Politik kompakt:Von Guantanamo in die USA

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US-Abgeordnete wollen Guantanamo-Insassen in die Staaten verlegen, die irische Präsidentin unterzeichnet den EU-Reformvertrag und CDU und FDP in Kiel stimmen Koalitionsvertrag zu.

Abgeordnete wollen Guantanamo-Insassen in die USA lassen

Das US-Abgeordnetenhaus hat grünes Licht für die umstrittene Verlegung von Insassen des Gefangenenlagers Guantanamo auf das US-Festland gegeben. Damit beseitigte das Repräsentantenhaus eine Hürde für die von Präsident Barack Obama angestrebte Schließung des Lagers. Allerdings dürfen Häftlinge demnach nur für Gerichtsverfahren in die USA gebracht werden. Nach der Billigung durch die Abgeordneten mit 307 gegen 114 Stimmen muss nun noch der Senat zustimmen. Obama hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt angekündigt, das Lager binnen eines Jahres zu schließen. Inzwischen räumte das Weiße Haus ein, dass Guantanamo wegen vieler ungelöster Fragen voraussichtlich doch länger bestehenbleibt. So ist in einer Reihe von Fällen unklar, was mit Gefangenen geschehen soll. Auch muss unter anderem geklärt werden, was an die Stelle der Militärtribunale treten soll und wie mit Beweisen umgegangen werden soll, die teils unter Folter gewonnen wurden. Der Gesetzesentwurf, dem das Repräsentantenhaus am Donnerstag zustimmte, ist im Wesentlichen ein bereits vor Monaten gefundener Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern. Demnach muss die Regierung einen Transport von Gefangenen auf das Festland 14 Tage vorher bekanntgeben und eine Risikoeinschätzung vorlegen.

Irische Präsidentin unterzeichnet EU-Reformvertrag

Nach monatelangem Ringen hat Irland den Reformvertrag von Lissabon unterzeichnet. Zwei Wochen nach einem zweiten Referendum ratifizierte die irische Präsidentin Mary McAleese in Dublin das Vertragswerk, das damit von 26 der 27 EU-Mitglieder unterstützt wird.

Damit die Reform umgesetzt werden kann, ist jetzt nur noch die Unterschrift des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus erforderlich. Bei dem Referendum vom 2. Oktober wurde die Reform der Europäischen Union mit 67,1 Prozent der Stimmen gebilligt, nachdem es im vergangenen Jahr noch ein ablehnendes Votum gegeben hatte.

CDU und FDP in Kiel stimmen Koalitionsvertrag zu

In Schleswig-Holstein hat die Verhandlungsgruppe von CDU und FDP einstimmig die Endfassung des Koalitionsvertrages gebilligt. Dies teilte der FDP-Landesvorsitzende Jürgen Koppelin in Kiel mit. Er leitete die Runde, weil Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) im Stau steckte. Nach der Zustimmung der Spitzengremien von CDU und FDP am Abend soll der Koalitionsvertrag am Samstag unterschrieben werden. Am 27. Oktober will sich Carstensen in der konstituierenden Sitzung des neuen Landtages zum Regierungschef wiederwählen lassen.

30 Jahre Haft für bosnischen Serben wegen Srebrenica-Massakers

Wegen seiner Beteiligung am Massaker von Srebrenica ist ein ehemaliger Offizier der bosnischen Serben zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das bosnische Kriegsverbrechertribunal in Sarajevo befand den 51-jährigen Milorad Trbic des Völkermords durch "Beteiligung an einem gemeinsamen kriminellen Unternehmen" für schuldig. Ziel sei es gewesen, sämtliche kampffähigen Männer in der Enklave Srebrenica zu fassen, festzuhalten, hinzurichten und zu verscharren. Trbic habe dabei mit dem klaren Ziel des Völkermords gehandelt. Im Juli 1995 waren bosnisch-serbische Milizen in die damalige UN-Schutzzone Srebrenica einmarschiert und hatten an den nur leicht bewaffneten niederländischen Blauhelmsoldaten vorbei rund 8000 Muslime verschleppt und getötet.

