Auskunfteien:Besserer Schutz vor Geo-Scoring

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Die Bundesregierung will die Macht von Auskunfteien wie der Schufa in Zukunft mehr einschränken. (Foto: Franziska Koark/dpa-tmn)

Das Kabinett beschließt strengere Regeln für Auskunfteien wie die Schufa. Das ist eine Antwort auf ein EuGH-Urteil - und könnte einigen Unternehmen richtig wehtun.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Wer in Deutschland einen Kredit braucht, eine Immobilie kaufen will oder einen Handyvertrag möchte, der kommt nicht an einer von ihnen vorbei: Auskunfteien wie der Schufa. Sie besitzen Daten über Millionen Menschen und berechnen über komplizierte Algorithmen, wie kreditwürdig jeder Einzelne ist. Ist ihrer Meinung nach die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Verbraucher einen Kredit künftig nicht bedienen kann, wird es schwierig, diesen überhaupt zu bekommen. Ausgedrückt wird diese Berechnung über einen "Score-Wert", der beispielsweise zwischen eins und 100 schwanken kann. Je schlechter der Score dann ist, desto geringer ist die Chance für Verbraucherinnen und Verbraucher auf eine Wohnung, einen Mobilfunkvertrag oder darauf, dass sie die Ware beim Online-Shopping auf Rechnung kaufen dürfen.

Weil die Entscheidungen so weitreichende Auswirkungen haben können, sind Auskunfteien in Deutschland mächtige Unternehmen. Die Datengrundlage für ihre Entscheidungen ist allerdings umstritten. So sammeln Auskunfteien bisher beispielsweise Postleitzahlen und andere Adressdaten, um davon abhängig die Kreditwürdigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu berechnen. Das will die Bundesregierung künftig stark einschränken und hat eine Reform des Bundesdatenschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Dieses soll Verbraucher besser schützen, wenn Auskunfteien sie bewerten. Einen ersten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorgelegten Gesetzesentwurf hat das Kabinett bereits am Mittwoch durchgewinkt, nun müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen.

Schutz vor Diskriminierung: Auskunfteien sollen weniger Daten nutzen dürfen

Die wohl wichtigste Änderung: Wenn Auskunfteien die Bonität der Menschen künftig bewerten, dürfen sie dem Gesetzesentwurf zufolge eine ganze Reihe von Informationen nicht mehr nutzen. "Wir regeln klar, dass Daten zur ethnischen Herkunft, Gesundheitsdaten oder persönliche Informationen aus sozialen Netzwerken sowie die Wohnanschrift bei der automatisierten Berechnung der Zahlungsfähigkeit einer Person keine Rolle spielen dürfen", so Nancy Faeser. Letzteres soll vermeiden, dass Menschen schlecht bewertet werden, nur weil sie im vermeintlich falschen, weil womöglich sozial schwächeren Viertel wohnen. Dieses Verfahren wird bei Auskunfteien heute gern eingesetzt und nennt sich Geo-Scoring.

Auch die Frage, wie oft jemand umzieht, wird bei Auskunfteien als Merkmal dafür genutzt, ob jemand seine Kredite zurückzahlen kann, weil er oder sie in einer wirtschaftlich schwierigen Lage sein könnte. Dass die Umzüge beispielsweise berufliche Gründe haben könnten, wird bisher ausgeklammert. Genau deshalb sollen solche Merkmale künftig keine Rolle mehr spielen dürfen, sagt Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke. "Auch einer möglichen Diskriminierung durch Scoring schieben wir einen Riegel vor. Künftig darf nicht mehr die Postleitzahl darüber entscheiden, ob jemand als zahlungsfähig eingestuft wird oder nicht", sagt sie.

Neben den persönlichen Daten wie Adressinformationen sollen auch Daten darüber, was auf dem eigenen Bankkonto ein- und ausgeht, nicht in den Score einbezogen werden. Das wiederum dürfte vor allem die Zukunftspläne der Auskunfteien torpedieren. Einige würden nämlich gern auf die Bankkonten der Deutschen schauen, um so besser ermitteln zu können, ob jemand kreditwürdig ist oder nicht. Das dürfte, sollte der Gesetzesentwurf so durch die weiteren Instanzen gehen, deutlich schwieriger werden.

Warum Auskunfteien wie entscheiden: Das sollen Verbraucher künftig einfacher erfahren

Darüber hinaus will die Ampel mehr Transparenz für Verbraucher schaffen. Dem Gesetzesentwurf zufolge müssen Unternehmen wie Schufa auf Antrag der Verbraucher in "präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache" unter anderem mitteilen, welche personenbezogenen Daten sie genutzt haben, wie diese gewichtet wurden und welche den Score am stärksten beeinflusst hat. "Mit den neuen Regeln bringen wir Licht in die Blackbox", sagt Lemke.

Mit ihrem Vorstoß reagiert die Bundesregierung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Das höchste europäische Gericht hatte in einem wegweisenden Urteil im Dezember festgestellt, dass das Scoring nur innerhalb eines engen Rahmens geschehen darf. Demnach dürfen Unternehmen nicht allein aufgrund eines automatisch erzeugten Scores eine Entscheidung darüber treffen, ob sie mit Kunden einen Vertrag abschließen. Das hatten sie bis dahin häufig getan. Der EuGH aber kippte diese Praxis.

Hintergrund des EuGH-Urteils waren zwei Fälle aus Deutschland, die vor dem höchsten europäischen Gericht verhandelt wurden. In einem Fall ging es um die Frage, wie lange die Schufa bestimmte Informationen speichern darf. Im zweiten Fall hatte eine Frau geklagt, weil sie einen Kredit nicht bekommen hatte. Warum das so war, verstand sie nicht und wollte von der Schufa wissen, wie die Entscheidung zustande kam sowie eine Löschung der Daten verlangt.

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