Bundesliga:Heidenheims Beste(r) macht den Unterschied

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Heidenheimer Siegerkombi: Zwei Ecken von Jan-Niklas Beste (links) und zwei anschließende Kopfballtore von Patrick Mainka sorgen für Jubel auf der Ostalb. (Foto: Adam Pretty/Getty Images)

Das Duell der Aufsteiger geht an den 1. FC Heidenheim - dank dreier Vorlagen von Jan-Niklas Beste. Werder Bremen kann aufatmet, ganz im Gegensatz zu Wolfsburg-Trainer Niko Kovac. Alles Wichtige zum Spieltag.

Von Sebastian Fischer und Jonas Wengert

1. FC Heidenheim - SV Darmstadt 98 3:2 (1:0), 1:0 Schöppner (42.), 1:1 Skarke (52.), 1:2 Maloney (60., Eigentor), 2:2 Mainka (69.), 3:2 Mainka (71.)

Ein immens wichtiges Duell der beiden Aufsteiger und designierten Abstiegskandidaten der Liga. Dabei gibt es sogar einen Heidenheimer von europäischem Spitzenformat: Kein Spieler eines Aufsteigers in den Top-10-Ligen sammelte in dieser Saison mehr Scorerpunkte als FCH-Außenstürmer Jan-Niklas Beste. Zehn Torbeteiligungen waren es vor der Partie und gegen Darmstadt kamen drei weitere hinzu: Kurz vor der Halbzeit chippte Beste einen Freistoß in den Strafraum, dort lenkte Jan Schöppner den Ball mit Kopf und Schulter an die Unterkante der Latte. Darmstadt-Torwart Marcel Schuhen versuchte noch zu klären, doch das Spielgerät landete soeben mit vollem Umfang hinter der Linie.

Die Darmstädter antworteten nach der Pause: Tim Skarke schirmte ein weites Zuspiel gut ab und traf aus 14 Metern platziert ins linke untere Eck. Interessante Randnotiz: Skarke ist gebürtiger Heidenheimer. Und für das Team von der Ostalb kam es zunächst noch schlimmer: US-Nationalspieler Lennard Maloney bekam seine Beine nicht sortiert und stolperte eine Flanke ins eigene Tor. Doch der FCH hat ja seinen Top-Scorer: Eckball Beste von links, Kopfball Patrick Mainka, Ausgleich. Zwei Minuten später: Eckball Beste von rechts, Kopfball Mainka - 3:2. Partie erneut gedreht. Anschließend hielten die Heidenheimer den Ball geschickt fern vom eigenen Tor. Drei Standardtore brachten den Heimsieg.

Borussia Dortmund - RB Leipzig 2:3 (1:1), 0:1 Bensebaini (32. Eigentor), 1:1 Süle (45.+6), 1:2 Baumgartner (54.), 1:3 Poulsen (90.+1), 2:3 Füllkrug (90.+3)

Die Szene des Spiels: BVB-Verteidiger Mats Hummels (links) foult Lois Openda und sieht die rote Karte. (Foto: Christof Koepsel/Getty Images)

So ironisch ist der Fußball halt manchmal: Beim 0:2 im DFB-Pokal gegen Stuttgart unter der Woche spielte Dortmund so defensiv, tief und passiv, dass es wie ein Verstoß gegen die schwarz-gelbe Vereinssatzung aussah - und nun ging das Schlamassel für den BVB damit los, dass die Mannschaft attackierte und nach hinten recht offen stand. Leipzig fand die Lücke und konterte: In einem fast schon unfairen Duell lief der schnelle Lois Openda dem bekanntlich nicht mehr ganz so schnellen Mats Hummels davon, Hummels grätschte verzweifelt und foulte dabei. Schiedsrichter Sven Jablonski entschied zunächst auf Elfmeter und Gelb, korrigierte sich dann jedoch: Foul vor der Strafraumgrenze, Freistoß und Rot wegen Notbremse.

