Energiewende im Münchner Norden:34 Windkraft-Anlagen, die sich (noch) nicht drehen

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Hubschrauber und Windräder könnten sich nach Meinung der Deutschen Flugsicherung bei Garching in die Quere kommen. Das Bild zeigt eines der beiden Windräder in Fröttmaning. (Foto: Robert Haas/)

Die acht Kommunen der Nordallianz in den Landkreisen München und Freising fordern von der Deutschen Flugsicherung endlich Klarheit über mögliche Standorte von Rotoren. Diese sieht sich zu Unrecht kritisiert.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Die Bürgermeister der acht Nordallianz-Kommunen in den Landkreisen München und Freising machen bei der Windkraft Druck. Sie fordern in einer Resolution die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) und ihre Gesellschafter auf, endlich Klarheit darüber zu schaffen, wo im Einzugsbereich des Verkehrsflughafens München und des Flugplatzes Oberschleißheim die Errichtung von Rotoren zur nachhaltigen Energieerzeugung möglich ist. Bei der Unterzeichnung der Erklärung am Dienstag in Unterschleißheim wurde deutlich, dass die Verantwortlichen mit ihrer Geduld am Ende sind. 34 Windkraft-Anlagen seien potenziell möglich, hieß es, seit Jahren werde man blockiert. Die DFS wies Letzteres auf Anfrage entschieden zurück.

Denn aus Sicht der DFS gibt es große Fortschritte. Bei der im Raum München laufenden Debatte handle es sich um einen "scheinbaren Konflikt" in der öffentlichen Wahrnehmung. Es werde auch hier viel unternommen, um die Belange der Flugsicherung und der Windkraft-Nutzung miteinander in Einklang zu bringen. Die Aussicht auf Genehmigung von Windkraftanlagen habe sich deutlich erhöht.

Acht Bürgermeister bei der Unterzeichnung der Resolution: Markus Böck aus Oberschleißheim, Alexander Greulich aus Ismaning, Andreas Kemmelmeyer aus Unterföhring, Sebastian Thaler aus Eching (von links, vorne), Christoph Böck aus Unterschleißheim, Franz Heilmeier aus Neufahrn bei Freising, Josef Niedermair aus Hallbergmoos und Dietmar Gruchmann aus Garching (von links, hinten). (Foto: SZ)

Davon ist in den Rathäusern bisher wenig angekommen. Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) beklagte sich am Dienstag, dass man immer nur eine "Standardantwort" bekomme. Es heiße immer nur, "geht nicht", sagte er. Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) zufolge haben die Kommunen von der DFS kürzlich den Hinweis erhalten, diese sollten Anträge auf Windkraftanlagen stellen, diese würden dann geprüft. Doch damit sieht sich Greulich nur an frühere, vergebliche Anläufe erinnert. Es fehlten "aussagekräftige Nachrichten". Es reiche nicht aus anzukündigen, dass man "beabsichtigt, in den nächsten Jahren Satellitentechnik einzuführen".

Doch laut der Deutschen Flugsicherung handelt man längst. Bundesweit seien bei 39 von 40 Drehfunkfeuern des Typs DVOR die Anlagenschutzbereiche von 15 auf sieben Kilometer reduziert worden, so DFS-Sprecherin Anja Naumann am Dienstag. Auch die Radaranlage in Ottersberg in der Gemeinde Pliening sei einbezogen. Bundesweit gebe es deshalb bei Windkraftanlagen mittlerweile "gute Zustimmungsraten von 95 Prozent". Vor Jahren ergangene Beurteilungen seien obsolet. "Wir empfehlen dringend, das noch mal so einzureichen, dann wird ein ganz anderes Ergebnis dabei herauskommen." Erst im Februar habe die DFS Greulich auf die "deutlich verbesserten Rahmenbedingungen" verwiesen.

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DFS-Sprecherin Naumann bezeichnet es weiter als "Trugschluss" zu glauben, es wäre mit einer Umstellung von bodengestützter Radartechnik auf Satellitentechnik getan. Ein Fluglotse benötige weiter die Radardaten zur Ortung der Flugzeuge. Die Navigationssignale der Drehfunkfeuer nutze der Pilot, um seinen Weg zu finden. Auch müsse zur Sicherheit ein Redundanzsystem vorhanden sein. Der notwendige Anlagenschutz sei nur in Einzelfallprüfungen abzuklären. Zudem gehe es beim Windkraft-Ausbau darum, keine Hindernisse zu schaffen.

Die Ungeduld in den Rathäusern ist jedenfalls groß und rührt auch daher, dass diese aufgrund des Wind-an-Land-Gesetzes Windkraft-Vorranggebiete festlegen müssen. Im Landkreis München werden aktuell Planziele zur Treibhausgas-Reduktion erarbeitet. Unterschleißheims Bürgermeister Christoph Böck (SPD) bezeichnete deshalb kürzlich Windkraft als unverzichtbar. Das Stochern im Nebel, was deren Ausbau angeht, ist Neufahrns Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) zufolge jedenfalls nicht mehr tragbar. Es sei dringend "Verfahrenssicherheit" geboten.

Ismanings Bürgermeister fordert, "No-go-Areas" auszuweisen

Für Garching geht es um bis zu zehn Windkraftanlagen, Ismaning denkt an vier im Norden der Gemeinde, Hallbergmoos hält laut Bürgermeister Josef Niedermair (CSU) räumlich angebunden an die Ismaninger Pläne zwei Windräder für möglich. Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (PWU) kann sich in seiner Gemeinde bis zu vier vorstellen, Oberschleißheims Bürgermeister Markus Böck (CSU) drei. Neufahrns Bürgermeister Heilmeier sprach von "drei Windkraftanlagen, die gut vorstellbar wären". In Unterschleißheim geht es um bis zu vier. Ebenso in Eching, wo laut Bürgermeister Sebastian Thaler zwei im Norden stehen könnten, und zwei im Süden.

Die Nordallianz fordert die DFS auf, ihre Anlagen mit Blick auf den Verkehrsflughafen im Erdinger Moos und den Flugplatz Oberschleißheim "auf den neuesten Stand der Sicherheitstechnik zu bringen und zumindest aktualisierte Berechnungen der erforderlichen Sicherheitsbereiche vorzunehmen". Ismanings Bürgermeister Greulich verlangte, "No-go-Areas" auszuweisen und Klarheit zu schaffen. Die Resolution geht an 17 Stellen von der Staatsregierung über die DFS bis zur Flughafen München GmbH.

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