Urteil:EuGH: Schufa-Score darf nicht maßgeblich für Kreditwürdigkeit sein

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Darf die automatisierte Score-Erstellung maßgeblich sein bei Konditionen in Neuverträgen? Darüber entschied der Europäische Gerichtshof. (Foto: IMAGO/IMAGO/Political-Moments)

Die automatisierte Erstellung eines Scores ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig, entscheidet der Gerichtshof. Eine andere Praxis steht dem Urteil zufolge im Widerspruch zur Datenschutz-Grundverordnung.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Nutzung des umstrittenen Schufa-Scores zur Kreditwürdigkeit eingeschränkt: Unternehmen dürfen nicht ausschließlich auf Grundlage des automatisierten Scores entscheiden, ob sie Verträge mit Kunden abschließen. Das entschied der EuGH am Donnerstag in Luxemburg. Laut Urteil der Richter ist das sogenannte "Scoring" nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Es handle sich um eine von der DSGVO grundsätzlich verbotene "automatisierte Entscheidung im Einzelfall", teilt der Gerichtshof in einer Pressemitteilung mit - sofern die Kunden der Schufa, wie beispielsweise Banken, ihm eine maßgebliche Rolle im Rahmen der Kreditgewährung beimessen.

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Die Schufa begrüßte das Urteil. Es sorge für Klarheit, wie die Scores in den Entscheidungsprozessen von Unternehmen im Sinne der DSGVO verwendet werden dürfen. "Das weit überwiegende Feedback unserer Kunden lautet, dass Zahlungsprognosen in Form des Schufa-Scores für sie zwar wichtig, aber in aller Regel nicht allein entscheidend für einen Vertragsabschluss sind", teilte die Schufa nach dem Urteil mit.

Zudem musste der EuGH darüber entscheiden, ob private Wirtschaftsauskunfteien Daten aus öffentlichen Verzeichnissen auch noch speichern dürfen, nachdem sie aus diesen Verzeichnissen gelöscht wurden. Hier entschied der Gerichtshof, dass es im Widerspruch zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) steht, wenn private Auskunfteien solche Daten länger speichern als das öffentliche Insolvenzregister.

Für Energieversorger, Verkehrsunternehmen und Versandhändler ist der Score maßgeblich

Das Urteil könnte weitreichende Konsequenzen haben. Denn viele Firmen entscheiden unter Zuhilfenahme des Schufa-Bonitätsscores, ob sie Vertragsbeziehungen mit Kunden eingehen, etwa ihnen einen Kredit gewähren oder nicht. Das zeigten Recherchen von Süddeutscher Zeitung und NDR.

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Das Rechercheteam befragte an die hundert große Unternehmen in Deutschland, ob solche Bewertungen für sie bei Vertragsentscheidungen maßgeblich seien. Mehrere große Energieversorger bestätigten, dass sie den Score heranziehen, um Neukunden zu beurteilen. Wem die Schufa eine gute Zahlungsfähigkeit bescheinigt, der bekommt von den Energieversorgern einen Sondervertrag mit günstigen Konditionen. Wer weniger gut beurteilt wird, muss in die teurere Grundversorgung.

Auch bei größeren Verkehrsunternehmen ist der Score ausschlaggebend bei der Frage, ob Abonnements abgeschlossen werden, ebenso bei Versandhändlern, gerade um die Bonität von Neukunden zu beurteilen. Zwei große Zahlungsdienstleister sagten ebenfalls, für sie sei der Score wichtig. Die meisten Firmen wollen nicht namentlich genannt werden.

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