibt dafür sein Amt als Hamburgs Erster Bürgermeister auf - wegen der Ausschreitungen beim G-20-Gipfel hat seine Beliebtheit arg gelitten. Der Posten des Finanzministers ist zwar eminent wichtig, aber er war parteiintern nicht wirklich umkämpft. Scholz findet im neuen Job optimale Startbedingungen vor, schreibt SZ-Redakteurin Cerstin Gammelin: "Die Konjunktur läuft konstant gut, die anhaltend hohe Beschäftigung lässt die Steuereinnahmen anwachsen, der Koalitionsvertrag enthält nichts, was man eine Zumutung nennen könnte." Für den letzten Punkt ist Scholz mitverantwortlich - er hat die entsprechenden Passagen ausgehandelt. Und mit Merkel, für die er von 2007 bis 2009 als Arbeitsminister arbeitete, versteht sich der spröde Scholz auch.

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Franziska Giffey übernimmt das Familienministerium

SPD-Frauensalon

Quelle: dpa

Die Berufung von Franziska Giffey zur Familienministerin ist die wohl spannendste SPD-Personalie. Die 39-Jährige ist bisher Bezirksbürgermeisterin in Neukölln und Nachfolgerin des als unkonventionell berühmt gewordenen Heinz Buschkowsky. Giffey wird als unerschrocken, selbstbewusst und kompetent beschrieben. Außerdem wurde sie in Frankfurt (Oder) geboren. Als "Quoten-Ossi" sollte Giffey aber niemand abtun, analysiert SZ-Korrespondentin Constanze von Bullion: "Sie weiß sich Gehör zu verschaffen, auch in Milieus, in denen Frauen eher nicht das Wort führen. Wen auch immer man in der Berliner Landespolitik nach Giffey fragt, auch jenseits der SPD, immer fällt der gleiche Satz: 'Die kann das.'"

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Heiko Maas ist der neue Chefdiplomat

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Quelle: AP

Heiko Maas wird neuer Außenminister und folgt damit auf den in der Bevölkerung populären Sigmar Gabriel. Dieser muss gehen, weil das Verhältnis des Ex-Parteichefs und "Ego-Tiers" zur neuen Parteispitze um Scholz und Andrea Nahles zu zerrüttet ist. Auf den Niedersachsen Gabriel folgt nun der Saarländer Maas, der bislang Justizminister war. Mit 51 Jahren gehört Maas zu den Jüngeren, doch bisher hat er sich wenig um Außenpolitik gekümmert und gilt in Berliner Kreisen auch nicht als Workaholic. Dies dürfte sich nun ändern: Die Außenminister sind permanent in der Welt unterwegs, auch wenn wichtige Entscheidungen - gerade in der Europapolitik - im Kanzleramt oder im Finanzministerium fallen.

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Die neue Justizministerin heißt Katarina Barley

Weekly Interim Government Cabinet Meeting

Quelle: Getty Images

Zwischenzeitlich hatte sich Katarina Barley selbst als mögliche Außenministerin ins Spiel gebracht. Es blieb bei einer Karnevalsspielerei. Nun wird die ehemalige Generalsekretärin und Kurzzeit-Familienministerin (sie folgte auf Manuela Schwesig, die nun Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern ist) also Justizministerin. Die 49-Jährige ist promovierte Juristin und hat als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht und im Justizministerium in Mainz gearbeitet. Fachliche Expertise hat sie hier ohne Zweifel.

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Hubertus Heil kümmert sich um Arbeits- und Sozialpolitik

Sitzungen SPD-Präsidium und Parteivorstand

Quelle: dpa

Kaum ein Ministerium ist wichtiger für die SPD als das Arbeitsministerium. Es gilt als das Haus, in dem sich die Partei auf besondere Weise der Antworten auf die neuen sozialen Fragen annehmen könnte. Diese Aufgabe übernimmt nun Hubertus Heil, Ex-Generalsekretär, Arbeitsmarktexperte und Niedersachse. Der 45-Jährige folgt auf Katarina Barley, die im September geschäftsführend die Leitung des Ressorts übernahm, als Andrea Nahles an die Fraktionsspitze der SPD im Bundestag wechselte. Nahles soll zudem in naher Zukunft zur Parteichefin gewählt werden.