Der BVB musste also 75 Minuten in Unterzahl spielen, verteidigte zunehmend verzweifelt und bald das erste Mal vergeblich: Nach 32 Minuten lenkte Ramy Bensebaini einen Eckball von David Raum per Kopf ins eigene Tor. Mit dem Rücken zur Wand ergaben sich die Dortmunder allerdings nicht, sondern glichen kurz vor der Pause aus, als der eingewechselte Niklas Süle eine wunderbare Flanke von Julian Brandt verwertete. Sie kämpften auch weiter, als die Leipziger ihre Überzahl nach 54 Minuten wieder ausspielten, erneut in Führung gingen und die Führung in der Nachspielzeit ausbauten: Füllkrug verkürzte auf 2:3. Dann lief Torwart Gregor Kobel mit nach vorn, die Zuschauer im Westfalenstadion standen - doch es wurde nichts mit dem Ausgleich.

SG Eintracht Frankfurt - FC Bayern München 5:1 (3:1), 1:0 Marmoush (12.), 2:0 Dina Ebimbe (31.), 3:0 Larsson (36.), 3:1 Kimmich (44.), 4:1 Dina Ebimbe (50.), 5:1 Knauff (60.)

Fassungslos: Harry Kane in Frankfurt. (Foto: HMB Media/Imago)

Die Bilder von fassungslos dreinschauenden Münchnern in Frankfurt kamen einem nicht unbekannt vor. 2019, unvergessen, verloren die Münchner im letzten Spiel unter Niko Kovac 1:5. 2021 war es zwar nur ein 1:2, aber auch das war durchaus einprägsam, weil sich Niklas Süle im Strafraum von Amin Younes ausgesprochen sehenswert ausspielen ließ. Alle zwei Jahre scheint die Zeit reif zu sein für eine Abreibung des FC Bayern bei der Eintracht. Und diesmal war es wieder eine heftige, zumal sie völlig unerwartet kam gegen einen Gegner, der unter der Woche gegen Saarbrücken aus dem DFB-Pokal geflogen war.

0:3 stand es nach 36 Minuten aus Sicht der Bayern. Beim 0:1 klärte Noussair Mazraoui den Ball vor die Füße des Tor-Vorbereiters Fares Chaibi und blieb dann vor dem eigenen Tor stehen, wo er das Abseits aufhob. Vor dem 0:2 verlor Min-jae Kim ein Laufduell gegen Ansgar Knauff, in das er mit Vorsprung gestartet war, danach verloren auch noch die übrigen Verteidiger Dayot Upamecano und Alphonso Davies ungeschickt ihre Zweikämpfe und sogar Manuel Neuer machte keine gute Figur beim Schuss in die kurze Ecke. Vor dem 0:3 spielte schließlich Kimmich einen fahrlässigen Fehlpass in die Füße des Torschützen Hugo Larsson. Immerhin gelang Kimmich kurz vor der Pause auch ein Traumtor zum 1:3. Aber das geriet zur Fußnote.

Thomas Tuchel hatte vorher schon mahnende Worte gesprochen. "Die Aufgabe war, einen Spannungsbogen zu halten", hatte er über die ungewöhnlich lange Pause von zehn Tagen gesagt, die Partie gegen Union Berlin am vorherigen Spieltag war ja wegen des Schneefalls in München abgesagt worden. Offensichtlich war es nicht so recht gelungen, die Spannung aufrechtzuerhalten.

Zur Pause kamen Konrad Laimer und Raphael Guerreiro für Mazraoui und Davies, aber es ging so weiter wie vorher: Die Bayern verteidigten mehr als fahrlässig. Zunächst riss ein verunglückter Pass von Upamecano ein großes Loch in die Münchner Abwehr, Leon Goretzka grätschte vergeblich hinterher, Junior Dina Ebimbe traf zum zweiten Mal. Und beim fünften Frankfurter Tor waren längst mehr Löcher als wehrhafte Münchner Fußballer da. "Einer geht noch rein", sangen die Frankfurter Fans. Die Bayern hatten Glück, dass das nicht geschah. Und sie hatten auch noch Pech: Serge Gnabry verletzte sich nach seiner Einwechslung und musste gleich wieder vom Platz.

1. FC Union Berlin - Borussia Mönchengladbach 3:1 (1:0), 1:0 Kevin Volland (23., Handelfmeter), 2:0 Hollerbach (50.), 3:0 Kaufmann (75.), 3:1 Pléa (77.)

