Bundesregierung:Lindner verschärft Vorgaben für Etat 2025

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Wer die Obergrenze bei den Ausgaben nicht einhält, dessen Haushaltsplan will Finanzminister Christian Lindner nicht akzeptieren. (Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP)

Der Bundesfinanzminister fordert seine Kabinettskollegen dazu auf, Einsparmöglichkeiten auszuloten. Dabei ist die wichtigste Frage noch gar nicht geklärt: womit die Regierung der Wirtschaft helfen soll.

Von Claus Hulverscheidt und Henrike Roßbach, Berlin

Die Ampelkoalition steuert auf ihre nächste Großbaustelle zu: die Aufstellung des Haushalts 2025. Am Donnerstag informierte das Bundesfinanzministerium die anderen Ressorts über die schwierige finanzpolitische und konjunkturelle Lage - und darüber, wie das Haushaltsverfahren ablaufen soll. Das Gespräch zwischen Wolf Reuter, dem neuen Haushaltsstaatssekretär von Finanzminister Christian Lindner (FDP), und seinen Kollegen aus den anderen Häusern bildete den Auftakt für die bevorstehenden Haushaltsgespräche. Klar ist: Geschmeidiger als im Vorjahr dürften die eher nicht ablaufen.

Lindner selbst hat seine Kollegen am Donnerstag per Brief auf harte Zeiten eingeschworen. Deutschland stehe "vor großen wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderungen", schrieb er. Die mittelfristigen Wachstumszahlen lägen unter denen der vergangenen Jahre, und im Bundeshaushalt zeichne sich "ein deutlicher struktureller Konsolidierungsbedarf" ab. Lindners Ziel: die Rückkehr zum Ausgabenpfad, wie er vor Corona und Ukraine-Krieg mal vorgezeichnet war.

Um das zu erreichen, sollen die Fachressorts bis zum 19. April ihre Etats auf Basis der bestehenden Finanzplanung an das Finanzministerium melden. Das bedeutet: Geplant werden soll mit den gut 450 Milliarden Euro, die der im Juli 2023 vom Kabinett beschlossene Finanzplan für 2025 vorsieht. Zum Vergleich: 2023 lagen die Ausgaben des Bundes bei knapp 460 Milliarden; für dieses Jahr sind knapp 480 Milliarden vorgesehen.

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In der Etatplanung für 2025 klafft schon jetzt ein Milliardenloch. Will die Koalition an den Verhandlungen nicht zerbrechen, sollte sie auf ein verpöntes Instrument setzen.

Kommentar von Claus Hulverscheidt

Allerdings ist schon jetzt klar, dass die 450 Milliarden nicht das letzte Wort sein werden. Denn bereits im Finanzplan klafft eine Lücke von gut fünf Milliarden Euro; zudem steht aus Rücklagen nur noch eine halbe Milliarde zur Verfügung, statt wie ursprünglich geplant 6,4 Milliarden. Mehrere haushaltswirksame Beschlüsse aus der Zeit nach der Aufstellung des Finanzplans müssen ebenfalls noch berücksichtigt werden, genau wie die Sparbeschlüsse nach dem Urteil des Verfassungsgerichts zur Schuldenbremse. Im Finanzministerium geht man deshalb von einem niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag aus, der eingespart werden muss. Lindner hat seine Kollegen aufgefordert, "weitere Einsparmöglichkeiten in der jeweiligen Zuständigkeit zu entwickeln".

In den vergangenen Jahren war es gängige Praxis, dass die Ressorts sich mit dem Finanzministerium zunächst auf "Eckwerte" - quasi ihren Budgetrahmen - verständigen, bevor sie in einem zweiten Schritt ihre Etats mit allen Ausgabetiteln aufstellen. Das aber sei dieses Mal "nicht zielführend", so Lindner in seinem Brief, weil es "keine zusätzlichen zur Verteilung anstehenden Finanzmittel gibt". Übersetzt bedeutet das: Der Finanzminister will sich die langwierigen Vorverhandlungen sparen und verlangt stattdessen gleich eine "titelscharfe" Aufstellung der Etats - mit besagter Finanzplanung als Obergrenze. Vorsorglich warnte er in seinem Brief: "Sollten die Anmeldungen nicht den ressortspezifischen Obergrenzen entsprechen, können diese nicht akzeptiert werden." Und: "Dieses Verfahren ist mit dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler vereinbart."

Lindner und Habeck stimmen in der Analyse überein, nicht in den Schlussfolgerungen.

Erschwert wird die Haushaltsplanung auch, weil die deutsche Wirtschaft im internationalen Konkurrenzkampf an Boden verloren hat und 2024 kaum wachsen oder sogar schrumpfen dürfte. Lindner ist sich mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einig, dass die Regierung den Unternehmen deshalb unter die Arme greifen und die Wettbewerbsbedingungen verbessern muss. Entsprechende Gespräche laufen bereits, wie in Regierungskreisen bestätigt wird. Allerdings seien sie ausgesprochen schwierig, weil Lindner und Habeck zwar in der Analyse übereinstimmten, nicht aber darin, welche Schlussfolgerungen gezogen werden müssten.

Während der Finanzminister unter anderem über Steuersenkungen für Unternehmen nachdenkt, schweben dem Vizekanzler gezielte Programme zur Steigerung von Investitionen und zur Subventionierung zukunftsträchtiger Industrien vor. Hinzu kommt: Auch der Bundeskanzler erweist sich aus Sicht der beiden Minister eher als Hindernis denn als Hilfe. Anders als Lindner und Habeck glaubt nämlich Olaf Scholz (SPD), dass die wirtschaftliche Lage weniger schlecht sei als die Stimmung und die Regierung lieber an vielen kleineren Stellschrauben drehen solle, statt sich mit großen Würfen zu verheben.

Lindner wird dennoch seit Wochen nicht müde, seine Forderung nach einer grundlegende "Wirtschaftswende" und einem "Wachstumspaket" zu wiederholen. Letzteres müsste nach Ansicht des Finanzministers neben niedrigeren Unternehmensteuern und weniger Bürokratie auch weitere Schritte zur Senkung der Energiepreise, zur Verschlankung von Verwaltungsverfahren und zur Behebung des Fachkräftemangels umfassen. In den Haushalt müsste das alles dann auch noch eingearbeitet werden.

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