Bauprojekt in Neuhausen:Das steht im Gutachten zum Paketpost-Areal

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Die beiden roten Höhenballons, die im vergangenen September vom Gelände der Paketposthalle in Neuhausen aufsteigen, sollen demonstrieren, wie sich die an diesem Standort diskutierten Hochhäuser in die Silhouette der Stadt einfügen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Was wird aus der Paketposthalle? Wie können mehr Freiflächen entstehen? Ist das Aussehen der Hochhäuser gelungen oder nicht? Ein Überblick.

Von Sebastian Krass

Um das "Bürger*innen-Gutachten" zum Paketpost-Areal zu erstellen, haben sich 112 zufällig ausgewählte Münchnerinnen und Münchner zwischen 14 und 80 Jahren, verteilt auf vier Gruppen (sogenannte "Planungszellen"), je vier Tage lang mit verschiedenen Aspekten des Bauprojekts beschäftigt. Nicolas Bach vom Nexus-Institut, das den Prozess geleitet hat, betont, dass 23 Prozent der Teilnehmenden zwischen 14 und 24 Jahre alt waren, "das sind Leute, an die wir normalerweise wirklich schwer rankommen". Tagungsort war das Backstage, das direkt neben dem Paketpost-Areal liegt. Zu zwölf Themen bekamen sie jeweils Vorträge: von der Investorenseite, von Kritikern der bisherigen Planung und von Sachverständigen. Im Anschluss diskutierten die Gruppen die jeweiligen Themen. Am Ende verdichtete jede Planungszelle ihre Diskussionsergebnisse und formulierte Empfehlungen, die wiederum zu den "wichtigsten Empfehlungen" des Gesamt-Gutachtens zusammengefasst wurden. Ein Überblick.

Paketposthalle

In der Debatte um die Hochhäuser gerät die ursprüngliche Frage, um die sich seit vielen Jahren viele Menschen Gedanken gemacht haben, oft etwas ins Hintertreffen: Was soll aus der denkmalgeschützten Paketposthalle werden, einem 27 Meter hohen Industriebau aus den Sechzigerjahren mit einer Grundfläche von 124 mal 147 Metern, in den früher Züge fuhren, um be- und entladen zu werden? Investor Büschl hat verkündet, er werde dafür sorgen und dafür bezahlen, dass die denkmalgeschützte Halle saniert und zu einem öffentlichen Ort für Kultur und Sport wird, wenn er Neubauten im bisher geplanten Ausmaß genehmigt bekomme. Der Chef des benachbarten Backstage, Hans-Georg Stocker, stellte den vier Planungszellen etwa "seine Ideen für die kulturelle Nutzung der Paketposthalle und die Kooperation mit dem Backstage vor". Stocker sieht offenbar eine Chance in dem Projekt, er hatte sich schon zuvor mehrmals als Unterstützer von Büschls Bauvorhaben zu Wort gemeldet. Der Investor plant das Erdgeschoss der Halle als öffentlichen Raum, zudem will er in einem noch zu bauenden Untergeschoss einen Konzertsaal unterbringen.

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Die Gutachterinnen und Gutachter begrüßten die Ideen, verlangen aber, "frühzeitig" ein Nutzungskonzept und vor allem auch ein Betriebskonzept zu erstellen. Eine Frage, die auch von großer politischer Brisanz ist: Soll die Stadt sich das ans Bein binden? Andererseits, wer könne heute schon sagen, wie tragfähig eine private Trägerschaft auf lange Zeit wäre? Ein Vorschlag im Gutachten ist, dass die Stadt "den organisatorischen Rahmen für den kulturellen Betrieb durch die Gründung eines Vereins oder einer Interessengemeinschaft setzt". Zudem sollten die Nutzungsrechte der Öffentlichkeit "im Grundbuch verlässlich und dauerhaft abgesichert werden" - etwa für den Fall, dass es neue private Eigentümer gebe.