Endlich mal wieder Grund zur Freude: Torschütze Mikkel Kaufmann (links) und Jerome Roussillon feiern den ersten Sieg für Union seit 16 Pflichtspielen. (Foto: Annegret Hilse/Reuters)

Man muss sich noch daran gewöhnen, dass bei Union Berlin nicht mehr der gemächliche Schweizer Urs Fischer an der Seitenlinie steht und die Geschehnisse an der Alten Försterei in gemächlichem Schweizerisch einordnet. Aber wenn's so losgeht, könnte den Unionern die Gewöhnung etwas leichter fallen. Im ersten Liga-Spiel des neuen Coachs Nenad Bjelica gab es den ersten Liga-Sieg für den in den Abstiegskampf verstrickten Champions-League-Teilnehmer seit Ende August, und gefährdet war er selten. Der Plan des Kroaten, eine Vierer- statt einer Dreierkette aufzustellen, ging auf. Etwas glücklich war das erste Tor, weil Luca Netz im Strafraum recht tollpatschig den Arm in die Flugbahn des Balls hielt. Aber dann lief's für die Berliner.

SV Werder Bremen - FC Augsburg 2:0 (1:0), 1:0 Stark (39.), 2:0 Ducksch (65.)

Weg zum Heimsieg geebnet: Niklas Stark (links) köpft das 1:0 für Werder Bremen nach einer Ecke. (Foto: Burghard Schreyer/Imago)

Unterschiedliche Gefühlslagen vor dem Nord-Süd-Duell: Während Werder nur eines der letzten acht Spiele gewinnen konnte, hatten die Augsburger seit sechs Partien nicht verloren. In der ersten Halbzeit war es eine zähe Begegnung. Aufregung gab es nach einer knappen halben Stunde: Statt gegen den Ball trat Werder-Torwart Michael Zetterer bei einem Befreiungsversuch nur in die Luft und rutschte aus. FCA-Stürmer Philip Tietz brachte es aber nicht fertig, seinen Heber aus 14 Metern ins leere Tor zu platzieren. Sein Trainer Jess Thorup riss sich vor Frust fast die Jacke vom Leib. Viel Glück für die Bremer, die anschließend selbst in Führung gingen: Einen scharf getretenen Eckball vom Marvin Ducksch verlängerte Niklas Stark per Kopf ins Augsburger Tor. Es war am 14. Spieltag das erste Tor für Werder nach einer Ecke.

Nach der Pause hätten die Hanseaten fast das zweite Eckentor erzielt, doch der Dropkick von Jens Stage landete Zentimeter neben dem FCA-Gehäuse. Kurz darauf gab es aber die 2:0-Führung: Ducksch wuchtete eine Flanke per eingesprungenem Kopfball ins Netz. Die Augsburger ließen die offensive Qualität der letzten Wochen vermissen und kamen bis auf einen Lattentreffer von Joker Arne Engels kaum zu Gelegenheiten. So stand die erste Niederlage unter Thorup. Werder atmet auf.

VfL Wolfsburg - SC Freiburg 0:1 (0:0), 0:1 Gregoritsch (74.)

Spielentscheidende Szene: Der Schuss von Michael Gregoritsch (rechts) beschert Freiburg drei Punkte in Wolfsburg. (Foto: Jöran Steinsiek/Imago)

Der VfL hat seine letzten sechs Auswärtsspiele allesamt verloren - entsprechend hoch war der Druck zu Hause. Bereits nach vier Minuten traf Wolfsburgs Mittelfeldspieler Mattias Svanberg die Latte. Anschließend wollte beiden Mannschaften wenig gelingen. Torlos ging es in die Halbzeit und auch nach der Pause gab es wenig Chancen. Wolfsburg setzte zwar wenig offensive Akzente, hatte das Geschehen aber weitgehend im Griff und verteidigte diszipliniert. Doch eine Viertelstunde vor Schluss stellten die Gäste aus dem Breisgau die Partie auf den Kopf: Einer Freistoßflanke von Matthias Ginter folgte eine doppelte Kopfballverlängerung zweier Freiburger im VfL-Strafraum an deren Ende Michael Gregoritsch überlegt und platziert einschob. Es war die erste Chance für den SC in der zweiten Halbzeit. Für Wolfsburgs Trainer Niko Kovac könnte es nun noch ungemütlicher werden.

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