Diskriminierungsverbot von Homosexuellen soll ins Grundgesetz

Ein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung von Homosexuellen soll nach dem Willen der Bundesländer Berlin, Bremen und Hamburg im Grundgesetz verankert werden. Die Länder reichten einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundesrat ein.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, Deutschland habe beim Abbau von Diskriminierung viel erreicht. Mit der Grundgesetzänderung solle eine hohe Hürde aufgebaut werden, um Rückfälle in eine rechtliche Benachteiligung zu erschweren. Zudem gebe es im Alltag häufig immer noch Vorurteile gegen Lesben und Schwule sowie Benachteiligungen und auch gewalttätige Übergriffe. Der Antrag wurde zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen.

Grünen-Anhänger unterstützen Jamaika

Die bundesweite Premiere für ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen im Saarland findet bei den Anhängern der Grünen deutliche Unterstützung: 64 Prozent finden dies als Koalitionsoption auch für andere Bundesländer gut, hieß es im ZDF-Politbarometer. 15 Prozent der Grünen-Anhänger halten nichts von einer Jamaika-Koalition. Jedem Fünften (20 Prozent) ist es egal.

Eine Jamaika-Koalition auf Bundesebene wird mehrheitlich in der Bevölkerung abgelehnt, bei den Anhängern der Grünen trifft sie aber auf 50 Prozent Zustimmung, 32 Prozent fänden sie schlecht, 14 Prozent ist das egal.

Eine verstärkte Zusammenarbeit der SPD mit der Linken wird von einer deutlichen Mehrheit von 60 Prozent der Bürger abgelehnt, während sie von 31 Prozent befürwortet wird (weiß nicht: 9 Prozent). Auch die SPD-Anhänger bleiben skeptisch: 60 Prozent von ihnen sprachen sich gegen rot-rote Bündnisse aus, 33 Prozent dafür.

Wenn bereits am nächsten Sonntag wieder gewählt würde, kämen CDU/CSU laut Politbarometer auf 35 Prozent, die SPD auf 22 Prozent. Die FDP erhielte 14 Prozent, die Linke 13 Prozent, die Grünen 11 Prozent. Die Vielzahl der sonstigen Parteien käme zusammen auf 5 Prozent. Veränderungen gegenüber der ZDF-Umfrage Anfang Oktober gibt es nicht.

Honduras feiert und vergisst die Krise

Vor lauter Freude und Jubel über die Qualifikation der Nationalmannschaft zur Fußball-WM in Südafrika, haben die Honduraner die politische Krise vorübergehend vergessen. Im ganzen Land feierten Hunderttausende den Sieg über El Salvador vom Vortag. In Tegucigalpa wurden die Fußballhelden von Zehntausenden von Fans am Flughafen empfangen und in die Stadt begleitet. Zunächst fuhren diese zur Kirche der "Jungfrau von Suyapa", um der Patronin der Honduraner zu danken. Honduras hat zuletzt 1982 an einer Weltmeisterschaft teilgenommen. Angesichts der allgemeinen Euphorie geriet die politische Krise, die das mittelamerikanische Land seit über drei Monaten niederdrückt, völlig in den Hintergrund. Interimspräsident Roberto Micheletti, der die Mannschaft im Laufe des Tages im Präsidentenpalast empfangen wollte, hatte den Tag zum Feiertag ausgerufen. Offenbar hielten sich auch die Anhänger des vor über drei Monaten gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya daran. Auch sie zogen es - zumindest an diesem Tag - vor, zu jubeln statt zu protestieren. Währenddessen zeichnete sich bei den Gesprächen über die Beilegung der Staatskrise weiterhin keine Einigung ab. Zelayas Chefunterhändler Victor Meza sagte am Nachmittag, Zelaya habe ein zuvor mit der Gegenseite abgestimmtes Papier mit einigen Änderungen unterzeichnet. Er habe allerdings wenig Vertrauen hinsichtlich der Bereitschaft Michelettis zu einer Übereinkunft, sagte Meza. Der Text behandelt dem Vernehmen nach die entscheidende Frage einer Rückkehr Zelayas in das Präsidentenamt. Micheletti hatte stets erklärt, der Rückkehr seines Kontrahenten an die Macht nicht zuzustimmen.

