Migration:Und alle wollen mehr Geld vom Bund

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Der Bund soll die Länder bei der Unterbringung von Flüchtlingen finanziell langfristig und verlässlich unterstützen (Archivbild). (Foto: Uli Deck/dpa)

Änderung des Grundgesetzes, Abbau von "Pullfaktoren", Asylverfahren außerhalb Europas. Vor der Ministerpräsidentenkonferenz könnten die Forderungen aus den Ländern nicht unterschiedlicher sein. Wer was fordert - ein Überblick.

An diesem Montag treffen sich die Regierungschefs der 16 Bundesländer mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz stehen neben der weiteren Finanzierung des Deutschlandtickets, der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Krankenhausreform die Finanzierung der Flüchtlingskosten und die Verringerung der Asylbewerberzahlen. Im Vorfeld mehren sich die Forderungen zum Thema Migration.

Union

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dringt auf weitreichende Änderungen des Asylrechts bis hin zum Grundgesetz, um Asylverfahren in Drittstaaten und Zurückweisungen an deutschen Grenzen zu ermöglichen. "Ziel muss es sein, dass an der deutschen Grenze jene wirksam zurückgewiesen werden können, die keinen Anspruch auf Schutz haben", sagte der CSU-Vorsitzende der Augsburger Allgemeinen. Es brauche eine grundlegende Wende in der Migrationspolitik und eine Debatte über die Änderung des Asyl-Grundgesetzartikels. Zudem brauche es mehr Finanzhilfen des Bundes und "eine realistische Integrationsgrenze, die sich am Leistungs- und Integrationsvermögen der Kommunen orientiert".

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NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) spricht sich im Portal The Pioneer für regelmäßige Asylverfahren außerhalb Europas aus. Diese müssten entlang der rechtsstaatlichen Prinzipien und gemäß der Menschenrechtskonventionen erfolgen. In der Bund-Länder-Runde müsse es außerdem um "schnellere Asylverfahren per Gesetz für Menschen aus Staaten mit sehr geringer Schutz-Quote" gehen, um eine "Senkung der Fehlanreize für einen längeren Verbleib in Deutschland" und um die bundesweit einheitliche Einführung einer Bezahlkarte.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) appelliert im MDR an die Verantwortung des Bundes. Dieser übernehme nur einen Bruchteil der Kosten für Geflüchtete, obwohl er in der Verantwortung stehe.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wirft der Bundesregierung laut Spiegel vor, dem gesellschaftlichen Klima zu schaden. "Diese Politik, die da jetzt in Berlin betrieben wird, und die Weigerung, jetzt zu handeln, obwohl 16 Ministerpräsidenten parteiübergreifend Vorschläge gemacht haben oder auch die kommunale Ebene ganz klar sagt, was ist, was notwendig ist, spaltet dieses Land." Der CDU-Politiker beschuldigt die Ampelkoalition zudem, sich über die in Teilen der Bevölkerung verbreitete Skepsis gegenüber Zuwanderung hinwegzusetzen.

CDU-Chef Friedrich Merz fordert im ARD-"Bericht aus Berlin" unter anderem Kontrollzentren an den Außengrenzen und eine deutliche Begrenzung der Zuwanderung. Zudem müsse es weniger Anreize geben, die die Einreise nach Deutschland besonders attraktiv machen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will eine vollständige Übernahme der Flüchtlingskosten durch den Bund erreichen. Zudem müsse man die sogenannten "Pullfaktoren" bei der Migration abbauen. "Der Bund muss seiner Verantwortung nachkommen und die finanziellen Kosten der Flüchtlingskrise übernehmen", sagte Dobrindt der Rheinischen Post. Die Sozialleistungen für Asylbewerber müssten deutlich gesenkt, Schutzeinrichtungen außerhalb der EU geschaffen, der Familiennachzug eingeschränkt und die freiwilligen Aufnahmeprogramme beendet werden.

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Grüne

Grünen-Chef Omid Nouripour fordert mehr Unterstützung für die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. "Es ist deutlich, dass die Kommunen in dieser angespannten Situation dringend Unterstützung benötigen", sagte Nouripour der Rheinischen Post zufolge. "Konkret bedeutet das: Planungssicherheit und eine konstante Finanzierung." Beides sei unerlässlich, um auch die Herausforderungen der kommenden Monate zu bewältigen.

SPD

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nennt in der Welt eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittländer "hochproblematisch". Zugleich fordert er mehr finanzielle Unterstützung der Länder durch den Bund und spricht sich für die Einführung von Bezahlkarten für Geflüchtete anstelle von Bargeld aus: "Gerade aus den nordafrikanischen Staaten kommen immer wieder junge Männer in die EU und nach Deutschland, deren Ziel es ist, Geld an ihre Familien zu überweisen. Das mag verständlich sein, ist aber eindeutig nicht Sinn des politischen Asyls."

"Wir erwarten vom Bund, dass er sich dauerhaft und verlässlich zur Hälfte an den Kosten beteiligt. Bund, Länder und Kommunen werden diese Aufgabe nur gemeinsam schultern können", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) dem Spiegel zufolge. Die Migration sei aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger aktuell das wichtigste Problem in Deutschland.

Auch die SPD-geführten Länder Bremen und Saarland fordern im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die finanzielle Unterstützung des Bundes für die Versorgung von Geflüchteten deutlich auszuweiten. Außerdem könne man nur dann Menschen gut aufnehmen und integrieren, wenn die irreguläre Migration nach Deutschland eingedämmt werde.

Angesichts der unterschiedlichen Forderungen im Vorfeld zeigt sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem Mannheimer Morgen zufolge "zuversichtlich, dass wir uns auch in den Geldfragen einig werden". Er fügte hinzu: "Im Moment kommen zu viele Menschen irregulär nach Deutschland." Wer die nötigen Schutzgründe nicht geltend machen könne, müsse nach Abschluss des Asylverfahrens rasch in die Heimat zurückkehren.

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