Immer der Nase nach - kreuz und quer durch die Isarauen: So mögen es Mountainbiker wie Danny an einem sonnigen Wochenendtag. Für den 28-Jährigen sind dafür weniger befahrene Trails entlang des südlichen Isartals besonders reizvoll. Radfahren, wie und wo man will - im südlichen Isartal soll damit aber von 2025 an erst einmal Schluss sein. Denn der Ausschuss für Klima- und Umweltschutz der Stadt München hat einstimmig beschlossen, ein weitläufiges Isar-Wegenetz zu realisieren, zugleich aber wild angelegte Trails in besonders sensiblen Bereichen zurückzubauen.
Durch die bisherige übermäßige Nutzung der Isar-Trails gilt der Naturraum als erheblich gefährdet, wie Naturschutzverbände seit mittlerweile 20 Jahren kritisieren. Mit der Umsetzung eines Naturerholungskonzeptes soll sich das Fauna-Flora-Habitat (FFH) "Oberes Isartal" endlich regenerieren. Das Konzept sieht vor, ein Netz aus befestigten Mountainbike-Trail-Abschnitten zu beschildern.
Das darf 1,35 Millionen Euro kosten. Von der Marienklausenbrücke bis nach Schäftlarn soll auf jeder Seite der Isar ein Trail ausgewiesen werden. Diese beiden Trails decken dabei eine Gesamtstrecke von mehr als 70 Kilometern ab.
Fest steht: Die Münchner lieben ihre Isar und das Mountainbiken, insbesondere an sonnigen Wochenenden. An solchen Tagen brummt das Geschäft des beliebten Konsum Kiosks unterhalb der Großhesseloher Brücke. Dort machen viele Mountainbiker gerne Halt. So auch die 30-jährige Natalie und der 32-jährige Konstantin.
"Was die Eisbachwelle für Surfer ist, sind die Isar-Trails für Mountainbiker", sagt Natalie. Am Wochenende sei der Streckenabschnitt in der Stadt schon ziemlich voll. Sie räumen ein, ganz bewusst weniger befahrene und vor allem spektakulärere Trails Richtung Schäftlarn anzusteuern. Sie schlagen daher vor, für die künftig beschilderten Trails zumindest Schwierigkeitsstufen einzubauen.
Isartalverein arbeitet an Konzept mit
Unter den Mountainbikern gibt es verschiedene Sichtweisen. Einige haben schon länger den Wunsch nach endlich klar erkennbaren Wegen. So sei etwa eine Orientierung zwischen Grünwald und Schäftlarn bislang schwierig, heißt es. Dadurch ergäben sich zwangsläufig Wild-Trails, sagt die 34-jährige Mountainbikerin Kathrin, die die geplante Beschilderung begrüßt.
Und von Mountainbikern kamen auch selbst Impulse, wie eine naturverträgliche Nutzung der Trails funktionieren kann. An dem beschlossenen Erholungskonzept waren neben den Unteren Naturschutzbehörden des Landkreises und der Stadt München auch Naturschutz- und Radsportverbände beteiligt. Darunter auch der Münchner Mountainbike Club (MTB). Der MTB-Referent für Bike-Infrastruktur, Jörg Schmidtmann, räumt ein, dass "Abschneider" auf wilden Trails ihm selbst auf die Nerven gingen.
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Vertreter des Isartalvereins, die an der Entwicklung des Konzeptes maßgeblich beteiligt waren, sorgen sich vor allem um die "nicht organisierten Mountainbiker, für die nur ihr eigener Fun-Faktor" zähle und dabei die Natur nicht zu schätzen wüssten.
Das betroffene Schutzgebiet "Isar Obertal" ist Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 (FFH-Gebiet) und unterliegt seit 2010 einem Verschlechterungsverbot. Doch lange Zeit gab es nur die Aussicht auf Verschlechterung.
Für die nun beschlossenen Trails lieferte zunächst das Referat für Klima- und Umweltschutz die Beschlussvorlage eines Konzeptes, das bereits 2018 entwickelt worden war. Lange verhinderten finanzierungs- und haftungsrechtliche Probleme die Umsetzung. Die Frage, ob sich eine Trägerschaft für die Umsetzung findet, blieb ebenfalls lange unbeantwortet.
Diese übernimmt jetzt die Sektion München des Deutschen Alpenvereins (DAV). Baubeginn soll 2025 sein. Erst müsse noch weiter geplant werden, erklären Vertreter des Vereins. Die Kosten von 1,35 Millionen sollen von der Stadt und dem Landkreis München zu jeweils gleichen Teilen getragen werden. Bis zu 90 Prozent dieses Millionenbetrags können allerdings als Fördermittel geltend gemacht werden, wodurch Stadt und Landkreis das Geld von der Regierung von Oberbayern wieder erstattet bekommen.
Stadtrat Florian Schönemann (Grüne/Rosa Liste) sieht die Erklärung für den erzielten Durchbruch darin, dass das Konzept ein "Herzensprojekt" der Politiker gewesen sei. Auch die Fraktion CSU/Freie Wähler unterstützt die Initiative der grün-roten Koalition. Und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) freut sich, dass man für das Schutzgebiet der Isarauen nun eine Lösung gefunden habe.
Naturschützer Manfred Siering dagegen sagt, das Konzept werde fälschlicherweise als Durchbruch für den Schutz des Isartals gefeiert. Er kritisiert, dass der Alpenverein einen Isar-Trail bekomme, den die Stadt finanziert. Alpenverein und Mountainbiker würden dafür obendrein als Naturschützer präsentiert.
Am verheerenden Zustand werde sich hingegen mindestens die nächsten zwei Jahre nichts ändern: Schlingnatter oder Bergmolch, wenn nicht schon platt gefahren, würden sich aus dem Isartal zurückziehen. Einzig in gut ausgebildeten Rangern sieht Siering eine Möglichkeit, den Trail-Wildwuchs einzudämmen. Davon sei in dem Beschluss indes nicht die Rede.
Der Isartalverein begrüßt grundsätzlich, dass es endlich Bewegung in der Sache gebe. Seine Mitglieder hoffen, dass die Anhänger des Sports das großzügige Angebot von 2025 an zu schätzen wissen. Solange ist es für Mountainbiker wie Danny noch leicht, kreuz und quer durch die Isarauen zu pflügen und, wie er sagt, "so viel Spaß wie möglich" zu haben.