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Svenja Schulze wird Umweltministerin

Svenja Schulze

Quelle: picture alliance / Rolf Vennenbe

Mit Barbara Hendricks war bisher eine Frau aus Nordrhein-Westfalen Umweltministerin, und mit der 49-jährigen Svenja Schulze folgt ihr eine Frau aus NRW. Schulze war fünf Jahre lang Wissenschaftsministerin im bevölkerungsreichsten Bundesland und soll das Vertrauen von Mike Groschek genießen, dem Chef der NRW-SPD. Mit der Nominierung von Schulze geht der gewünschte Proporz bei den Sozialdemokraten auf: 50 Prozent der Ministerien gehen an Frauen und mit Schulze ist der mächtigste Landesverband vertreten.

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Horst Seehofer wird Innen- und Heimatminister

Horst Seehofer

Quelle: Kay Nietfeld/dpa

Mit dem neuen Amt verbinden sich Aufgaben, die nicht so recht zu Horst Seehofer passen. Vieles in diesem Innenministerium lässt sich trotz des Namens nur noch international, vor allem europäisch lösen. Das bedeutet: Ein Innenminister muss viel unterwegs sein und er muss im Idealfall auch in unterschiedlichen Sprachen kommunizieren. Beides aber mag der bisherige Ministerpräsident Bayerns nicht besonders. Doch er wird das Amt antreten. Und das wird nicht so sehr am Thema Sicherheit und 24 Stunden Handy-Bereitschaft liegen. Seehofer will tatsächlich als Heimatminister, der sich um darbende Regionen und abgehängte Menschen kümmert, in die Geschichte eingehen.

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Gerd Müller bleibt Entwicklungsminister

Gerd Müller

Quelle: dpa

Der 62-jährige Gerd Müller hat sich in der zurückliegenden Bundesregierung als permanenter Mahner etabliert. Dass zu der üblichen Entwicklungshilfe vermehrt auch die Bekämpfung so genannter Fluchtursachen kam, hat dem Ministerium nicht geschadet. Nie war sein Etat so groß wie heute. Müller hat eine bemerkenswerte Doppelstrategie hingelegt: Einerseits musste er Verständnis für jeden aufbringen, der aus Krisenregionen nach Deutschland kommt. Andererseits musste der CSU-Politiker Müller die Obergrenze mittragen, die seine Partei für die Aufnahme von Flüchtlingen verlangte. Das wird die zweite Legislaturperiode für den bayerischen Schwaben schwieriger machen. Die CSU wird von ihm verlangen, sich klarer zu positionieren. In seiner ersten Amtszeit hat Müller viele große Ziele formuliert. Jetzt müssen den großen Worten Taten folgen.

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Andreas Scheuer wird Verkehrsminister

Andreas Scheuer

Quelle: dpa

Der künftige Verkehrsminister Andreas Scheuer gilt als heimlicher Gewinner des Koalitionspokers. Sein künftiges Ministerium kennt Scheuer schon. Unter dem damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) war er bereits von 2009 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär. Dann wurde er CSU-Generalsekretär in München. Im Verkehrs- und Digitalministerium wartet auf den Politologen und Soziologen einer der schwersten Jobs in der künftigen großen Koalition. Scheuer muss vor allem den eskalierenden Streit um Fahrverbote und die drohenden Kosten für die Nachrüstung von Millionen Diesel-Autos befrieden. Scheuer gilt als umgänglicher als sein Vorgänger Alexander Dobrindt, der das Ministerium mit einem engen Zirkel aus Vertrauten geleitet und damit selbst hochrangige Ministerialbeamte vor den Kopf gestoßen hatte. Noch-CSU-Chef Horst Seehofer fordert von Scheuer auch, das Thema Digitalisierung stärker zu besetzen.