Hochhäuser und Städtebau

"Eine Mehrheit der Teilnehmenden befürwortet den Bau von Hochhäusern mit der geplanten Höhe von 155 Metern", heißt es im Gutachten. Zur Höhe gab es in den vier Planungszellen zwar auch abweichende Meinungen, sie blieben aber in der Minderheit. Allerdings heißt es in der Gesamtschau: "Uneinigkeit besteht hinsichtlich der äußeren Gestaltung der Hochhäuser." Während einem Teil der Teilnehmenden der Entwurf von Herzog/de Meuron gefalle, spreche sich ein anderer Teil für einen Architektur-Wettbewerb zur Gestaltung der Hochhäuser aus.

Ein Sprecher von Investor Büschl erklärt, man sei offen für einen Fassaden-Wettbewerb. Die beauftragten Architekten seien aber auch schon bereits dabei, die Gestalt der Türme zu überarbeiten. An den sich kreuzenden Außenaufzügen, die im vergangenen Jahr präsentiert wurden, wollen Investor Büschl und seine Architekten wohl nicht unbedingt festhalten. Büschl sah in ihnen ein stilisiertes M für München, es gab Stimmen, die die Idee gut fanden. Allerdings gab es auch heftige Kritik, die den Architekten Effekthascherei vorwarf. Die Aufzüge sollten dafür dienen, die Menschen zu den öffentlich zugänglichen Hochhausdächern zu bringen. Wenn sie nach innen verlegt würden, kostet das aber wertvolle Fläche, es ist die Rede von 80 Quadratmetern pro Etage. Es könnte sein, dass Büschl als Ausgleich eine entsprechend größere Grundfläche der Hochhäuser haben möchte.

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Bei den Gutachterinnen und Gutachtern verfangen hat eine Drohung Büschls: Wenn der Masterplan nicht verwirklicht werde, verkündete er im Herbst, dann baue er eben gemäß bisherigem Baurecht Büros an der Wilhelm-Hale-Straße und lasse die Paketposthalle brachliegen. "Eine reine Bürobebauung an der Wilhelm-Hale-Straße (...) wird abgelehnt", heißt es im Gutachten.

Freiflächen

Das Paketpost-Areal soll sehr dicht bebaut werden, das ist nicht nur der Wille Büschls, sondern auch der Stadt. Es soll ein urbanes Quartier mit viel Wohnraum entstehen. Im Gutachten wird deutlich, dass dabei die Planung von Frei- und Grünflächen bisher zu kurz gekommen ist. Die Teilnehmenden empfehlen mehr davon, und zwar "mit einer hohen Aufenthaltsqualität". Freiflächen, heißt es, hätten "Priorität gegenüber der bebauten Fläche, aber möglichst nicht auf Kosten des Wohnraumes". Die Freiflächen sollten auf dem Grundstück selbst entstehen und nicht als Ausgleichsflächen an anderer Stelle in der Stadt. Dieses Ziel, heißt es im Fazit, könne "durch höhere Wohnblöcke oder ein weiteres Hochhaus im Areal erreicht werden". Eine Höhe ist dabei nicht genannt. Dennoch ist das eine überraschende Anregung, die, wenn Stadt und Investor sie verfolgen, die Hochhaus-Debatte weiter befeuern dürfte.

Nachhaltigkeit und Verkehr

Eine wichtige Prämisse im Gutachten ist, das Quartier "ökologisch nachhaltig zu entwickeln". Das gelte sowohl für die Neubauten als auch für die Mobilität. Wenn das konsequent umgesetzt werde, könne das Quartier ein "Vorzeit- bzw. Leuchtturmprojekt" werden. Es solle auf jeden Fall den Platin-Standard der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) erreichen. Was die Mobilität angeht, wünschen sich die Gutachterinnen und Gutachter ein Quartier mit möglichst wenig Autoverkehr und dafür ein klug geplantes Nebeneinander von Fuß- und Fahrradverkehr.

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