Tutzing:"Schluss mit dem verkrusteten System"

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Die Liberalen präsentieren sich im Tutzinger Festzelt als Partei des Umschwungs in Bayern.

Sylvia Böhm-Haimerl

Gemeinhin gelten der Bayerische Defiliermarsch und eine Maß Bier als unverzichtbare Zutaten für eine Bierzeltrede. Mit dieser Tradition hielten es auch die Liberalen am Montag im Tutzinger Festzelt vor dem Rathaus. Beim Einzug von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Wirtschaftsminister Martin Zeil, dem Bundestagsabgeordneten Klaus Breil sowie der Kreisvorsitzenden Sigrid Friedl-Lausenmeyer herrschte zwar nicht gerade drangvolle Enge, aber das Bierzelt war mit rund 400 Besuchern gut gefüllt. Auch ging es bei den Festreden nicht so deftig zu, wie es manchmal in Bierzelten üblich ist und anstatt mit Bier ließ sich die Justizministerin ihren Maßkrug mit Mineralwasser füllen. Dennoch wussten die Liberalen, wie man das Bierzeltpublikum begeistert. Auch wenn es Breil nicht leicht hatte beim Publikum mit dem Thema zur Energiepolitik. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ging indes mit den politischen Gegnern hart ins Gericht.

FDP-Prominenz im Festzelt Tutzing FDP-Prominenz im Festzelt: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil. (Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)

Zu den jüngsten Äußerungen Alexander Dobrindt (CSU) sagte sie, man müsse in geschlossener Formation aufs richtige Tor schießen. Stattdessen hätten nicht-berufene Bayern, wie "Generalsekretäre und andere Aktionäre" ein Eigentor erzielt. Sie stellte aber klar, dass Europapolitik immer auf der Basis von Leistung und Gegenleistung gemacht werden müsse und übte deutliche Kritik an den Eurobonds. Harsch ging sie auch mit den Freien Wählern ins Gericht, die "mit Rechtspopulismus in Richtung Europa segeln". Vor dem Hintergrund der fremdenfeindlichen, rechtsradikalen Überzeugungen in Teilen Deutschlands plädierte sie für eine dringenden Verfassungsschutzreform sowie eine strikte Gesetzgebung zum Einsatz von V-Leuten. Ebenfalls für notwendig hielt Leutheusser-Schnarrenberger die Bekämpfung der Altersarmut, die insbesondere Frauen mit "unterbrochener Erwerbsbiographie" treffe. Die von Ursula von der Leyen ins Spiel gebrachte Zuschussrente indes hält sie für einen Schnellschuss, der die künftigen Generationen der Beitragszahler belaste.

Wer Martin Zeil kennt, der normalerweise genau überlegt, bevor er spricht, wurde von seiner Wortgewalt im Bierzelt überrascht. Ebenso wie seine Vorrednerin kritisierte er die "verbale Kraftmeierei" gegen Griechenland. Es müsse jedoch Reformen geben, bevor man Gelder der Gemeinschaft einfordere. Bayern mache vor, wie man verantwortlich haushalte. Mit Blick auf die Landtagswahl 2013 betonte er jedoch, dass die Zeitenwende in Bayern erst mit der FDP eingekehrt sei und es auch in Zukunft keine absoluten Mehrheiten mehr geben dürfe. Ob Landesbankdebakel, Kinderbetreuung oder Bildungspolitik - "wir haben Schluss gemacht mit dem verkrusteten System", findet Zeil, der sich für eine Senkung der Energiesteuer, für den Ausbau einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke und für den Ausbau Oberpfaffenhofens als innovativer Hightech-Standort aussprach. Die Öffnung des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen für Geschäftsflieger bezeichnete er als Vertrauensbruch der früheren Staatsregierung gegenüber der Bevölkerung.

© SZ vom 29.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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