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Dorothee Bär wird Staatsministerin für Digitales

Dorothee Bär

Quelle: dpa

Die 39-jährige Dorothee Bär arbeitet gefühlt schon seit Ewigkeiten in der CSU. Wirklich Karriere freilich macht sie vor allem, seit Horst Seehofer Parteichef ist. Er machte sie 2009 zur stellvertretenden Generalsekretärin und 2013 zur Staatsekretärin für Digitales im Bundesverkehrsministerium. Jetzt wird sie ein Büro im Berliner Kanzleramt beziehen - als Staatsministerin für Digitales. Das Thema beschäftigt sie seit langem. Einarbeitungszeit wird Bär deshalb kaum brauchen. Bär ist bislang stets als Online-Euphorikerin aufgetreten. Zum Ziel hat sie sich gesetzt, den Menschen im Umgang mit dem Netz mehr Kompetenz zu vermitteln. Mit einer Kabinettsliste von drei Männern und einer Frau ist die CSU übrigens die einzige Koalitionspartei, die das Ziel der Geschlechter-Parität nicht erfüllt.

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Jens Spahn wird Gesundheitsminister

Jens Spahn

Quelle: dpa

Der 37-jährige Jens Spahn hat sich zum profiliertesten Kritiker der Kanzlerin in der CDU entwickelt. Er zählt zu den wenigen, die sich trauen in wichtigen Fragen gegen Angela Merkels Politik offen Stellung zu beziehen, gerade auch in der Flüchtlingspolitik. Nun bindet die Parteichefin den jungen Konservativen aus dem Münsterland als Gesundheitsminister in ihr Kabinett ein. Er hat Expertise auf diesem Gebiet. So war er bis 2015 sechs Jahre lang gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Dem Parlament gehört der gelernte Bankkaufmann und Politikwissenschaftler seit 2002 an, er wurde stets direkt gewählt, zuletzt mit 51,3 Prozent. Seit 2015 ist er Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. Spahn gilt als wertkonservativer Katholik, der die Zukunft der CDU nach der Ära der Kanzlerin Merkel entscheidend prägen könnte.

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Peter Altmaier wird Wirtschaftsminister

Peter Altmaier

Quelle: Kay Nietfeld/dpa

Er besitzt die seltene Eigenschaft, sich friedlich mit verschiedensten Ämtern arrangieren zu können. Er betrachte jedes Amt wie ein Tierchen, sagte Peter Altmaier kürzlich: "Das schaue ich mir an und frage: Was bist du für eins?" Die Frage hat der 59-jährige Jurist unter Angela Merkels Ägide schon öfter gestellt: als parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, als Innenstaatssekretär, Umweltminister, Chef des Kanzleramts und Minister für besondere Aufgaben sowie als geschäftsführender Finanzminister. In diesem Amt wäre der vielsprachige, für die Bundespolitik beurlaubte EU-Beamte gern geblieben, auch, weil er mehr mit Europapolitik zu tun gehabt hätte. Stattdessen wird der Saarländer ein neues Tierchen begutachten: das Amt des Ministers für Wirtschaft und Energie.

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Ursula von der Leyen bleibt Verteidigungsministerin

Weekly Interim Government Cabinet Meeting

Quelle: Adam Berry/Getty Images

Die Frau, die Angela Merkel 2005 als Familienministerin nach Berlin geholt hat, gilt als hart im Nehmen. In der Nacht, als SPD und Union den Koalitionsvertrag verhandelten und Ressorts aufteilten, soll Ursula von der Leyen sich zum Schlafen auf den harten Boden in der CDU-Parteizentrale gelegt haben. Als die 59-Jährige aufwachte, standen die Chancen gut, dass sie im Amt bleiben kann. Von der Leyen kann politisch jederzeit den großen Aufschlag hinlegen. Ob Einführung des Elterngeldes oder Krippenausbau - an Merkels Modernisierungskurs hat sie maßgeblich mitgewirkt. Als potenzielle Merkel-Erbin und mögliche Bundespräsidentin wurde sie schon gehandelt, nur gerade jetzt wird sie das nicht. 2013 hat Merkel ihr aufgetragen, die Truppe flottzumachen - ein Projekt, das Ausdauer braucht.