Neuer Anschlag auf Polizeiwache in Pakistan

Bei einem Anschlag auf eine Polizeiwache im Nordwesten Pakistans sind nach Polizeiangaben mindestens dreizehn Menschen getötet worden. Die Explosion in der Stadt Peshawar beschädigte auch eine nahegelegene Moschee schwer. Mehrere Menschen wurden teils schwer verletzt, erklärte Polizeisprecher Bashir Khan. Eine Serie von Anschlägen in Pakistan hat in den vergangenen zwei Wochen mehr als 150 Menschen das Leben gekostet. Erst am Donnerstag waren bei mehreren Explosionen in Lahore 39 Menschen getötet worden. Die Sicherheitskräfte haben bei Razzien in Armenvierteln und in überwiegend von Afghanen bewohnten Stadtteilen Dutzende Verdächtige festgenommen. Die Bombe in Peshawar explodierte den Angaben zufolge vor einem Gebäude, in dem mutmaßliche Kriminelle und Aufständische in Untersuchungshaft sitzen. Peshawar, die wichtigste Stadt der grenznahen Nordwest-Provinz, wurde in den vergangenen Wochen immer wieder von Anschlägen erschüttert.

Fünf in Australien als Terroristen schuldig

Ein australisches Gericht hat fünf Männer der Verschwörung zu Terroranschlägen für schuldig befunden. Im Verlauf des zehnmonatigen Prozesses hatte die Staatsanwaltschaft den islamischen Extremisten im Alter von 25 bis 44 Jahren vorgeworfen, Waffen und Sprengstoff gehortet zu haben, um Anschläge zu begehen. Sie hätten dabei den Tod vieler Menschen und verheerende Schäden in Kauf genommen. Die Angeklagten hätten das Ziel verfolgt, Menschen umzubringen, die nicht ihre fundamentalistischen Überzeugungen geteilt hätten. Den Angeklagten droht nach dem Schuldspruch der Geschworenen eine lebenslange Haftstrafe. Das Strafmaß soll ihnen am 14. Dezember verkündet werden. Die Männer waren 2005 in Sydney beim größten Anti-Terror-Einsatz in der australischen Geschichte festgenommen worden. Bei den Razzien beschlagnahmte die Polizei unter anderem 28.000 Schuss Munition. Während des Prozesses wurden 300 Zeugen vernommen und 3000 Beweisstücke präsentiert. Außerdem wurden den Geschworenen stundenlange Aufzeichnungen von Telefongesprächen und Videobänder vorgespielt.

Eilantrag von Grünen und SSW in Kiel erfolglos

Die Grünen und der SSW (Südschleswigscher Wählerverband) sind mit einem Eilantrag vor dem Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgericht gescheitert, nach dem alle politischen Entscheidungen nach der Landtagswahl einen vorläufigen Charakter erhalten sollten. Der Antrag sei unzulässig, teilte das Gericht am späten Donnerstagabend mit. Es bleibt aber weiter offen, ob CDU und FDP ihre umstrittene Drei-Stimmen-Mehrheit im Landtag tatsächlich behalten. Grüne und SSW (Südschleswigscher Wählerverband) hatten eine Normenkontrollklage gegen das Wahlgesetz eingereicht. Das Landesverfassungsgericht soll klären, ob die von dem Gesetz vorgegebene Deckelung der Ausgleichsmandate verfassungskonform ist. Grüne und SSW bestreiten dies. Wenn das Gericht ihrer Auffassung folgen sollte, könnten die schwarz-gelbe Mehrheit im Parlament und damit das vereinbarte Regierungsbündnis von CDU und FDP kippen. Zusätzlich stellten Grüne und SSW den Antrag, dass die aus dem beklagten Paragrafen resultierenden Entscheidungen für vorläufig erklärt werden. Das gilt besonders für den Landeswahlausschuss, der an diesem Freitag das endgültige amtliche Endergebnis der Landtagswahl am 27. September festlegen muss. Diesen Antrag hat das Schleswiger Gericht einstimmig abgeschmettert.

Keine Unterstützung für designierten rumänischen Regierungschef

Der designierte rumänische Ministerpräsident Lucian Croitoru ist mit dem Versuch gescheitert, sich die Unterstützung der Partei der ungarischen Minderheit zu sichern. Damit dürften die Chancen des Wirtschaftswissenschaftlers schwinden, im Parlament eine Mehrheit für seine Wahl zu erhalten. "Wir halten an unserem Kandidaten fest", sagte Parteichef Marko Bela am Freitag nach einem Treffen mit Croitoru. Bis nach der Präsidentenwahl am 22.November werde es kein neues Kabinett geben. Der bei der Zentralbank beschäftigte Croitoru war von Präsident Traian Basescu mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Anfang der Woche hatte das Parlament des EU-Landes Ministerpräsident Emil Boc von der Demokratisch-Liberalen Partei per Misstrauensvotum gestürzt. Boc hatte Anfang des Monats seine Mehrheit verloren. Die Opposition, die jetzt im Parlament über die meisten Mandate verfügt, hat den Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt), den deutschstämmigen Klaus Johannis, als Chef einer Übergangsregierung von Technokraten vorgeschlagen.

