Energiekonzern Uniper:Krise, welche Krise?

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Uniper-Chef Michael "Mike" Lewis posiert am Mittwoch vor der Bilanzpräsentation in der Düsseldorfer Zentrale für die Fotografen. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Ende 2022 musste der Strom- und Gasanbieter noch vom Staat gerettet werden. Nun erzielt er einen Rekordgewinn - und nutzt das Geld, um sich neu zu erfinden.

Von Björn Finke, Düsseldorf

Es ist schwindelerregend: Der Strom- und Gaskonzern Uniper verbuchte 2022 atemberaubende 19,1 Milliarden Euro Verlust; Deutschlands größter Gasimporteur musste mit Staatsgeld gerettet werden. Doch 2023 erzielte das Düsseldorfer Unternehmen mit 6,3 Milliarden Euro den höchsten Gewinn der Firmengeschichte. Auch das ist ein Ausreißer, in den kommenden Jahren werden die Profite deutlich moderater ausfallen, wie Vorstandschef Michael "Mike" Lewis am Mittwoch bei der Bilanzvorstellung in Düsseldorf erläuterte. "Diese Normalisierung ist gut, wir wollen die Zeit der extremen Ausschläge hinter uns lassen", sagte der Brite, der Uniper seit vorigem Sommer führt.

Langweilig wird es bei Uniper trotzdem nicht. Der frühere Eon-Manager Lewis, der sehr gut Deutsch spricht, muss die Firma schnell aufhübschen für eine Privatisierung. Der Bundesregierung gehören seit der Rettungsaktion mehr als 99 Prozent der Aktien, aber dieser Anteil muss bis 2028 auf gut 25 Prozent schrumpfen. Das hat die EU-Kommission zur Bedingung gemacht, als sie die Staatshilfen bewilligte. Um attraktiv für Anleger zu werden, braucht der Konzern mit seinen 7000 Beschäftigten ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell. Daher will Lewis massiv in Wind- und Solarparks sowie in wasserstofffähige Gaskraftwerke investieren: Der Beinahe-Pleitier Uniper, bisher eher eine Dreckschleuder, soll zum grünen Vorzeigeunternehmen werden.

Das wäre eine komplette Verwandlung, denn Uniper entstand, als Eon 2016 sein Geschäft mit klimaschädlichen Kohle- und Gaskraftwerken sowie dem Gashandel abspaltete. Dieser schmutzigen Resterampe von Eon wurde der Gashandel schließlich zum Verhängnis - und die große Abhängigkeit von russischen Importen. Uniper versorgt mehr als 1000 Stadtwerke und Industriebetriebe mit Erdgas. Als Gazprom die Exporte kappte, mussten die Düsseldorfer die fehlenden Mengen teuer auf den Märkten zukaufen, um die langfristigen Lieferverträge zu erfüllen. Deshalb häufte der Konzern riesige Verluste an. Eine Pleite hätte Unipers Abnehmer, also etwa die Stadtwerke, in die Bredouille gebracht. Deswegen übernahm der Staat Uniper Ende 2022. Die Regierung stellte 13,5 Milliarden Euro Kapital zur Verfügung plus Kredite der Förderbank KfW.

Die Darlehen hat Uniper inzwischen tilgen können, außerdem legte der Konzern bereits 2,2 Milliarden Euro zurück, um diese Anfang 2025 an die Regierung zu überweisen. Die EU-Kommission verlangt, dass das Unternehmen Kapital zurückzahlt, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Staatshilfen zu üppig waren. Und dies ist wohl der Fall, wie die hohen Gewinne für das Jahr 2023 zeigen.

Der Bundesregierung gehören Kernkraftwerke

Wichtiger Grund für die erfreuliche Entwicklung ist, dass die Gaspreise unerwartet schnell gefallen sind. Daher konnte Uniper langfristige Lieferverträge günstiger erfüllen als vorhergesehen. Die zuständige Handelssparte des Konzerns verbuchte im vergangenen Jahr einen bereinigten Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern von gut vier Milliarden Euro, nach einem dramatischen Verlust von elf Milliarden Euro im Jahr 2022. Doch die Kraftwerkssparte verdiente ebenfalls prima, der Betriebsgewinn verdreifachte sich im Jahresvergleich auf 2,3 Milliarden Euro.

Das Unternehmen betreibt Steinkohle- und Gaskraftwerke in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien. In Deutschland und Schweden verfügt der Konzern zudem über Wasserkraftwerke und in Schweden sogar über Kernkraftwerke. Kuriose Folge: Dank Uniper ist die Bundesregierung ein Jahr nach dem Abschalten der letzten deutschen Kernkraftwerke Eigentümerin schwedischer Atommeiler.

Die klimaschädlichen Kohlekraftwerke will Uniper bis 2029 vom Netz nehmen. In Deutschland wird früher Schluss sein. Die EU-Kommission fordert, dass Uniper als Gegenleistung für die Staatshilfe Beteiligungen und Kraftwerke verkauft. Einiges wurde schon abgestoßen, doch auf der Liste steht noch das moderne Kohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen. Dafür muss Vorstandschef Lewis bis Ende 2026 einen Interessenten finden - danach würde Uniper keine Kohle mehr in Deutschland verfeuern. Ein Gerichtsverfahren könnte den Verkauf aber verkomplizieren. Kraftwerks-Gegner klagen, dass der Bebauungsplan für Datteln 4 fehlerhaft war. Darüber muss das Oberverwaltungsgericht des Landes befinden.

Uniper muss das Kohlekraftwerk Datteln 4 verkaufen. (Foto: Marcel Kusch/picture alliance/dpa)

Für das laufende Jahr erwartet Unipers Management ein Betriebsergebnis von nur 1,5 bis zwei Milliarden Euro, unter dem Strich sollen höchstens 1,1 Milliarden Euro als Gewinn hängen bleiben. Grund für die bescheideneren Resultate ist, dass die Strom- und Gaspreise gesunken sind. Außerdem wurde der Gewinn 2023 ja durch einen Sondereffekt hochgetrieben: die überraschend günstige Abwicklung alter Gaslieferverträge.

Die Gewinne will Vorstandschef Lewis, 56, in grünes Wachstum investieren. Acht Milliarden Euro möchte er dafür bis 2030 ausgeben. Demnächst soll etwa die Entscheidung fallen, ob Uniper das Pumpspeicherkraftwerk Happurg in Mittelfranken teuer repariert und wieder in Betrieb nimmt. Das ist seit 2011 abgeschaltet. Daneben will Uniper Wind- und Solarparks bauen sowie Wasserstoff klimafreundlich in sogenannten Elektrolyseuren herstellen. Der Konzern will diesen Energieträger auch importieren, speichern und damit handeln - auf lange Sicht soll er das Geschäft mit Erdgas ersetzen.

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Ein Großteil der Investitionen soll aber in wasserstofffähige Gaskraftwerke fließen. Die sollen einspringen, wenn Wind- und Solarparks nicht genug Strom einspeisen können. Die Bundesregierung will den Bau subventionieren; das sieht die gerade präsentierte Kraftwerksstrategie vor. Dass dieses Konzept nach einigen Verspätungen endlich vorliegt, sei "ganz wichtig für Deutschland und für Uniper", sagte Lewis.

Wichtig für den Finanzminister ist wiederum, bei einer Privatisierung, etwa einem Börsengang, möglichst viel der 13,5 Milliarden Euro Staatshilfen wieder einzuspielen. Lewis ist da zuversichtlich. Zuletzt sagte er, es könne durchaus sein, dass der Bund "am Ende mehr Geld bekommt, als er als Eigenkapital in Uniper investiert hat".

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