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Julia Klöckner wird Agrarministerin

Julia Klöckner

Quelle: Andreas Arnold/dpa

Die große Enttäuschung ist noch nicht lange her für Julia Klöckner. Die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März 2016 galt für die Spitzenkandidatin der CDU als quasi sichere Sache, doch am Ende war die SPD Malu Dreyers stärker. Dabei sollte das Spitzenamt in Mainz Klöckner auch als Sprungbrett nach Berlin dienen, sie gilt als eine der größeren Hoffnungen in der Union. Nun führt der Weg nach Berlin über ein Ministeramt. Ihr Verhältnis zu Angela Merkel ist nicht unbelastet. Im Wahlkampf 2016 setzte sie sich von deren Flüchtlingspolitik ab, wenngleich ohne den erhofften Erfolg. Unter den Stellvertretern Merkels im Parteivorstand erzielte sie aber wiederholt das beste Ergebnis. Das Agrarministerium passt nicht schlecht zu der 45-Jährigen: Klöckner stammt aus einer Winzerfamilie.

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Helge Braun wird Kanzleramtschef

CDU, SPD And CSU Seek To Conclude Coalition Negotiations

Quelle: Carsten Koall/Getty Images

Wenn die Kanzlerin wichtige Positionen besetzt, bevorzugt Angela Merkel besonnene Typen, die im Stillen Probleme lösen können. Den 45-jährigen Helge Braun aus Gießen fördert sie seit Längerem, ihm werden diese Eigenschaften zugeschrieben. Jetzt soll der Christdemokrat Chef des Bundeskanzleramts werden. Braun arbeitet dort bereits seit 2013. Er war in den vergangenen vier Jahren Staatsminister für die Bund-Länder-Beziehungen. Er bewährte sich als umsichtiger Krisenmanager, als 2015 die Ankunft von Hunderttausenden Flüchtlingen koordiniert werden musste. Der notorisch gut gelaunte Hesse ist Arzt. Er hat einige Jahre als Anästhesist in der Klinik seiner Heimatstadt gearbeitet und ist der Medizin auch als Bundestagsabgeordneter als Hochschuldozent verbunden geblieben.

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Anja Karliczek wird Bildungsministerin

CDU Bundestagsabgeordnete Anja Karliczek Deutschland Berlin Bundestag Plenum Betriebsrentenstä

Quelle: imago/Metodi Popow

Bildungsministerin soll die wenig bekannte Anja Karliczek werden. Die 46-jährige Mutter dreier Kinder hat sich für ihr künftiges Ressort erst wenig profiliert. In ihrer Heimat im Tecklenburger Land, wo die Westfälin im Dorf Brochterbeck aufwuchs, engagierte sie sich einst als Schulpflegschaftsvorsitzende eines Gymnasiums. Praktische Erfahrung bringt die Tochter einer Hotelierfamilie bei der beruflichen Bildung mit. Karliczek leitete mit ihren Brüdern ein Vier-Sterne-Haus, zugleich absolvierte sie an der Fernuni Hagen ein Studium der Betriebswirtschaft. Im Bundestag saß die Bank- und Hotelkauffrau im Finanz- und Haushaltsausschuss. Vor einem Jahr wurde die Katholikin, die gegen die "Ehe für alle" votierte, von der CDU/CSU-Fraktion zur parlamentarischen Geschäftsführerin gewählt.

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Annette Widmann-Mauz wird Staatsministerin für Integration

Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz (CDU)

Quelle: Uwe Zucchi/dpa

Lange wurde Annette Widmann-Mauz, 51, als neue Gesundheitsministerin gehandelt. Schließlich ist die Baden-Württembergerin bereits seit dem Jahr 2009 parlamentarische Staatssekretärin in diesem Ressort, zuvor war die Christdemokratin sieben Jahre lang gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Nun könnte sie aber stattdessen ins Kanzleramt wechseln, als Staatsministerin für Integration. Widmann-Mauz ist seit drei Jahren die Bundesvorsitzende der Frauen-Union, in der sie sich für Gleichstellung einsetzt, aber auch konservative Positionen vertritt. So befürwortet sie zum Beispiel das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche. In den Koalitionsgesprächen verhandelte Widmann-Mauz die Familienthemen mit der SPD. Sie gilt als durchsetzungsstark.

© SZ.de/steb/miba/mbal/jsc/szm/gam/klu/cwe/mati/jsa/ghe
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