Selbstmordattentat beim Freitagsgebet:13 Tote

Ein Selbstmordattentäter hat während des Freitagsgebets in der irakischen Stadt Tel Afar 13 Menschen mit in den Tod gerissen. Nach Berichten von Augenzeugen zündete er in einer Moschee der Schiiten einen Sprengstoffgürtel. Unter den Toten war auch der Vorbeter. Etwa 70 weitere Menschen seien verletzt worden, hieß es. Die 450 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Stadt Tel Afar war schon mehrfach Schauplatz schwerer Terroranschläge.

Britisches Gericht fordert Veröffentlichung von Folterinformationen

Ein Londoner Gericht hat die britische Regierung zur Veröffentlichung bislang geheim gehaltener Informationen über mutmaßliche Folter im US-Gefangenenlager Guantanamo verpflichtet. Die Richter des High Courts entschieden, Außenminister David Miliband müsse bisher nicht veröffentlichte Teile eines Urteils über den ehemaligen Guantanamo-Häftling Binyam Mohamed freigeben. Miliband kündigte Berufung gegen die Entscheidung an.

Mohamed, ein in Großbritannien aufgewachsener Äthiopier, wurde 2002 in Pakistan verhaftet. Er sagt, er sei dort und in Marokko gefoltert worden, bevor er nach Afghanistan und dann 2004 weiter nach Guantanamo verlegt worden sei. Miliband hat die Veröffentlichung von Passagen aus dem Urteil von 2008 mit der Begründung abgelehnt, dies könnte der Zusammenarbeit der amerikanischen und britischen Geheimdienste schaden.

Dänische Soldaten töten afghanisches Kind

Dänische Soldaten haben bei Zusammenstößen mit Aufständischen in Afghanistan ein Kind getötet und zwei weitere Zivilisten verletzt. Wie das dänische Militär mitteilte, gab es bei dem Vorfall, der sich am Montag nahe der Stadt Gereschk in der südlichen Provinz Helmand ereignete, "kein Anzeichen für Zivilisten". Eine Stunde nach dem Gefecht seien allerdings Dorfbewohner zum Ort des Geschehens gekommen, unter ihnen drei Verletzte, ein Vater mit seinen beiden Töchtern. Die drei seien zum dänischen Stützpunkt gebracht worden, wo der Tod der jüngeren Tochter festgestellt worden sei. Die beiden anderen seien außer Lebensgefahr. "Wir werden alles tun, um den Opfern zu helfen", sagte der dänische Befehlshaber, Oberst Erik Sommer, im Fernsehsender TV2 News. In Afghanistan sind mehr als 700 dänische Soldaten als Teil der von der NATO geführten ISAF-Truppe stationiert.

Deutschland und Frankreich fordern zur Ausreise aus Guinea auf

Wegen der Unruhen in Guinea haben Deutschland und Frankreich ihre Bürger zur Ausreise aus dem westafrikanischen Land aufgefordert. "Allen Deutschen in Guinea wird empfohlen, das Land zu verlassen", erklärte das Auswärtige Amt. Schon seit Ende September hatte die Bundesregierung vor Reisen in das Land gewarnt. Frankreich gab eine praktisch gleichlautende Aufforderung heraus. Während aus Deutschland nur wenige Bürger noch in Guinea sein dürften, schätzte Paris die Zahl seiner Staatsbürger in dem Land noch auf 2.500.

Die Vereinten Nationen wollen das gewalttätige Vorgehen der Armee gegen Demonstranten im westafrikanischen Guinea von einer internationalen Kommission untersuchen lassen. Sie solle klären, welche Verantwortung die Beteiligten für das Massaker am 28. September trügen. An diesem Tag war die Armee äußerst brutal gegen eine Kundgebung der Opposition in einem Stadion vorgegangen. Nach Angaben der Regierung wurden dabei 56 Zivilisten getötet und 934 Menschen verletzt; Menschenrechtsgruppen in dem Land sprechen von 157 Toten und 1.200 Verletzten. In Guinea ist seit Ende vergangenen Jahres eine Militärjunta an der Macht.

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